Die Feierlichkeiten zum 125 jährigen Jubiläum des Autos gehen weiter. Nachdem die Boliden auf der Solitude geglüht haben, hatten sie nur zwei Wochen zum abkühlen und fanden sich dann auf Schloss Dyck ein. Wie in den letzten Jahren boten die Classic Days eine interessante Mischung von legendären Fahrzeugen. Das Spektrum reichte vom kleinen Fuldamobil bis zum Mercedes 300 SLR von Juan Manuel Fangio. Neben den Clubs, die sich traditionell im angrenzenden Miscanthusfeld mit ihren Pretiosen versammeln, donnerten die historischen Renner auf der langen Geraden der Rundstrecke vorbei.

Schloss Dyck Classic Days 2011

Bild 9 von 9

Auch die Marken- und Modellclubs waren zahlreich vertreten. Wer zum Beispiel einmal alle Originalfarben des Mercedes R107 live betrachten wollte, war hier richtig.

Hans Hermann hatte in den letzten Wochen ausgiebig Gelegenheit die Pretiosen aus seiner Vergangenheit adäquat zu bewegen. Wie bereits in seiner aktiven Zeit wechselte er dabei zwischen den Rennwagen der Marken Porsche und Mercedes-Benz hin und her. Während er also auf der Solitude seinen alten Porsche 550 Spyder bewegte, war er auf Schloss Dyck mit dem legendären Mercedes-Benz 300 SLR unterwegs, mit dem Juan Manuel Fangio 1955 die Mille Miglia bestritt. Mercedes-Benz ließ es sich selbstredend nicht nehmen, das große Jubiläum – den 125. Geburtstag des Automobils und Fangios 100. Geburtstag – standesgemäß zu begehen und brachte etliche Pretiosen aus der heimischen Werkssammlung mit ans Schloss. Einige der Fahrzeuge wurden auf Ständen auf dem Gelände gezeigt, während man den genannten 300 SLR auf der angrenzenden Rundstrecke von der Leine ließ. Besonderes Highlight der Stuttgarter war aber sicherlich auch der historische Renntransporter „Das blaue Wunder“, welcher in der Formel 1-Saison 1954 als Renntransporter eingesetzt wurde.

Der Transporter basiert auf dem X-Rahmen des Mercedes-Benz 300 S Adenauer, wurde mit einem Motor aus dem 300 SL Flügeltürer ausgestattet und hatte zudem einige Karosserieteile des Mercedes-Ponton verbaut. Diese technische Basis ermöglichte es den Stuttgartern, mit maximal sagenhaften 180 km/h – beladen wohlgemerkt – zwischen den Rennstrecken zu pendeln und so auch noch kurzfristig Teile oder gar komplette Fahrzeuge aus Stuttgart an die Rennstrecken in Europa zu holen. Einer Legende zufolge soll Juan Manuel Fangio beim Monaco Grand Prix 1954 nicht mit dem Stromliniefahrzeug zurecht gekommen sein, weil er die Kurven aufgrund der verkleideten Räder nicht vernünftig anpeilen konnte. Alfred Neubauer entschied daher, dass die Stromlinie nach Stuttgart gebracht wird und dafür ein Monoposto für Fangio mitgebracht wird. Gesagt getan. Samstags nach dem Qualifying ging es los und am Sonntag hatte Fangio seinen Wagen mit den freistehenden Rädern pünktlich zum Rennen an der Strecke. Leider wurde das Original des blauen Renntransporters Ende der 1970er Jahre verschrottet, ebenso wie alle Konstruktionspläne und Unterlagen vernichtet wurden. Das es ihn nun wieder gibt, verdanken wir dem Mercedes-Benz Classic Center, welches den Wagen nur anhand von Bildern und eigenen Vermessungen wieder aufbaute. Im Jahr 2001 hatte das auferstandene „Blaue Wunder“ übrigens seine Weltpremiere beim Goodwood Festival of Speed.

