Tag 12: 13. Januar

Wichtigster Grundsatz bei der Dakar 2010: erwarte immer wieder Überraschungen und sei auch auf Unvorhersehbares vorbereitet.

So geschehen in der heutigen Etappe, die sich auf 220 Kilometern weit oben durch die Anden zog. Die Motorradfahrer starten jeden Tag vor den Autos und hatten es heute an einer Weggabelung mit einem übereifrigen Polizisten zu tun. Das Roadbook sagte „rechts abbiegen“, der Polizist errichtete eine Straßensperre und ließ niemanden durch. So blieb den ersten circa 15 Fahrern nichts anderes übrig, als falsch abzubiegen. Der Führende Marc Coma hatte irgendwann keine Lust mehr, in der falschen Richtung zu fahren, drehte um und brachte die anderen Fahrer dazu, ihm zurück zu der Kreuzung zu folgen. In der Zwischenzeit hatte auch die Rallyeleitung über die GPS-Tracker der Fahrer festgestellt, dass die gesamte Spitze des Motorradfeldes in der falschen Richtung unterwegs war und hatte Erkundigungen eingezogen, was da an der Gabelung los seie. Der Polizist wurde zurechtgewiesen und wird sich wohl für seine eigenmächtige Tat noch verantworten müssen. Die 15 falsch geleiteten Fahrer hoffen nun auf eine Zeitgutschrift. Solange diese nicht bestätigt wird, gilt erstmals ein BMW-Motorrad-Pilot als Tagessieger einer Dakar-Etappe.

Schon gestern Abend im Biwak hatten Guerlain Chicherit und seine Beifahrerin Tina Thörner ihren X-Raid-Teamchef Sven Quandt angefleht, auf der heutigen Etappe einmal richtig angasen zu dürfen. Aufgrund der relativ kurzen Gesamtstrecke, stimmte Quandt zu und ließ Chicherit im wahrsten Sinne des Wortes von der Kette. Schon nach kurzer Zeit lag er hinter Nasser Al-Attiyah im VW Race Touareg und ab da ergab sich ein interessantes Katz-und-Maus-Spiel zwischen den beiden. Mal lag der Eine vorn, dann wieder der andere. Am Ende konnte Chicherit seinen ersten Tagessieg bei der Dakar 2010 einfahren.

Auf dem zweiten Rang lief sensationellerweise der Argentinier Orlando Terranova im Vorjahres-Mitsubishi ein, der von seinen Landsleuten natürlich wie ein Held gefeiert wurde. Hinter ihm holte sich Giniel de Villiers den dritten Platz vor Nasser Al-Attiyah und Mark Miller. Heute ist zwar nicht Freitag, aber der dreizehnte. Ob Carlos Sainz abergläubisch ist und daher heute soviel Pech hatte, oder ob heute einfach der Wurm drin war. Erst zerstörte er sich zwei Reifen auf dem rauen Geläuf und dann riss er sich an tief hängenden Ästen auch noch die Dachhutze seines Race Touareg ab, wodurch die Luftzufuhr zu den hinteren Bremsen und Differenzialen beeinträchtigt war. In der Höhenlage, wo die Motoren sowieso schon viel Leistung wegen der dünnen Luft einbüßen, war dadurch weiterer Zeitverlust vorprogrammiert. Sainz wurde heute lediglich Neunter. Matthias Kahle wurde heute erneut Tages-Zwanzigster.

In der Gesamtwertung liegen nun nur noch 4:28 Minuten zwischen Carlos Sainz und Nasser Al-Attiyah. Wie die heutige Etappe gezeigt hat, ist hier die Messe noch lange nicht gelesen und auf den verbleibenden drei Wertungsprüfungen kann noch alles passieren. Mark Miller hält sich mit seinem Race Touareg auf Rang 3 und sichert damit eine Super-Mannschaftsleistung der Wolfsburger ab. Dahinter liegen die beiden X-Raid BMW X3 von Peterhansel und Chicherit und der Mitsubishi von Carlos Sousa.

Quellen: www.dakar.com, X-Raid, VW Motorsport

Autor: Matthias Kierse