Man stelle sich vor, man stehe vor einem Ferrari 250 GT SWB. Knapp daneben erblickt man einen Mazda 787B, während im Hintergrund ein Ford GT40 und ein Ferrari 166 MM hervorlugen. Auch ein echter Ferrari 250 GTO und ein Porsche 911 von der Rallye Paris-Dakar sind nicht weit. Nur ein Traum? Nein, zumindest nicht in der Sonderausstellung „Belgian Racing Legends“, die man bis zum 15. Januar in der belgischen Hauptstadt Brüssel begutachten kann.

Belgian Racing Legends

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Mitten in Brüssel befindet sich im von König Leopold II gebauten Cinquantenaire Park das Museum Autoworld. Hier findet sich bis zum 15. Januar die Sonderausstellung Belgian Racing Legends.

Tief verschneit liegen die Wälder, kalt ist’s, der Winter ist hart. Diese Beschreibung gilt nicht für den Winter 2011/12, zumindest bis jetzt und in West-Deutschland. Somit bleiben jegliche Schnee-Drift-Gelüste unbefriedigt, was also mit der Freizeit tun? Ein Blick durch die Weiten des Internets bringt eine interessante Erkenntnis hervor: Während hierzulande alles in Winterdepressionen versinkt, tut sich im Nachbarland Belgien erstaunliches: Man rollt eine beträchtliche Anzahl Rennfahrzeuge zusammen und begründet eine Sonderausstellung zu Ehren der belgischen Rennfahrerlegenden. Das Ganze findet zu allem Überfluss im größten nationalen Automobilmuseum „Autoworld“ inmitten der Hauptstadt Brüssel statt. Da wurde doch glatt eine kurze Städtereise fällig, um einmal nach dem Rechten zu sehen.

Die Reise hat sich absolut gelohnt. Auf dem Weg waren uns lediglich wenige belgische Rennfahrer eingefallen. Jacky Ickx als mehrfacher Le Mans- und Dakar-Teilnehmer und -Sieger ist dabei wohl derjenige, der als Erstes in Erscheinung tritt. Doch auch Bertrand Gachot, der in den 90er Jahren in der Formel 1 unterwegs war, oder die Rallyefahrer Marc Duez und Freddy Loix fallen uns nach kurzem Grübeln ein. Dass es Dutzende weitere gab, liegt auf der Hand, immerhin haben wir in Deutschland ebenso einige hundert Fahrernamen in den Geschichtsbüchern stehen.

Da man schlecht die Fahrer ins Museum stellen kann, begnügt man sich mit einigen Rennfahrzeugen. Wobei „einige“ schwer untertrieben ist. Die Sonderausstellung beginnt kurz nach dem zweiten Weltkrieg und umfasst Tourenwagen, Rallyefahrzeuge, Sportwagen und Formel 1-Renner. Speziell Ferrari ist dabei bestens aufgestellt, was wohl auch an Jacques Swaters liegt, der als Privatrennfahrer zum ersten Ferrari-Importeur der Welt aufstieg und mit seinem Rennstall Ecurie Francorchamps sogar in der Formel 1 unterwegs war. Hierzu lieh das Werk ihm einen 156 F1, der wegen seiner Frontgestaltung „Shark Nose“ genannt wurde. Der Wagen wurde in der klassischen Rennfarbe Belgiens, gelb, lackiert und erreichte mit Olivier Gendebien am Steuer den vierten Platz hinter den drei Werks-Ferrari. Da Rennfahrzeuge damals noch nicht als wertvoll erachtet wurden, zerstörte die Scuderia Ferrari alle originalen 156 F1. Das ausgestellte Fahrzeug ist ein aufwändiger Nachbau, für den beinahe acht Jahre Bauzeit benötigt wurden.

Die Sportwagen allein dürften deutschen Versicherungsvertretern vermutlich den Angstschweiß auf die Stirn treiben. Neben einem Ferrari 166 MM und einem 250 GT SWB findet sich hier auch ein originaler 250 GTO. Nur zur Erinnerung: Der letzte verbuchte Verkauf eines solchen Fahrzeugs erfolgte für einen Preis von mehr als 20 Millionen Euro. Dazu zeigen sich hier ein gelb lackierter Veritas RS, ein Ferrari 250 GT mit Sonderkarosserie von Apal, ein Porsche 935 oder der Mazda 787B, das bis heute einzige Rennauto mit Wankelmotor, das die 24 Stunden von Le Mans gewinnen konnte. Die modernsten Ausstellungsstücke gleichen sich reglementsbedingt beinahe wie ein Ei dem Anderen. Der Toyota GT-One war 1998 und 1999 einer der größten Gegner von Mercedes-Benz, BMW, Nissan und Porsche in Le Mans, wobei man jedoch mit dem dritten Gesamtrang beinahe leer ausging. Erfolgreicher war Bentley mit dem EXP Speed 8, der bereits 2001 Dritter, dann 2002 Vierter wurde, um schließlich in seiner letzten Ausbaustufe 2003 mit einem Doppelsieg in Rente zu gehen.

Neben dem von Jacky Ickx bei der Paris-Dakar-Rallye gefahrenen Porsche 911 mit Allradantrieb zeigt man auch Rallyefahrzeuge wie den Ford Escort Mk II oder einen Audi quattro. Auch im Tourenwagensport waren belgische Fahrer im Laufe der Jahrzehnte erfolgreich und fuhren mit Ford Capri RS, BMW 3.0 CSL, Mini Cooper, Ford Lotus Cortina oder Audi V8 Erfolge ein. Insgesamt 44 Rennautos geben einen wohl einmaligen Einblick in die Motorsportgeschichte Belgiens. Soetwas würden wir gern einmal in Deutschland sehen. Noch dazu zeigt sich die „Belgian Racing Legends“-Ausstellung in einem tollen Automuseum, der Autoworld, die im Cinquantenaire Park mitten in Brüssel ihr Zuhause gefunden hat und neben Fahrzeugen aus belgischer Produktion eindrucksvoll die Geschichte des Automobils wiedergibt. Während das Museum täglich geöffnet ist, endet die Sonderausstellung am 15. Januar. Also schnell auf nach Belgien!

Autor: Matthias Kierse

Fotografen: Heinz Kierse und Matthias Kierse