Die DTM ist in Deutschland eine der beliebtesten Rennserien bei groß und klein. Wer die etwas ältere Generation nach ihrem Lieblingsfahrzeug fragt, wird recht häufig „Der Evo II“ hören. Gemeint ist der Mercedes-Benz 190E 2.5-16 Evolution II, den die Stuttgarter auch in einer Kleinserie zu Homologationszwecken auf die Straße brachten. Vor 20 Jahren feierte das Flügelmonster seine Premiere auf dem Genfer Salon.

Mercedes-Benz 190E Evo II

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Der Mercedes-Benz 190E ist, für sich genommen, eigentlich das Gegenteil eines Sportmodells. Eingeplant als Volumenmodell unterhalb der E-Klasse konnte er in den 1980er Jahren viele Kunden von sich überzeugen. Dennoch gab es unter ihnen einige, die sich mehr Leistung und einen Spritzer Sportlichkeit wünschten und diese Wünsche auch gegenüber ihren Händlern und dem Werk vortrugen.

Als erstes Ergebnis dieser Wünsche, darf der 190E 2.3-16 angesehen werden, der 1983 auf den Markt kam. Mit seinen 136 kW/185 PS schob er die kleine Limousine in 7,5 Sekunden aus dem Stand auf Autobahntempo an und stellte eine Höchstgeschwindigkeit von 230 km/h bereit. Auf Basis dieses Fahrzeugs treten erstmals Privatteams in der französischen Produktionswagen Meisterschaft an, ab 1987 auch in der gerade aufkommenden Deutschen Tourenwagen Meisterschaft (DTM).

1988 wird der 16-Ventil-Motor auf 2,5 Liter Hubraum aufgebohrt und Mercedes-Benz unterstützt die Teams in der DTM erstmals werksseitig. Die Straßenversion des 190E 2.5-16 bringt 143 kW/195 PS auf die Straße. Doch um im Wettbewerb an der Spitze mitkämpfen zu können, reichte das bald nicht mehr aus. So machen sich die Stuttgarter Ingenieure an die Arbeit und präsentieren 1989 den 190E 2.5-16 Evolution, eine Sonderversion zur Homologation des neuen DTM-Rennfahrzeugs. An der Motorleistung wurde dabei nicht gedreht, jedoch das Fahrwerk für den Rundstreckenbetrieb deutlich optimiert. 502 Fahrzeuge in schwarzblau metallic entstehen für zahlungswillige Kunden, wobei, um korrekt zu bleiben sollte es heißen: 500 Fahrzeuge in schwarzblau metallic und 2 in silber.

Doch auch der Evolution wird alsbald von der technischen Entwicklung der Konkurrenz einge- und überholt. So bleibt für Mercedes nur die Flucht nach vorn. Das Ergebnis der Weiterentwicklung stand auf dem Genfer Salon 1990 im Scheinwerferlicht: der 190E 2.5-16 Evolution II. Zugegeben, für Benz-Fans, die mit Rennsport nichts am Hut hatten, dürfte der Wagen ein Schock gewesen sein. Dicke Kotflügelverbreiterungen, ein Frontspoilerschwert und ein Heckflügel im Bierthekenformat und all das nicht aus dem D&W-Katalog, sondern ab Werk offiziell zu bestellen. Hatten die Jungs in Stuttgart zuviel am Wein genippt?

Mitnichten. Der Evo II war kompromisslos für die DTM aufgebaut worden und um die Optik so einsetzen zu dürfen, musste es eben auch ein solches Serienfahrzeug geben. Dass ein Design, das auf der Rennstrecke gut und zweckmäßig ist, im Showroom beim örtlichen Händler nicht gut ankommen kann, wurde dabei milde übersehen. Es mussten ja eh „nur“ 502 Fahrzeuge an den Mann gebracht werden. Um den Kunden dabei auch etwas mehr als nur Show bieten zu können, erstarkte der 2,5 Liter 16-Ventiler auf 173 kW/235 PS und 245 Newtonmeter Drehmoment. Das ganze Auto wog leer nur 1.300 Kilogramm und benötigte daher lediglich 7,1 Sekunden von 0 auf 100 km/h. Maximal waren trotz der im Wind stehenden Aerodynamikbauteile 250 Sachen drin. Schonmal im Porsche von einer Biertheke überholt worden? Dann war es wohl ein Evo II.

Im Innenraum findet sich links neben dem Lenkrad ein unauffälliger kleiner Schalter. Mit ihm kann das Fahrwerk in drei verschiedene Höhen gestellt werden. Fahrer und Beifahrer nehmen in bequemen Sportsitzen platz, hinten sind in der Rückbank zwei Einzelsitze ausgeformt.

Trotz eines Grundpreises von 115.260,- DM finden sich tatsächlich genügend interessierte Käufer, die ein wenig DTM-Luft auf der Straße schnuppern möchten. Alle 502 Fahrzeuge sind im Innenraum auf dem Schalthebel individuell durchnummeriert.

Übrigens, wer glaubt, dass der Wagen mit 1,3 Tonnen Gewicht und 235 PS schon ausgereizt war, der sollte einmal das Datenblatt der Rennversion studieren. Für die DTM wurde das Auto auf unter 1.000 Kilogramm abgespeckt und mit mehr als 300 PS befeuert. 1992 konnte Klaus Ludwig mit dem 190E Evo II den DTM-Titel einfahren.

Quelle: Mercedes-Benz

Autor: Matthias Kierse