Am Anfang nicht verstanden, heute kult. So in etwa lässt sich die Erfolgsgeschichte des Mini in nur einem Satz zusammenfassen. Der britische Kleinwagen eroberte die Herzen vieler Fans im Sturm und begründete seine ganz eigene Fahrzeugklasse. Nebenbei waren mit ihm sogar Motorsporterfolge gegen viel stärkere Gegner machbar. Wie das alles möglich war? Durch findige Ingenieure wie Alec Issigonis, der 1959 den Mini der Weltöffentlichkeit vorstellte.

Mini

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Vor nunmehr bereits 50 Jahren stand der Austin 7 vor der Ablösung durch ein neues Modell. Damals war es noch nicht so üblich wie heute, dass bereits Monate oder gar Jahre im vorraus in Zeitungen über jeden gesichteten Prototypen und jedes aufgeschnappte Gerücht bezüglich neuer Modelle berichtet wurde. Daher war die weltweite Überraschung umso größer, als Alec Issigonis im August 1959 das Tuch von der Karosserie des neuen Austin Seven zog. Zeitgleich ging das Fahrzeug auch als Morris Mini Minor an den Start, da beide Firmen zu BMC (British Motor Corporation) gehörten. Unterscheiden ließen sich die beiden nur durch den Kühlergrill, die Radkappen auf den 10-Zoll-Rädern und andere Karosseriefarben. Auf diese Weise wurde das heute so beliebte „Badge-Engineering“ erfunden: eine Firma entwickelt ein Fahrzeug und mehrere andere verkaufen es anschließend ebenfalls, nur mit ihrem Logo und ein paar kleinen Änderungen. Dies sollte den Mini über die Jahre hinweg ständig begleiten. Es gibt wohl kaum ein Auto, das zeitgleich unter mehr Marken gefertigt wurde.

Die Planungen für den Mini begannen mit der Suez-Krise 1956 und die dadurch hervorgerufene Rationierung von Benzin. Man merkte bei BMC, dass die westliche Welt vom Erdöl aus den arabischen Gebieten abhängig war und plante einen Kleinwagen mit möglichst wenig Verbrauch. Gleichzeitig sollte auf möglichst wenig Verkehrsfläche möglichst viel Platz für bis zu vier Insassen geschaffen werden. Keine leichte Aufgabe für Konstrukteur Issigonis, denn das Fahrverhalten sollte natürlich dabei nicht auf der Strecke bleiben. Wie gut ihm der Spagat zwischen all diesen Anforderungen gelungen ist, zeigt sich bis heute. Angetrieben wird der Ur-Mini anfangs von einem 848 ccm kleinen Vierzylindermotor mit 25 kW/34 PS, der vorne quer im Motorraum verbaut ist und dadurch viel Platz einsparen hilft. Der Verbrauch liegt bei sensationellen 4,5 Litern Benzin pro 100 km. Ein Wert, an dem heutige Kleinwagen schwer zu knabbern haben.

Anfangs wurde das radikal neue Konzept des Mini jedoch nicht verstanden. Ein nur drei Meter kurzes Auto, in das allen Ernstes vier Erwachsene Personen und eine Hand voll Gepäck passen sollte, und das alles für nur 496 britische Pfund? Speziell die Engländer wollten lieber „ein richtiges Auto“. Angeblich prägte damals der Londoner Volksmund den Spruch „It looks like a postbox on wheels.“ („Er sieht aus wie ein Briefkasten auf Rädern.“). Nach und nach entdeckten jedoch die damals Schönen und Reichen, wie Brigitte Bardot oder Clint Eastwood den Mini als idealen Stadtwagen. Dadurch setzte ein Trend ein, den man auch heute noch kennt: Wenn ein Star einen bestimmten Gegenstand benutzt oder ein bestimmtes Auto fährt, muss der Fan sowas auch haben. Der Mini wurde zum Riesenerfolg. Die Jahresproduktion war ursprünglich mit 200.000 Fahrzeugen angesetzt worden, musste aber bereits 1962 angehoben werden. Zu diesem Zeitpunkt gab es bereits eine regelrechte Modellfamilie des Mini. 1960 hatte man den Kombi, bei Morris „Mini Traveller“ und bei Austin „Seven Countryman“ genannt, und eine Version mit Blech anstelle von hinteren Seitenfenstern als Van vorgestellt. Ergänzt wurden sie durch den Pick-up und eine Variante mit angehängtem Kofferraum, die als Riley Elf oder Wolseley Hornet zu bekommen waren. Sie unterschieden sich vom eigentlichen Mini durch eine eigenständig gestaltete Frontpartie. 1964 schließlich war die Mini-Familie komplett, der verrückte Onkel war angekommen. Verrückter Onkel? Nun, in jeder Verwandtschaft hat man doch eigentlich irgendjemanden, dem man milde gesagt einen gewaltigen Nagel im Kopf zuschreibt. Dies war im Falle des Mini unzweifelhaft der Moke, ein mehr oder minder geländetaugliches Spaßfahrzeug mit Notdach und ohne Türen. Auf Basis vom normalen Mini und vom Moke wurden in der Folgezeit einige Versuche mit zwei Motoren gemacht, wovon einer die Vorder- und einer die Hinterräder antrieb. Ein solches Fahrzeug fuhr unter anderem bei der Targa Florio-Straßenrallye in Italien mit. Das Auto war unerwartet schnell, allerdings verbrauchte der hintere Motor mehr Kühlflüssigkeit als Benzin, weswegen die Experimente alsbald eingestellt wurden.

