Mercedes-Benz gehört zu den Herstellern, die sehr stolz auf ihre lange Historie und Tradition sind. Als Erfinder des Automobils dürfen sie das auch ohne Zweifel sein. So verwundert es nicht, dass das Mercedes-Benz Museum in Stuttgart seit 2006 schon über 3 Millionen Besucher angezogen hat. Hier werden aus der üppigen Werkssammlung 160 Fahrzeuge präsentiert, darunter bis zum 29.08. auch einige Supersportwagen.

Mercedes-Benz Museum

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Fragen Sie einmal, egal, wo Sie gerade auf der Welt sind, welche deutsche Automarke den Leuten auf Anhieb einfällt. In rund 9 von 10 Fällen dürfte die Antwort „Mercedes-Benz“ lauten. Die Marke mit dem Stern verfügt über ein global-gutes Image und eine riesige Fangemeinde.

Dies liegt nicht nur an guten Produkten im momentanen Marken-Portfolio, sondern vor allem daran, dass man in der langjährigen Historie immer hervorragende Automobile gebaut hat. Die Geschichte des Hauses ist Daimler daher auch besonders wichtig. So wichtig, dass man 2006 ein neues Museum am Hauptstandort Stuttgart-Untertürkheim eröffnete.

Das Gebäude an sich fällt bereits von der Bundesstraße aus auf: Eine sehr interessante Architektur mit mehr Rundungen als Kanten. Auch die großen Fensterflächen sind auffällig, die im Inneren für natürliche Beleuchtung der Exponate sorgen.

Innen angekommen stellt man fest, dass zum Museum nicht einfach nur die Fahrzeugausstellung gehört, sondern zusätzlich ein Mercedes-Händler, eine große Shop-Area und ein Restaurant angeschlossen sind. Diese ließen wir jedoch links liegen und wandten uns dem eigentlichen Zweck des Museums zu.

Der Rundgang durch die Ausstellung beginnt mit einer Fahrstuhlfahrt in rund 50 Meter Höhe. Man durchschreitet das Museum von oben nach unten auf einer so genannten „Doppel-Helix“, die an den Aufbau unserer DNA erinnern soll. Für Medizin-Laien: es gibt zwei ineinander verschlungene Wege nach unten, zum Einen den durch die zeitlich geordnete Ausstellung und zum Anderen den durch die Themenschwerpunkt-Räume. Beide beginnen nach der Aufzugsfahrt vor einem ausgestopften Pferd. Was macht ein solches Tier in einem Automuseum, noch dazu untermalt durch Pferdegetrappel über Deckenlautsprecher? Die heutige Marke Mercedes-Benz beinhaltet den Nachnamen des Erfinders des Automobils, Carl Benz. Heute gehört die Marke zum Daimler-Konzern, der ebenfalls einen wichtigen Nachnamen beinhaltet. Gottlieb Daimler forschte unabhängig von Carl Benz am selben Thema, war jedoch den entscheidenden Hauch zu langsam bei der Patenteinreichung. In der Zeit, als die beiden an Motoren und deren Einsatzzwecken forschten und experimentierten, gab es auf den Straßen in aller Welt lediglich Pferde- und Ochsengespanne. Heute schwer vorstellbar.

Ein paar Meter weiter steht man vor der „Standuhr“, einem Einzylinder-Viertaktmotor, den Gottlieb Daimler sich patentieren ließ. Dahinter drehen sich die ersten beiden Automobile, das Dreirad von Carl Benz und die Motorkutsche von Daimler auf Drehscheiben im Rampenlicht. Daimler erfand übrigens bereits vorher das Motorrad, als er Anfang 1885 seinen „Reitwagen“ baute. Zwar besitzt das Fahrzeug seitliche Stützräder, aber dennoch kann man bereits die Grundzüge der bis heute gängigen Motorradformen erkennen. Die Erfindung des Lastkraftwagens darf hingegen der Firma Benz zugetragen werden. Im Stuttgarter Museum steht ein schönes Originalfahrzeug.

