Dass das erste offizielle Automobil von Carl Benz erbaut und vor 125 Jahren patentiert wurde, wissen vermutlich die meisten CPzine-Leser. Aber wo steht dieses allererste Automobil heute? Nein, nicht eine der zahlreichen Repliken, die man auch heute noch bei Mercedes-Benz erwerben kann, sondern das wahrhaftige Original? Im Verkehrszentrum des Deutschen Museum in München, neben zahlreichen weiteren Highlights.

Deutsches Museum München

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Wie werden unsere Autos und die Umgebung sicherer? Durch Crashtests. Im Verkehrszentrum werden verschiedene Szenarien gezeigt.

Wahre Experten wissen, dass die eigentliche Erfindung des Automobils bereits lange vor 1886 stattfand und nichts mit der Person Carl Benz zu tun hatte. Jedoch blieben diese ersten Experimente mit nicht von Tieren oder Menschen gezogenen Fahrzeugen oftmals bereits auf dem Weg zum ersten Prototypen stecken oder wurden von den Ordnungskräften der jeweiligen Zeit unterbunden – das geflügelte Wort „Teufelszeug“ begleitete schließlich sogar noch Benz und Daimler, als ihre Maschinen das rollen lernten. Benz jedoch ließ sich 1886 nicht von seinem Weg abbringen und reichte sein Motordreirad zur Patentierung ein, womit er minimal schneller war als Daimler mit seiner Motorkutsche. Der 125. Geburtstag des Automobils ist somit streng genommen nur das Jubiläum der Patentschrift, aber sei es drum: Ohne dieses Patent würden Sie, lieber Leser, vermutlich gerade ein Kochrezept oder den Bericht über das letzte Pferderennen lesen. Autos und damit die individuelle Personenbeförderung würde es nämlich eventuell immer noch nicht geben, wer weiß? Dank der erfolgreichen Entwicklung kann man jedoch hervorragend auf die geleisteten Arbeiten verschiedener Pioniere zurückblicken. Und wo gibt es einen Überblick über die vergangenen 125 Jahre inklusive dem Original des Patent-Motorwagens? Die Antwort mag überraschen.

Es ist nicht etwa Stuttgart, als Stammsitz des Daimler-Konzerns. Auch andere automobil-vorbelastete Standorte im In- und Ausland können sich nicht mit dieser Errungenschaft brüsten. Carl Benz selbst stiftete sein motorisiertes Dreirad 1906 dem Deutschen Museum in München, wo es bis heute dauerhaft ausgestellt ist. Im Rahmen der Jubiläumsfestivitäten natürlich ein guter Grund, um auch das restliche Verkehrszentrum dieses traditionsreichen Museums einmal unter die Lupe zu nehmen. Wer hierzu jedoch auf die Museumsinsel der bajuwarischen Landeshauptstadt fährt, wird enttäuscht: Das Verkehrszentrum befindet sich seit 2003 in den denkmalgeschützten Messehallen auf der Theresienhöhe.

Aufgeteilt nach den Themenschwerpunkten „Stadtverkehr“, „Reisen“ und „Mobilität und Technik“ zeigen die Münchner hier Fahrzeuge aus allen Epochen, wobei durchaus nicht nur der Straßenverkehr beleuchtet wird. Auch Züge, Nutzfahrzeuge, Motorräder und einige Flugzeuge zeigen, inwieweit der Individual- und Güterverkehr in den vergangenen Jahrzehnten und Jahrhunderten weiterentwickelt wurden. Für das CPzine besonders interessant waren in diesem Zusammenhang natürlich die sportlichen und luxuriösen Automobile der Sammlungen. Bereits direkt am Eingang wird man von einer hohen Tribüne begrüßt, auf der allerdings nicht Menschen, sondern Rennfahrzeuge Platz gefunden haben. Neben einem Auto Union Grand Prix-Rennwagen und einigen Motorrädern steht hier auch ein Mercedes-Benz 300 SLR, wie ihn Fangio und Moss bei berühmten Rennen wie der Mille Miglia bewegt haben.

Unweit dieser Aufreihung von erfolgreichen Motorsportfahrzeugen finden sich jedoch auch seltene Straßenautos, wie der 1921 gebaute Rumpler Tropfenwagen. Edmund Rumpler war eigentlich für die von ihm in seiner Fabrik gebauten Flugzeuge bekannt, wollte jedoch die dabei errungenen Aerodynamikerfahrungen auch auf den Automobilbau übertragen. Dadurch entstand ein bis heute faszinierendes, tropfenförmiges Fahrzeug, das seiner Zeit jedoch um Jahrzehnte voraus war und nicht verstanden wurde. Die allermeisten der gebauten Wagen wurden während der Dreharbeiten zum Film „Metropolis“ zerstört. Heute sind die beiden Exemplare, die im Technikmuseum Berlin und im Deutschen Museum in München stehen, die letzten bekannten, noch erhaltenen Fahrzeuge.

Doch auch Nachkriegswagen wie der BMW 507, von dem in den 50er Jahren lediglich 252 Stück entstanden sind, oder der VW Golf 1 GTI haben einen Platz in der großen Sammlung des Verkehrszentrums gefunden. Mit Blick auf die neuzeitlichen Ökodiskussionen endet der Rundblick bei modernen Hybrid- und Elektrofahrzeugen, sowie mit einem Seitenblick auf heutiges Sicherheitsdenken, dargestellt durch Crashtest-Verfahren.

Wer sich für Verkehr zu Lande und in der Luft interessiert und gerne einen Blick über den Tellerrand des Automobils hinaus wirft, ist im Verkehrszentrum des Deutschen Museum durchaus gut aufgehoben. Wenn man im Anschluss daran noch Zeit und Lust für mehr hat, warten im Hauptgebäude auf der Museumsinsel diverse Schiffe oder in der Flugwerft in Schleißheim eine Vielzahl von verschiedenen Flugzeugen auf interessierte Besucher.

Autor und Fotograf: Matthias Kierse