Ende 1961 kam bereits die Mini-Variante, die wie keine zweite den Ruf des Fahrzeugs bis heute prägte: der Cooper. Cooper war damals ein bekanntes englisches Rennteam, das unter anderem auch in der Formel 1 erfolgreich mitfuhr. Namensgeber und Konstrukteur John Cooper hatte einen Narren am Mini gefressen und begab sich mit einem Fahrzeug in die Intensivbehandlung. Heraus kam ein auf 1 Liter Hubraum vergrößerter Motor mit 40 kW/55 PS. Für die damalige Zeit und das niedrige Gewicht des Fahrzeugs ein absoluter Spitzenwert. Da er mit Alec Issigonis gut befreundet war, erhielt er vom Werk die Erlaubnis, eine Kleinserie von 1.000 Fahrzeugen mit seinem Tuning zu verkaufen. Die Fahrzeuge wurden ihm quasi aus den Händen gerissen, noch ehe er den Schraubenschlüssel ablegen konnte. Es blieb aber bei vielen Kunden der Wunsch nach noch mehr Leistung. Issigonis und Cooper schauten sich daher den Motor ein weiteres Mal intensiv an und vergrößerten ihn auf 1.071 ccm, wodurch nun 51 kW/70 PS an den Vorderrädern ankamen.

So aufgerüstet machte sich eine kleine Mannschaft rund um den Rallyefahrer Rauno Aaltonen auf zur Rallye Monte Carlo 1964. Wer schon einmal einen Mini neben einem Austin Healey 3000 oder einem Saab 92 hat stehen sehen, kann sich grob ausmalen, wie laut das Gelächter der Konkurrenten vor Ort war. Was wollte diese kleine englische Mannschaft mit diesem Winzling denn bitte bei der Mutter aller Rallyes ausrichten können? Noch dazu mit Frontantrieb, geht’s denn noch peinlicher? Ja, geht. Wenn man nämlich auf das Endergebnis schaut, stand plötzlich der Name „Mini“ meilenweit oben an, danach lange nichts und dann die kleinlaute Gegnerschaft. Vernichtend geschlagen im ersten Anlauf. Auch 1965 und 1967 stand ein Mini-Fahrer ganz oben auf dem Podest in der Fürstenloge in Monte Carlo. 1966 hätte man eigentlich auch gewonnen, allerdings gab es einen nicht ganz nachvollziehbaren Protest gegen angeblich nicht homologierte Zusatzscheinwerfer, weswegen das BMC-Team komplett aus der Wertung genommen wurde. Auch damals gab es bereits Kleinkriege zwischen einzelnen Automobilverbänden und -herstellern. Neben den Rallye-Erfolgen machte sich der Mini inzwischen auch auf der Rundstrecke einen hervorragenden Namen, wo er gegen viel stärkere Gegner häufig Siege herausfahren konnte. Übrigens errang Niki Lauda in einem Mini seine ersten Pokale.

Nach dem Sieg 1967 fiel der Cooper unverständlicherweise aus dem Modellprogramm. Es lag wohl daran, dass das Fahrzeug mittlerweile über die offiziellen BMC-Händler verkauft wurde, jedoch für jedes verkaufte Auto eine bestimmte Summe an John Cooper gezahlt werden musste. Als Ersatz kam der 1275 GT in die Palette, der mit seinen 43 kW/59 PS allerdings nur wenige Fans zufriedenstellen konnte.

1967 wurde der Mini durch die elf Zentimeter längere Clubman-Variante ergänzt, die von vorne an der eckig-gestalteten Front zu erkennen ist. Den 848 ccm Motor ersetzte eine Version mit 998 ccm und 28 kW/38 PS. 1969 gab es das einzige wirklich große Facelift am Mini. Die außenliegenden Scharniere der Türen wichen innenliegenden, anstelle der gewohnten Schiebefenster fanden die Kunden nun welche zum Kurbeln und an der Front prangte endlich ein eigenständiges Mini-Logo.

