Die heutige Geschichte hat bereits nach lediglich sieben Jahren drei interessante Kapitel. Immerhin ist der Name „Ginetta F400“ bereits der dritte, der auf den aufregenden Formen dieses Sportwagens klebt. Angefangen hat alles, wie so oft in Großbritannien, in einer kleinen Werkstatt und mit viel Enthusiasmus. Anfangs mit rund 580 PS angedacht rollt der Sportwagen nun mit immerhin 415 PS zu den Kunden in aller Welt.

Ginetta F400

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Wer an britische Automobilhersteller denkt, kommt zumeist auf Marken wie Aston Martin, Bentley, Jaguar, Land Rover, Mini und Rolls-Royce. Nach ein wenig Nachdenken folgen dann noch Morgan und Lotus, in der Historie grabend auch Namen wie Austin, Rover, MG oder Riley. Dass es aber bis zum heutigen Tag viele Kleinserienhersteller auf der Insel gibt, die Enthusiasten mit Sportwagen erfreuen, ist vielen Menschen völlig unbekannt. So ist zum Beispiel Ginetta nur eingefleischten Fans wirklich ein Begriff.

Und genau um diese kleine Marke und eines ihrer Produkte soll es hier im siebten Kapitel unserer wenig bekannten Sportwagen heute gehen. Der Ginetta F400 hält nämlich noch einige weitere Besonderheiten neben der Tatsache, aus einer fast unbekannten, aber schon lange bestehenden Sportwagenmanufaktur zu stammen, bereit. Daher beginnen wir mal ganz von vorn und wenden uns dazu vorerst von Ginetta ab.

Am Beginn dieser Story steht der in Großbritannien lebende Iraner Arash Farboud, der Ende der 1990er Jahre den Plan schmiedet, sich selbst einen Supersportwagen zu bauen. Grund dazu hat er, immerhin hat ihm Porsche gerade geschrieben, dass sie ihm weder für Geld noch für gute Worte die einzige Straßenversion des Porsche 996 GT1/98 verkaufen werden. Aufgrund dessen verwundert es kaum, dass der erste Sportwagen, Farboud GT getauft, optisch schwer an den Porsche erinnerte. Nach ersten Testfahrten und den Reaktionen auf diversen Messen und Treffen in England entschied sich Arash Farboud dazu, einen alltagstauglicheren Sportwagen auf Kiel zu legen, der dann auch in den Verkauf gehen sollte.

Hierzu suchte er sich einen jungen Designer frisch von der Universität und fertigte einen Stahlrohrrahmen an, der anschließend mit Carbonteilen eingekleidet wurde. Mittels teurer Öhlins-Renndämpfer sollte dem Farboud GTS ein besonders gutes Fahrverhalten anerzogen werden, welches er bei einer Leistung von rund 432 kW/588 PS aus einem Audi-V8-Mittelmotor auch gebraucht hätte. 2004 stellte Arash den ersten fahrfertigen Prototypen stolz vor und verkündete, dass man den Wagen weltweit vertreiben wolle und dazu eine Produktionshalle in Old Buckenham (Norfolk) gekauft habe. Da Arash Farboud sich jedoch auf seine Rennaktivitäten und die Entwicklung von weiteren Sportwagen konzentrieren wollte, holte er sich mit Chris Marsh einen erfahrenen Mann an seine Seite, der die neu gegründete Marke „Farboud Sports Cars“ leiten sollte. Marsh hatte vorher jahrelang Marcos geleitet und anschließend der wiederbelebten Marke Invicta auf die Beine geholfen.

Als Marsh Farboud Sports Cars übernahm, fielen ihm prompt einige Punkte am GT auf, die vor einer Serienproduktion abgeändert werden sollten. So verfügte der Prototyp mitten im Heckfenster über eine Entlüftungsöffnung, die lediglich als Zierteil dort saß und keinerlei Zweck hatte. Ebenso ersetzte er die Öhlins-Dämpfer gegen eine konventionellere Federungstechnik, um die Produktionskosten zu senken. Als letzter Schritt auf dem Weg zur Serie musste der Audi V8 einem Ford V6 weichen. Die Motorleistung lag wahlweise bei 205 kW/279 PS oder mit Hilfe eines Kompressors bei 279 kW/380 PS.