Wir entschlossen uns in der Folge für den zeitlich geordneten Weg durch die Ausstellung und betraten den ersten Raum. Aufgrund der damals noch wenig ausgebauten Elektrik in den Städten und der damit verbundenen Dunkelheit ist dieser Raum recht dunkel gehalten. Präsentiert werden vier originale Fahrzeuge von Benz und Daimler, die ein besonderes Schmuckstück umrahmen: Einen der allerersten Mercedes. Den Namen „Mercedes“ wünschte sich der damals größte Daimler-Händler weltweit, Emil Jellinek aus Südfrankreich, für eine Flotte von ihm bestellter Rennwagen. Jellineks Tochter hieß Mercedes und war sein erklärtes Lieblingskind. Er brachte es damals fertig, Sonntags mit Daimler-Fahrzeugen bei Bergrennen oder sonstigen Motorsportveranstaltungen zu gewinnen und genau diese siegreichen Autos bereits am Montag verkauft zu haben. Der ausgestellte Mercedes trägt den Beinamen „Simplex“, der beim Anblick von vier Fußpedalen, zwei Hebeln, zwei Stellknöpfen am Lenkrad und einer Armada Schaugläschen am „Armaturenbrett“ als reiner Witz erscheint. „Simpel“ dürfte die Bedienung dieses Fahrzeugs aus heutiger Sicht wohl kaum sein.

In der Zeit des ersten Weltkrieges hielt sich die mittlerweile zur Daimler-Benz AG zusammengelegte Firma durch den Bau von Fahrrädern und Flugzeugmotoren über Wasser. Danach begannen die 1920er Jahre und mit ihnen kamen die bis heute berühmt-berüchtigten Kompressor-Mercedes. Ob nun SSK oder 500 K Spezial-Roadster, diese Fahrzeuge sind ein Augen- und Ohrenschmaus. Dass man zeitgleich jedoch auch den ersten Diesel-PKW fertigte, dürfte weniger Lesern bekannt sein.

Einen Raum weiter steht man direkt vor einem der schönsten Autos der Ausstellung, nach Meinung des natürlich neutralen Autors: ein grün lackiertes 300 S Cabriolet A von 1954. Die ebenfalls im Raum stehenden Vertreter der 300 SL-Familie sollen aber natürlich nicht unerwähnt bleiben. So ist hier auch permanent einer von zwei gebauten 300 SLR Uhlenhaut Coupés zu sehen, während das Zwillingsfahrzeug des öfteren auf Fahrevents in aller Welt unterwegs ist. Auch der berühmte Ponton-Mercedes hat einen Platz in diesem Raum gefunden.

Noch einen Raum weiter stoßen wir auf die berühmte Pagode, den SL der 60er Jahre, und einen Reisebus der selben Zeit. Mit einem solchen oder ähnlichen Fahrzeug sind bestimmt viele Leser schon mindestens einmal in ihrem Leben verreist, ob nun auf Klassenfahrt oder zum Kaffeetrinken im Seniorenkreis.

Ebenso stolz wie auf die Straßenfahrzeuge ist Mercedes-Benz auf die Rennsporthistorie der Marke. Ob nun Renntourenwagen oder Formelboliden, Truck Grand Prix oder Rallye Weltmeisterschaft: Die Sternenkrieger waren eigentlich überall schon dabei und dann auch zumeist sehr erfolgreich. Ein Querschnitt der eingesetzten Fahrzeuge steht im letzten Teil des Museums, beginnend bei den neuesten Autos und zurückgehend bis Anfang 1900. Ob siegreicher DTM 190E oder Hamiltons Weltmeisterschaftsauto, ein SLC von der afrikanischen Rallyepiste oder der W154 von den 1930er Grand Prixs, alles ist hier in einer nachgebildeten Steilkurve aufgefahren – und wenn Sie einen Augenblick verharren, können Sie vielleicht sogar den Motorensound hören.