In den Folgejahren lief der Mini dauerhaft im Modellprogramm mit und erlebte so, wie aus der BMC durch Zusammenschluss mit Jaguar und Leyland die British Leyland Motor Corporation (BLMC) wurde, die aufgrund anhaltender Streiks und daraus resultierender niedriger Verarbeitungsqualität in Deutschland bald den Spottnamen „Britisch Elend“ weghatte. Insgesamt gehörten 19 Automarken zu diesem Konzern. Anfang der 1980er Jahre wird eine Marke verkauft (Alvis), Jaguar und Daimler ausgelagert und der übriggebliebene Rest zur Austin Rover Group zusammengefasst. In dieser Zeit endet auch die Produktion der Mini Estate-Modelle. Nachdem das Austin-Logo 1986 verschwindet und die Gruppe somit als Rover Group weitermacht, wird sie 1988 von British Aerospace aufgekauft und geht 1994 schließlich an BMW.

Unterdessen ist der Mini auf 29 kW/40 PS erstarkt und feiert 1986 einen Produktionsrekord von 5 Millionen gebauten Exemplaren. Vier Jahre später kehrt der Cooper endlich zurück. Er erhält einen 1,3 Liter großen Vierzylinder und als Erkennungszeichen zwei weiße Streifen auf der Motorhaube und ein weiß lackiertes Dach. Aufgrund immer strenger werdender Abgasvorschriften wird für den normalen Mini der 1 Liter-Motor aus dem Programm genommen und durch den 1275er Motor ersetzt. Ein Jahr später erschien die letzte neue Variante: in Deutschland wurde eine Kleinserie eines Mini Cabrio aufgelegt. Dies hatten zuvor schon einige Tuner getan, jedoch war das Ergebnis bei diesem Fahrzeug eines badischen Mini-Händlers so überzeugend, dass die Rover Group die Fabrikation des Fahrzeuges übernahm und zwischen 1993 und 1996 etwas mehr als 1.000 Fahrzeuge baute. Kurz nach dem Millennium ging die Produktion des klassischen Minis schließlich mit einigen Sondermodellen zu Ende. Das Kultmobil, mit dem die Beatles, Mr Bean oder die Queen unterwegs gewesen waren und das zum ganz normalen Stadtbild in Metropolen wie London gehört hatte, war tot. Drei Jahre zuvor hatte jedoch der neue Hausherr BMW bereits durch mehrere Studien bewiesen, dass man einen Nachfolger bringen würde. Knapp 5,4 Millionen Minis hatten über die Jahre die Fabriken verlassen.

Alec Issigonis wurde 1969 für sein technisches Lebenswerk von der Queen in den Adelsstand erhoben und durfte sich fortan Sir nennen. 1971 ging er in den wohlverdienten Ruhestand, bastelte jedoch bis zu seinem Tod 1988 an Verbesserungen für Fahrzeuge.

Der New Mini kam 2001 auf den Markt und verband die klassische Optik mit moderner Sicherheitstechnik und umweltfreundlichen Motoren, darunter erstmals in der Mini-Geschichte ein Dieselmotor. Da er aufgrund dessen deutlich gewachsen ist, gilt er unter „richtigen“ Mini-Fans nicht unbedingt als beliebtes Familienmitglied. Von Anfang an stand er als normale Version (One) oder als Cooper in den Showrooms, später folgte das Topmodell Cooper S und das Cabrio, welches ebenfalls mit allen Motoren erhältlich war. Ein weiterer Vorwurf, der BMW von den Fans gemacht wird, ist die unbeständige Modellpolitik. Denn wo der Ur-Mini 41 Jahre im Programm war, wurde nach lediglich sechs Jahren der New Mini bereits vom Nachfolgemodell abgelöst.

Dieses wird bis heute angeboten und erhielt eine dritte Variante neben der klassischen Form und dem Cabrio: den Clubman genannten Kombi. Mit beiden neuen Mini-Generationen ging man auf die Rennstrecke und gründete einen eigenen Markenpokal, die Mini Challenge.

Heute ist den meisten Mini-Neukunden das Konzept des Fahrzeugs zweitrangig, es geht um Lifestyle und darum, dass die Nachbarsfrau schließlich auch einen fährt. Dafür lassen sich die Mini-Modelle mittels hauseigener Optionen individualisieren. Ob Rückspiegelkappen mit dem Union Jack oder der Mini-Schriftzug quer übers Dach, der Fantasie sind nur wenige Grenzen gesetzt. Zum 50. Geburtstag kamen drei Sondermodelle auf den Markt: Mini 50 Camden und Mini 50 Mayfair auf Basis der normalen Mini One-, Cooper- und Cooper S-Modelle, sowie der 141 kW/192 PS starke Mini Cooper S John Cooper Works Championship 50.

Im kommenden Jahr wird die Mini-Familie erneut größer. Ein viertüriger Crossover mit Allradantrieb kommt dazu. Ebenso ist eine Serienfertigung der auf der IAA 2009 präsentierten Roadster- und Coupé-Varianten so gut wie sicher.

Mini im Rundstreckensport gibt es ja bereits wieder, in zwei Jahren könnte es darüber hinaus eine Rückkehr auf ein anderes Betätigungsfeld geben. Welches das sein könnte überlasse ich der Fantasie des Lesers.

Herzlichen Glückwunsch Mini, du Kleinwagen der Herzen.

Quelle: Mini Presseserver

Autor: Matthias Kierse