Natürlich waren auch die Kollegen von Toyota wieder auf den Classic Days anwesend und feierten dort den 60. Geburtstag des Toyota Land Cruiser. Die Land Cruiser der unterschiedlichen Jahre wurden dafür in einem separaten Zelt präsentiert. Dazu waren auch Sportler des japanischen Herstellers anwesend. Die Kölner Deutschlandzentrale brachte zwei Gruppe B Celica mit ans Schloss. Begleitet wurden die beiden Pretiosen von einem Toyota Corolla WRC, welches erneut von Isolde Holderied in durchaus forscher Gangart um den Rundkurs bewegt wurde.

Selbstverständlich durfte auch der nunmehr bereits obligatorische Concours d’Elegance mit A-Zertifikat der FIVA mit den sogenannten „Jewels in the Park“ nicht fehlen. Und so tummelten sich auf dem Rasen vor der Orangerie wieder allerlei Pretiosen, von denen einer schöner als der andere war. Es war zugegebenermaßen schwer zu entscheiden, wo man zuerst hinblicken sollte. Egal in welchem Bereich man sich gerade aufhielt. Man merkte allen Besuchern die Begeisterung an, mit denen sie bei der Sache waren. Insgesamt waren am Wochenende 27.380 Besucher vor Ort, von denen sich viele auch durch eine weite Anreise oder das durchaus durchwachsene Wetter am Samstag nicht von der Teilnahme abhalten ließen. Immerhin hatte Petrus am Sonntag ein Herz für die Fans und so blieb es zumindest am Sonntag trocken. Besonders in Erinnerung bleiben hierbei sicherlich wieder die Bentley Boys des Benjafield Racing Clubs, die erneut auf eigener Achse aus England anreisten. Verstärkt wurde die Präsenz der Bentley Boys noch durch Stanley Man Racing, die erneut die beiden Berühmtheiten „Old Mother Gun“ und „The other Gun“ mit ans Schloss brachten.

Wem diese Namen nichts sagen, dem sei nur soviel verraten: „Old Mother Gun“ ist ein 350 PS starkes Fahrzeug, welches 1927 in Le Mans in Führung liegend beim legendären White House Crash ausschied. Im Jahre 1928 klappt es schließlich mit dem Le Mans Sieg und 1929 reichte es noch für einen zweiten Platz an gleicher Stelle. Heutzutage trägt „Old Mother Gun“ übrigens einen Motor mit 8 Litern Hubraum und bringt gute 350 PS auf die Hinterachse. Stanley Man leistete hier wahrlich ganze Arbeit, denn ursprünglich war „Old Mother Gun“ mal mit einem 4 ½ Liter Motor ausgerüstet. Aber wie sagte schon Walter Owen Bentley: „If you want more horsepower get more cubic inches.“ Gemäß dieser Tradition dürfte er sicherlich Gefallen an Old Mother Gun finden.

Neben den ganzen Legenden am Schloss sollte man allerdings auch nicht die Clubs und Enthusiasten vergessen, welche jedes Jahr Ihre Fahrzeuge im angrenzenden Miscanthusfeld präsentieren. Dieses Jahr waren gut 5500 Fahrzeuge aller Alters- und Leistungsklassen anwesend. Man musste, wie bereits in den letzten Jahren, gut zu Fuß sein, um nur ansatzweise alles zu sehen. In Anbetracht der Ansammlung legendärer Automobile nimmt man dies allerdings gerne auf sich.

Es bleibt an dieser Stelle vielleicht nur Eines: Ein herzliches Dankeschön an das Organisationsteam der Classic Days und alle Helfer, die es geschafft haben, zum nunmehr 6. Mal eine Veranstaltung auf die Beine zu stellen, die im Kalender eines jeden Automobilenthusiasten ein Muss sein sollte. Kommendes Jahr ist es dann wieder so weit und es wird spannend sein, welche Überraschungen und Legenden 2012 den Weg zum Schloss finden werden.

Fotografen: Tetyana Kühlein und Matthias Kierse