Wie bereits erwähnt gibt es auch noch einen zweiten Rundgang, der durch Themenschwerpunkte führt. Darunter findet sich die „Galerie der Lasten“, in der Mercedes die hauseigene Historie im Bau von Lastwagen und Omnibussen aufzeigt. Dort steht auch der Nachbau des wohl berühmtesten und schnellsten Renntransporters der Welt, der in den 1950er Jahren die Rennfahrzeuge zwischen dem Werk und den Pisten in Europa hin- und hertransportiert hat. Die Zerstörung dieses Einzelstücks nach dem Rückzug aus dem Motorsport Mitte der 50er wird man sich in Stuttgart wohl nie verzeihen.

Ein weiterer Themenschwerpunkt sind Fahrzeuge aus prominentem Vorbesitz. Hier stehen nicht nur politisch interessante Autos, wie der „Adenauer“-Benz oder der Wagen des letzten deutschen Kaisers, sondern auch ein originales Papamobil aus dem Vatikan auf Basis eines G Modells oder der SL von Princess Diana. Auch der „Governator“ hat eines seiner Autos ans Werk zurückgegeben. Gut, zu der Zeit, als Arnie noch S600 fuhr, war er offenbar noch nicht Governor des „grünen Staates“ Kalifornien.

Doch wirklich interessant für Carpassionisten dürfte der letzte Raum der Themenschwerpunkte sein – zumindest bis zum 29.08.2010.
Die Museumshüter von Mercedes-Benz sind durch ihr gut gefülltes Lager gegangen und haben beim Betrachten der gut 600 eingelagerten Autos festgestellt, dass man über eine reichlich ordentliche Tradition beim Bau von Sportwagen verfügt. Da passt es gut, dass man gerade den neuen SLS AMG präsentiert hat.

Also zugepackt und abgestaubt, da lässt sich doch was zeigen. Angefangen beim Mercedes 75PS von 1906 über einen der 33 echten Mercedes-Benz SSK (von denen übrigens über 100 Stück überlebt haben, aber das ist eine andere Geschichte) bis hin zum berühmten 300 SL „Flügeltürer“ reicht die Sammlung. Danach folgt mit dem C111 ein Forschungsfahrzeug aus den 70er Jahren, für das es Blankoschecks regnete, zu dessen Serienumsetzung man sich bei Mercedes aber nicht durchringen konnte. Ein ähnliches Schicksal widerfuhr dem C112, der 1991 auf der IAA vorgestellt worden war. Deutlich mehr Exemplare, immerhin 20, gibt es vom CLK GTR, dessen Rennableger 1997 und 1998 die FIA GT-Serie gewinnen konnte.

Da Mercedes-Benz von einigen Fahrzeugen zum Glück mehr als ein Exemplar im hauseigenen Fundus stehen hat, wird man die Supersportwagen-Armada auch bei einigen Events im laufenden Jahr zu sehen und zu hören bekommen. So wird man bei den Le Mans Classics und beim Goodwood Festival of Speed teilnehmen.

Wem die Anreise nach Frankreich, respektive Großbritannien zu weit ist, den kann man trösten: Auch beim Eifelrennen am Nürburgring und bei den Classic Days auf Schloß Dyck sind die Jungs mit dem Stern dabei. Unter anderem wird man wohl auch ein sehr interessantes Fahrzeug im Gepäck haben, das nur fünfmal verkauft wurde und dessen sechstes Exemplar dem Werksfundus gehört: Wer einmal in seinem Leben einen Mercedes-Benz CLK GTR Roadster live erleben möchte, der sollte sich auf den Weg zu einer der oben genannten Veranstaltungen machen.

Quellen: Mercedes-Benz (4 Bilder), Matthias Kierse

Autor: Matthias Kierse