Wenn in Wolfsburg verrückte Ideen in die Realität umgesetzt werden, kommt soetwas wie der Golf GTI dabei heraus. Werden jedoch die verrückten Einfälle im Zweigwerk in Mexiko verwirklicht, sieht das Ergebnis so aus, wie der VW New Beetle RSI. Dieses auf 250 Exemplare limitierte, 225 PS starke Fahrzeug bildete zum Einen die Basis für den Beetle Cup, ist jedoch zum Anderen ein bis heute fast unentdecktes Sammlerfahrzeug mit Tendenz zum Klassiker.

VW New Beetle RSI

Bild 2 von 4

Tragen Sie, meine Dame, Stöckelschuhe mit Rollschuh-Funktion? Und Sie mein Herr, hat das Geldfach in ihrem Portmonee eine Geldscheinbeleuchtung? Nein? Dann sind Sie tendenziell kein New Beetle RSI-Fahrer. Wie ich darauf komme? Nun, wie sonst soll man einen braven Mittelklassewagen beschreiben, dem Aerodynamikbauteile wie aus dem Rennsport wachsen? Und das auch noch offiziell ab Werk und nicht als Ausgeburt eines jugendlichen Alptraumes.

Der Volkswagen New Beetle RSI gehört aufgrund seiner Optik bis heute zu den unverstandenen Autos dieser Welt und stellt sich somit in eine Reihe mit Wagen wie dem Mercedes-Benz 190 E Evo II, dem Opel Lotus Omega oder der breiten Reihe von Mitsubishi Lancer Evos und Subaru Impreza WRX, die aufgrund ihrer riesigen Flügelwerke in der noblen Reihenhaus-Vorort-Siedlung ungefähr so beliebt sind, wie der Punker-Freund der 15-jährigen Tochter. Mit einem kleinen Unterschied: Bis auf den RSI haben die genannten Modelle alle eine wachsende Fangemeinde.

Was genau die Autofans daran hindert, den New Beetle RSI in ihr Herz zu schließen, ist schwer zu sagen. An den technischen Details kann es eigentlich nicht liegen. Unter der Rohrkarosse des Beetle pocht ein 3,2 Liter großer VR6-Motor, der es auf 165 kW/225 PS bringt. Diese werden über ein Sechsgang-Schaltgetriebe auf alle vier Räder übertragen. Der übliche Sprint auf 100 km/h ist in 6,4 Sekunden erledigt, die Tachonadel bleibt schließlich bei maximalen 225 km/h stehen. Damit zählt der RSI zwar nicht zu den schnellsten Sportfahrzeugen der Welt, ist für seine Motorleistung allerdings schon recht ordentlich unterwegs.

Vor allem, wenn man bedenkt, dass der Wagen weiterhin als 2+2-Sitzer unterwegs ist. Volkswagen spricht zwar offiziell von einem vollwertigen Viersitzer, für Personen jenseits der 1,60 Meter Körpergröße ist ein Aufenthalt auf der Rückbank auf längeren Strecken jedoch eher nicht empfehlenswert. Darüber hinaus ist der Zugang in die zweite Reihe durch die sportlichen Schalensitze äußerst kompliziert, da diese sich nur vor und zurück bewegen lassen, die Lehne jedoch feststeht. Gegenüber seinen Serienbrüdern ist der RSI im Innenraum mit Leder in tropic-orange ausgeschlagen. Abgesetzt wird es an verschiedenen Stellen durch anthrazitfarbenes Alcantara und Carbon-Zierteile. Auch die Tachoeinheit erhielt ein gänzlich neues Aussehen und beinhaltet neben Drehzahlmesser, Tachometer und ähnlichem auch eine Schaltpunktanzeige. Dort, wo im normalen Beetle das Radio verbaut ist, findet man im RSI Zusatzinstrumente für Bordspannung, Öldruck und Öltemperatur. Die Bedieneinheit des Audiosystems wanderte in den Dachhimmel. Der kernig klingende VR6 wird mittels einer Taste in der Mittelkonsole zwischen Schalt- und Handbremshebel zum Leben erweckt.

Damit könnten die meisten Zeitgenossen vermutlich noch gut leben. Was störend wirken kann und es offenbar auch tut, ist die ungewöhnlich Optik des Fahrzeugs. Schon der normale New Beetle ist ein Auto, das entweder Bewunderung oder Desinteresse verursacht. Spannt man nun an diesen Wagen 86 Millimeter breitere Kotflügel, eine fast schon grinsende Frontschürze, einen Dachspoiler, einen Biertheken-großen Heckflügel, sowie eine Heckschürze mit integriertem Diffusor und garniert das ganze noch mit 18 Zoll großen Leichtmetallrädern und 235/40er Michelin-Reifen, so ist die Anzahl der Interessenten für ein solches Fahrzeug äußerst überschaubar.

Das ahnte Volkswagen freilich schon, als sie den New Beetle RSI 2001 auf die Menschheit losließen. Sie limitierten den Megakäfer auf 250 Einheiten weltweit. Allerdings tat spätestens der Preis sein übriges, um den RSI zum Ladenhüter zu degradieren: Rund 127.000,- DM wollte der freundliche VW-Händler auf sein Konto überwiesen haben, um sich vom geflügelten Allradler zu trennen – das sind in heutigem Geld immerhin rund 64.950,- €. Auch die Tatsache, dass der seriennahe Prototyp der RSI in einem rassigen Blau lackiert war, während die Serienfahrzeuge hernach nur in Silber metallic geordert werden konnten, mag mancheinem als Kritikpunkt sauer aufgestoßen sein.

Immerhin sorgt die damalige Preispolitik dafür, dass man heute zuschnappen sollte, wenn man ein seltenes, sogar limitiertes Fahrzeug mit Skurrilitätsgarantie und Exotenbonus sucht, das a) nicht jeder hat und das b) mit ziemlicher Sicherheit bald im Wert steigen wird. Momentan liegt der Einstiegspreis je nach Pflegestufe und Laufleistung des Fahrzeugs zwischen rund 25.000,- und 40.000,- €. Zweifelsfrei viel Geld für einen New Beetle, aber sehen Sie den Wagen einmal von der anderen Seite aus: Wo erhalten sie sportliche Optik, im Motorsport erprobte Technik und wintertauglichen Allradantrieb in einem einzigen Auto und das dann auch noch mit laufender Limitierungsnummer? Der New Beetle RSI mag unverstanden sein, aber er ist definitiv auch unnachahmlich.

Nur ein Exemplar des New Beetle RSI bekommt man weder für Geld, noch für gute Worte: Im Jahr 2003 baute Volkswagen ein RSI Cabrio auf, das über die gleichen Leistungsdaten wie die geschlossene Version verfügt. Dieser Wagen verbleibt jedoch in der Werkssammlung und wird allenfalls zu besonderen Anlässen oder Oldtimer-Messen wie der Techno Classica einmal hervorgeholt.

Quelle: Volkswagen

Autor: Matthias Kierse