Aufgrund dieser Änderungen, die in seinen Augen das perfekte Gesamtkonzept des GTS verwässerten, verließ Arash Farboud die von ihm selbst gegründete Firma vollends und gründete unter dem Namen „Arash Cars“ erneut eine Automarke, mit der er in Kürze einen neuen Supersportwagen auf die Straße bringen will. Im Jahr 2007 begann unter Chris Marsh dann das zweite Kapitel der Geschichte mit der Umfirmierung von Farboud Sports Cars in Farbio Sports Cars.

Mit diesem Namenswechsel wollte man zum Einen die Namensrechte von Arash Farboud wahren, zum Anderen sollte jedoch der Wiedererkennungswert für bisherige Interessenten gegeben sein. Immerhin war der Farboud GTS bereits auf einigen Events zu sehen gewesen und hatte für durchaus positive Reaktionen gesorgt. Bis Ende 2007 hatten jedoch erst weniger als 10 Exemplare insgesamt die Produktionshalle verlassen. Selbige verließ nun allerdings die gesamte Marke, um nach Dyrham umzuziehen.

In der Folgezeit setzte Farbio oberhalb von GTS und GTS350 noch ein Topmodell auf, den GTS400. Mit seinen 305 kW/416 PS zählt er zu den ernstzunehmenden Sportwagen dieser Welt, speziell, wenn man das Leergewicht von nur rund 1.050 Kilogramm im Blick hat. So gerüstet rennt der Brite in nur 3,7 Sekunden aus dem Stand auf 100 km/h und erreicht fast 300 km/h Spitze. Die Gänge werden auf die altbewährte manuelle Art in einem Sechsgang-Getriebe durchgerührt. 350 Millimeter große Bremsscheiben rundum mit Sechskolben-Bremszangen bringen den GTS jederzeit wieder sicher zum Stillstand.

Dabei muss der Fahrer trotz des sehr niedrigen Gewichts keinerlei Abstriche bei der Serienausstattung machen. Außen kann man sich zwischen Metallic- und Spezial-Lackierungen entscheiden, innen geht die Qual der Wahl anschließend bei den Leder- und Ziernahtfarben weiter. „Geht nicht gibt’s nicht!“, könnte man hier berechtigterweise anbringen. Außerdem gehören eine Traktionskontrolle, beheizte Heckscheibe und Außenspiegel, elektrische Fensterheber, ein Radio mit Touchscreen-Bedieneinheit und Navigation, sowie eine Klimaanlage zum Lieferumfang. Auf Wunsch lassen sich Teile der Karosserie in Sichtcarbon bestellen. Ebenso enthält die Optionenliste eine leistungsfähigere Audioanlage, Vierpunkt-Gurte, ultraleichte Carbon-Sportsitze oder einen iPod-Anschluss.

Im März 2010 wurde schließlich nach nicht einmal 100 gebauten Farbio GTS das dritte Kapitel der Geschichte geöffnet. Und hier schließt sich auch der Bogen zum Anfang unserer Story. Sie erinnern sich noch an den Namen Ginetta? Genau, hier kommt er ins Spiel. Ginetta produziert seit 1958 ultraleichte Sportwagen in Kleinserie, ist jedoch außerhalb der britischen Inseln kaum bekannt geworden. Allenfalls einige Rennerfolge haben für Aufsehen gesorgt.

Nach der Übernahme entfielen die beiden kleinen Versionen GTS und GTS350 ersatzlos. Der GTS400 wird nun unter dem Ginetta-Logo als F400 verkauft. Alle Optionen, die für den Farbio im Programm waren, sind auch für den Ginetta weiterhin erhältlich und auch die Produktion verbleibt in der ehemaligen Farbio-Produktionshalle und wird nicht zum Ginetta-Stammsitz nach Garforth verlegt.

Neben dem F400 hat Ginetta momentan den G50 im Programm, der auch als Elektroversion angeboten wird. In Großbritannien unterhält man einen eigenen Markenpokal sowie Club-Rennevents für historische Ginettas und erreicht damit eine stetig wachsende Fangemeinde. In Deutschland ist der Farboud GTS / Farbio GTS / Ginetta F400 nur wenigen Leuten bekannt, was sich aber mit der Einführung einer linksgelenkten Version über den früheren Farbio Generalimporteur in Belgien ändern könnte. Auf der IAA 2009 stand bereits ein Farbio GTS, allerdings ein wenig versteckt auf dem Stand eines Reifenherstellers. Die Reaktionen der Messebesucher waren jedoch überwiegend positiv. Einer Verbreitung auf unseren Straßen steht also theoretisch wenig im Weg.

Quelle: Farboud, Farbio und Ginetta

Autor: Matthias Kierse