Solitudering – Während „moderne“ Motorsportfans bei diesem Namen vermutlich mit den Schultern zucken, leuchten bei den mittleren bis älteren Semestern die Augen. Der Solitudering war eine Legende vor den Toren Stuttgarts und wurde damals im gleichen Atemzug wie der Nürburgring genannt. 1965 heulten zum letzten Mal die Rennmotoren auf. Seitdem fiel die Strecke in eine Art Dornröschenschlaf. Zwar wurde sie noch als reguläre Straße genutzt und viele der historischen Streckenpunkte und das Starthäuschen blieben erhalten, Rennwagen blieb sie jedoch 46 Jahre lang verschlossen.

Solitude Revival 2011

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Wo sonst als beim Solitude Revival kann man Fahrzeuge wie den Porsche 956 auf ganz normalen Straßen fahren sehen? Die frühere Rennstrecke ist heute fast...

Am Wochenende des 22.7. – 24.7. fand auf dem Solitudering bei Stuttgart das Solitude Revival statt. Zum ersten Mal seit 1965 fuhren wieder Rennfahrzeuge auf dem gesamten Kurs mit einer Streckenlänge von 12,7 Kilometern.
Während die Fahrer 1965 knapp 3 Minuten und 50 Sekunden brauchten und eine Durchschnittsgeschwindigkeit von knapp 180 km/h erreichten, ließen sie es dieses Jahr durch die Führung eines Safety Cars doch ein wenig gemächlicher angehen. Dennoch zeugten einige Dreher an der Strecke von einem durchaus adäquaten Tempo der historischen Renner.

Mit Ihren Steigungen und Senken erinnert der Solitudering durchaus ein wenig an die berühmte Nürburgring Nordschleife und wurde wohl auch deshalb zur Legende. In den großen Zeiten fanden sich bis zu 400.000 Zuschauer vor den Toren Stuttgarts ein, um den Rennen beizuwohnen. Gut, nicht ganz so viele pilgerten zum 2011er Solitude Revival. Insgesamt 19.000 Besucher fanden trotzdem den Weg an die Strecke und durften eine kleine Zeitreise in die große Ära der Solitude machen. Dazu trug auch bei, dass Legenden der damaligen Zeit vor Ort waren. So konnte man mit etwas Glück im Fahrerlager Hans Herrmann, Peter Falk, David Piper oder auch Walter Röhrl antreffen. Vermutlich wären bei einer besseren Wettervorhersage noch mehr Enthusiasten gekommen. Dennoch zeigte es sich, dass der Wettergott ein Autofan sein muss. Denn während des gesamten Wochenendes war es zwar nicht sommerlich warm, dafür aber immerhin trocken.

Es war durchaus beeindruckend, was dem Automobilenthusiasten für eine Tageskarte zum Preis von 15,- € geboten wurde. Neben historischen Monoposto fanden geschätzte 600 Klassiker den Weg an die Solitude und es ist nicht verwegen zu sagen, dass wohl für jeden etwas dabei war. Bugatti, Aston Martin, Bentley, Lancia Stratos, Maserati Birdcage, Mercedes 300 SL, Mercedes SSK, Porsche 550 Spyder, Porsche 917, Porsche 956 oder auch der New Stratos von Michael Stoschek – Egal in welche Ecke man blickte, man fand überall etwas Erfreuliches für die Augen. Beinahe hatte man das Gefühl, alle automobilen Legenden hätten den Weg nach Stuttgart gefunden. Dank der Runden um die Solitude blieb es nicht nur bei einem Augenschmaus. Es bot sich darüber hinaus ein wahrhaft großer Genuss für die Ohren.

Nicht nur Rennfahrzeuge wurden auf dem Solitudering bewegt. Im Rahmen eines großen Corsos zum 125 jährigen Jubiläum des Automobils durften auch Serienfahrzeuge die Strecke befahren. Der Corso war ebenfalls ein Fest für Augen und Ohren und so fand man von der historischen BMW Isetta bis hin zum eher neuzeitlichen Mercedes-Benz 500 E der Baureihe W124 oder dem 1992er Carrera RS aus dem Hause Porsche auch hier viele Legenden wieder.

Was bleibt einem von diesem Wochenende noch übrig? Zunächst einmal viele gute Erinnerungen, viele nette Gespräche mit Benzin im Blut, ein Dank an die Organisatoren, die dieses Event möglich gemacht haben und leider auch ein großer wehmütiger Blick zurück. Die Solitude wird nun wieder in den Dornröschenschlaf verfallen. Es bleibt zu hoffen, dass es nicht wieder 46 Jahre dauert bis sie wach geküsst wird.

Fotografin: Tetyana Kühlein