1987 brachte BMW im 750i den ersten V12-Motor in einem deutschen Serienautomobil seit dem Zweiten Weltkrieg auf den Markt. Seitdem sind 25 erfolgreiche Jahre ins Land gezogen. Die Leistungsreserven stiegen von anfangs 300 PS aus fünf Litern Hubraum auf inzwischen 544 PS, die mittels Turboaufladung aus 6 Litern Hubraum geschöpft werden. Damals wie heute ist der 7er mit V12 das Topmodell der Münchener Marke.

BMW V12

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Mit der zweiten 7er Generation rollte auch der erste BMW 750i heran, der unter seiner Haube den ersten Nachkriegs-Zwölfzylinder aus deutscher Produktion trug.

Vor dem Zweiten Weltkrieg zählte Deutschland im automobilen Sektor bereits zur Weltspitze. Nicht nur die Erfindung des Autos hatte hier stattgefunden, auch großartige Spitzenprodukte von Marken wie Mercedes-Benz, Maybach oder Horch fanden weltweit Anerkennung und Käufer. Gerade die großen, repräsentativen Limousinen und Cabrios hatten dabei nicht selten Zwölfzylinder-Triebwerke unter der Haube und galten mithin als Statussymbole. Durch den Krieg und die daran anschließenden Jahre des Wiederaufbaus, war an derart große und großartige Motoren lange Zeit nicht zu denken – zumindest offiziell. Hinter den Kulissen erprobten sowohl Mercedes-Benz als auch BMW bereits in den 70er Jahren neue V12-Motoren, die jedoch nicht den Weg in die Serienfertigung fanden.

Bereits 1972 begann man in München aus zwei zusammengeschraubten Reihen-Sechszylindern einen ersten V12 unter dem Projektcode M33 zu entwickeln. Bei 60 Grad Zylinderwinkel, moderner Einspritzanlage anstelle von Vergasern und einem Gesamthubraum von 5 Litern kam das Triebwerk auf 300 PS, als es 1974 erstmals auf dem Prüfstand lief. Allerdings wurden weitere Entwicklungen an diesem V12 allein schon aus Gewichtsgründen recht schnell eingestellt: Der Motor brachte stolze 315 Kilogramm auf die Waage. Es folgte M66 auf Basis der kleineren Sechszylinder-Aggregate, was zu einem V12 mit Hubräumen zwischen 3,6 und 4,5 Litern führte. Die größte Variante war immerhin 40 kg leichter, dabei jedoch auch 25 PS schwächer als der M33-Motor. Aufgrund der Ölkrise wurde von einer Serienfertigung jedoch ebenfalls Abstand genommen.

Anfang der 1980er Jahre begann die Erprobung der zweiten BMW 7er-Generation und erstmals wurde ernsthaft über einen V12 als Spitzenmotorisierung nachgedacht. Diesmal sollte der Motor jedoch nicht aus zwei Sechszylindern zusammengefügt werden, sondern von Grund auf neu entwickelt werden. Von Dezember 1982 bis Oktober 1983 liefen die Planungen und Entwicklungen am Reißbrett, dann lief der erste Prototypenmotor auf dem Prüfstand – samtweich, wie man es bis heute vom BMW V12 kennt. Auch die Fachpresse hatte Wind davon bekommen, dass in München erstmals nach dem Zweiten Weltkrieg ein Zwölfzylinder in ein Serienfahrzeug verbaut werden sollte. Man sprach von Techniken aus dem Flugzeugbau und ging sogar soweit, die Leser mit Nachrichten wie: „Das Triebwerk besitzt sogar zwei Lambdasonden und würde, bei einem Ausfall der Hälfte seiner Kapazität, sogar mit sechs Zylindern noch über 200 fahren.“ auf den kommenden 7er mit V12 vorzubereiten. Die deutsche Autoindustrie war offenkundig wieder zurück an der Weltspitze.

Als im Februar 1987 schließlich erste Fakten von BMW veröffentlicht wurden, wusste man auch endlich, was „angemessene Leistung“ bedeutet: Der neue 750i würde 300 PS (221 kW) und 450 Newtonmeter Drehmoment aus fünf Litern Hubraum schöpfen, was nicht nur auf den ersten Blick an den M33 erinnert, den wir weiter oben bereits erwähnten. Allein diese Ankündigung führte bereits zu mehr als 3.000 Vorbestellungen, bevor das fertige Fahrzeug einen Monat später erstmals auf dem Genfer Salon präsentiert wurde. Gegenüber den Sechszylindermodellen unterschieden sich 750i und 750iL durch eine breitere Kühlerniere an der Front und zwei Vierkant-Endrohre am Heck – Details, die von Autofans direkt aufgesogen wurden. Die Serienausstattung mit heute so selbstverständlichen Dingen wie einem Bordcomputer war vor 25 Jahren der Zeit weit voraus. Gleichzeitig war der 750er das erste Fahrzeug, bei dem die „freiwillige Selbstkontrolle“ der Automobilhersteller griff: Aus Rücksicht auf die damals aktuelle Reifentechnik verabredete BMW mit Mercedes-Benz und Audi eine Limitierung der Höchstgeschwindigkeit auf 250 km/h. Ohne elektronische Begrenzung wären mehr als 270 km/h machbar.

