Ende der 1990er Jahre sollte mit dem Jensen S-V8 eine bekannte britische Sportwagenmarke wiederbelebt werden. Doch nach über 10 Millionen Pfund Entwicklungskosten und dem Produktionswunsch von 300 Wagen pro Jahr war nach 32 Fahrzeugen alles wieder vorbei. Trotz schöner Formen und einem 330 PS starken V8-Triebwerk konnten auf die Schnelle nicht genügend Kunden gefunden werden, um die angeschlagene finanzielle Lage der Firma noch zu retten.

Jensen S-V8

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Auch die geplante Coupéversion C-V8 konnte Jensen keinen Erfolg mehr bringen. 2002 erloschen die Lichter in der neu gebauten Fabrik, ein Jahr später waren auch die letzten 12 Exemplare des S-V8 abverkauft.

1998, London Motor Show am Earl’s Court. In einer der Messehallen konnten die Besucher die Wiederbelebung einer klassischen Sportwagenmarke miterleben: Jensen was back! Mit dem Interceptor hatte man in den 70ern einen Sportwagen geschaffen, der bis heute eine große Fangemeinde hat. Nun sollte der neue S-V8 als zweisitziges, sportliches Cabrio an die Erfolge anknüpfen. Eine neue Fabrik in Speke wurde errichtet, um bis zu 600 Fahrzeuge jährlich zu produzieren – nicht nur vom S-V8, sondern auch von Neuauflagen des Jensen Interceptor und möglicherweise sogar vom Jensen-Healey, dessen Namensrechte man sich ebenfalls gesichert hatte. Vom neuen Cabrio sollten ab Markteinführung erst einmal bis zu 300 Wagen im Jahr ausgeliefert werden. Doch bis zur Serienproduktion sollte noch einige Zeit vergehen, die mit weiterer Entwicklungsarbeit gefüllt wurde. Diese kostete insgesamt rund 10 Millionen Britische Pfund (umgerechnet etwa 6.218.700,- € beim 2001er Wechselkurs), die vom Namensrechtehalter West Midlands Creative, sowie rund 20 privaten Investoren, dem britischen Ministerium für Handel und Industrie und der Stadtverwaltung von Liverpool aufgebracht wurden. Doch manchmal gehen große Pläne tragisch schief.

Der neue Jensen S-V8 war als klassisch, sportliches Cabrio mit Stahl-Monocoque-Chassis aufgebaut worden, über das eine leichtgewichtige Aluminium-Karosserie mit Designanleihen am Jensen C-V8 der 60er Jahre gelegt werden sollte. Tatsächlich ging man noch während der Entwicklung des Wagens auf gepresste Stahlteile über, da die Aluminiumkomponenten wohl zu oft unbrauchbar aus der Presse fielen. Unter der langen Motorhaube arbeitete ein 4,6 Liter großer V8 mit 32 Ventilen, der vom Ford Mustang gespendet wurde und 243 kW/330 PS über ein manuelles Fünfgang-Getriebe auf die Hinterräder übertrug. Nach 4,9 Sekunden waren 100 km/h erreicht und die Höchstgeschwindigkeit lag laut Prospekt bei Tempo 250 an. Wie im Motorsport kamen rundum doppelte Dreiecksquerlenker zum Einsatz, um auch auf kurvigem Geläuf eine hohe Fahrdynamik zu gewährleisten. Innenbelüftete Bremsen sorgten für die nötige Verzögerungen nach schnellen Passagen.

Rasch wurde den Beteiligten jedoch klar, dass die Entwicklung eines eigenständigen neuen Automobils, bei dem man hohen Wert auf Qualität und Sportlichkeit legte – auch um dem Namen Jensen gerecht zu werden – nicht mit den finanziellen Mitteln machbar ist, die man zur Verfügung stehen hatte. Zumal man beim S-V8 auch eine neue Produktionstechnik ausprobieren wollte, bei der gestanzte Aluminiumteile so passgenau hergestellt werden sollten, dass sie von den Arbeitern einfach nur zusammengesteckt werden konnten. Wie bereits oben erwähnt erwiesen sich die Teile jedoch zu häufig als unbrauchbar, weswegen auf konventionelle Stahlteile umgestellt wurde und dazu neue Front- und Heckschürzen, sowie ein neuer Verdeckdeckel aus glasfaserverstärktem Kunststoff entwickelt werden mussten. Es hatten zwar bereits 300 potenzielle Kunden ihr Interesse am neuen S-V8 bekundet und teils per Anzahlung bekräftigt, aber die Fehlersuche am einzigen vorhandenen Prototypen zog sich über zwei volle Jahre hin. Als 2001 schließlich im August das erste Serienfahrzeug aus der Halle rollte, hatten einige Interessenten sich bereits anderweitig orientiert. Auch das mittlerweile auf Basis des Prototypen aufgebaute Coupé mit dem klassischen Namen C-V8 konnte nichts mehr ändern. Im ersten Jahr entstanden lediglich 20 Exemplare des S-V8 – es sollten die einzigen aus der „echten“ Jensen-Produktion bleiben, bevor sich die Marke Jensen erneut für bankrott erklärte und die 35 Angestellten nach Hause schicken musste.

Echt deshalb, weil die Firma SV Automotive aus Carterton in Oxfordshire die verbliebenen Teile, Produktionswerkzeuge und 18 bereits begonnene Fahrzeuge aufkaufte und ab 2003 erneut eine Kleinserienfertigung begann. Allerdings entstanden auch hier lediglich 12 weitere S-V8, während die übrigen sechs Fahrzeuge für die Ersatzteilgewinnung aufbewahrt wurden. Von ursprünglich allein über 15 Händlern in Großbritannien und Plänen für eine weltweite Vermarktung blieb nur ein exklusiver Händler für die finalen 12 Jensen S-V8 übrig: Oselli in Witney, vor allem bekannt für schöne Klassiker.

Und ein solcher verspricht der Jensen S-V8 mittlerweile zu werden. Rund 10 Jahre nachdem die letzten Fahrzeuge zusammengebaut wurden, sind die Preise immer noch weit unter dem, was ein solcher Kleinstserienwagen eigentlich wert sein müsste. Klar, es gibt den S-V8 lediglich mit Rechtslenkung, da die Exportversion niemals über die Planung hinauskam, aber einen britischen Sportwagen mit guter Verarbeitung und rund 260 PS pro Tonne als Leistungsgewicht sollte man durchaus einmal näher betrachten, oder nicht? Das Coupé-Unikat C-V8 stand im vergangenen Jahr für rund 12.500,- GBP zum Verkauf, brauchte jedoch einige Arbeit, da es jahrelang mehr oder weniger unbeachtet in einem Lagerhaus abgestellt worden war, was weder Lack noch Interieur besonders gut getan hatte. Für die 32 gebauten S-V8 ziehen die Preise indes ein wenig an, wobei es den Interessenten zum Teil auch darauf ankommt, ob es sich um Fahrzeuge aus der originalen Serie oder von SV Automotive handelt. Erstere wurden teilweise noch mit Aluminiumkarosserien ausgeliefert und sind daher rund 80 Kilogramm leichter als die späten Modelle mit Stahl-Teilen. Momentan wird in Großbritannien ein S-V8 mit Alukarosserie für 34.950,- GBP (rund 42.900,- €) angeboten.

Quellen: Jensen (2 Bilder), Matthias Kierse (3 Bilder)

Autor: Matthias Kierse