Nach rund 50.000 Exemplaren der ersten V12-Generation kam im Herbst 1994 der zweite 750i auf den Markt. Auch er war optional wieder mit langem Radstand erhältlich. Der Motor wuchs auf 5,4 Liter Hubraum heran und erreichte nun 240 kW/326 PS bei gleichzeitig um rund 13% gesenkten Verbrauchswerten. Die Beliebtheit des Vorgängers konnte jedoch nicht ganz gehalten werden: Nach rund 24.000 750ern kam 2001 der nächste Modellwechsel. Mit dem E65 und E66 rollte nun der bis heute am meisten diskutierte 7er heran. Nicht nur das neuartige iDrive-Bedienkonzept im Innenraum ist dabei Stein des Anstoßes, auch und vor allem das kontroverse Design führte bereits zur Markteinführung zu langanhaltenden Diskussionen. Das Topmodell 760i und 760Li erhielt einen nunmehr sechs Liter großen V12 mit Benzindirekteinspritzung und 327 kW/445 PS. Auch hier war BMW erneut Vorreiter: Benzindirekteinspritung hatte es vorher noch nie an einem Serien-Zwölfzylinder gegeben.

Seit 2009 gibt es nun bereits die vierte Generation des V12-Triebwerks im aktuellen 7er BMW. Hinter dem Kürzel N74 verbirgt sich ein Twin-Turbo-Aggregat mit Benzindirekteinspritzung und stufenlos verstellbarer Nockenwelle, das aus sechs Litern Hubraum 400 kW/544 PS schöpft. Dank Achtgang-Automatik ist nicht nur für eine hohe Effizienz gesorgt, sondern auch für kurze Sprintzeiten. So vergehen aus dem Stand auf Tempo 100 lediglich 4,6 Sekunden. Noch immer hält sich BMW dabei an die vor 25 Jahren getroffene Vereinbarung und regelt die Höchstgeschwindigkeit bei 250 km/h elektronisch ab.

Mit jeder der bislang vier Zwölfzylinder-Generationen hat BMW in der Oberklasse neue Maßstäbe gesetzt und jeweils Ausstattungsdetails eingeführt, die sich Jahre später erst in anderen, deutlich kleineren Modellen wiederfanden. Auch die beiden anderen großen deutschen Hersteller sind auf den V12-Zug aufgesprungen, jedoch erst deutlich später: Mercedes-Benz 1991 mit der S-Klasse und Audi sogar erst 2001 mit dem A8 W12. Selbst Volkswagens Phaeton konnte man zwischen 2002 und 2011 mit dem W12-Triebwerk ordern. Bei BMW gab es neben der klassischen 7er Limousine einzig in den 90er Jahren im 8er Coupé die Möglichkeit, einen V12 zu bestellen, während Mercedes-Benz mit dem S-Klasse Coupé (heute CL), dem SL und der G-Klasse die Möglichkeiten ausgeweitet hat, um 12 Zylinder unter der Haube zu haben. Audi blieb und bleibt wohl einzig beim A8, wenn es um Benzinmotoren geht, bot jedoch daneben bis vor wenigen Monaten noch einen V12-Turbodieselmotor im Q7 an. Bei Volkswagen gab es kurzzeitig immerhin einige wenige Exemplare der ersten Touareg-Generation als W12 zu bestellen.

Wie wird es in Zukunft mit dem deutschen Zwölfzylindermotor weitergehen? Diese Frage ist nicht so einfach zu beantworten. Zwar lässt sich durch Verkleinerung des Hubraums und gleichzeitige Anbringung von Turboladern der Verbrauch ein wenig reduzieren, aber ob dies dem wachsenden Umweltdenken der heutigen Zeit noch lange gerecht werden kann, bleibt abzuwarten. Somit verwundert es auch nicht wirklich, dass BMW anlässlich der 25 Jahre V12 zwar ein Sondermodell des aktuellen 760ers auflegte, dies jedoch exklusiv und ausschließlich auf dem US-amerikanischen Markt anbot. Dort war es binnen weniger Tage restlos ausverkauft. Hierzulande hätte man sich von der Fachpresse, die den V12 vor 25 Jahren noch lautstark feierte, vermutlich anhören müssen, dass ein solches Triebwerk nicht mehr zeitgemäß sei. Traurige Zeiten für Autofans.

Quelle: BMW

Autor: Matthias Kierse