Wer bei Wiesmann in Dülmen eine verstaubte alte Fabrikhalle irgendwo im Industriegebiet und ein paar gelangweilte Schrauber erwartet, sollte den Weg ins Münsterland dringend sofort antreten. Das absolute Gegenteil erwartete das Carpassion.com-Team heute beim Spontanbesuch. Nur schade, dass wir unser Lieblingsmodell am Ende nicht mitnehmen durften, aber was nicht ist kann bekanntlich noch werden.

Wiesmann - Inside of the Gecko

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Wir hatten schon eine gewisse Erwartungshaltung, als wir in Dülmen auf den Hof von Wiesmann fuhren, aber dass diese Erwartungen derartig übertroffen werden konnten… Doch von vorn. Erstmal, wer ist „wir“? Wir sind Thomas Ollenik, im Forum als TPO bekannt, mein bester Kumpel Michael Müller (im Forum unter NicksB zu finden) und meine Wenigkeit, im Forum der netburner, aber das weiß ja eh jeder.
Wie kam es dazu, dass wir drei in Dülmen bei Wiesmann auftauchten? Das weiß wohl niemand so genau, mancher würde es als „gaskrank“ definieren, andere als „völlig verrückt“. Wie auch immer, jedes Urteil wird wohl stimmen. Wir haben uns kurzfristig auf den Weg gemacht und waren nun also dort. Also auf und rein in den Gecko. Wie jetzt, rein in den Gecko? Tierquälerei oder was? Nein, keine Panik, der WWF muss nicht angerufen werden, die Greenpeace-Demo vor meiner Haustür darf auch wieder abgesagt werden, nichts dergleichen ist der Fall. Wiesmann hat sich Anfang 2008 ein neues Manufaktur-Gebäude gegönnt und auf diesem Gebäude hat sich ein überdimensionaler, begehbarer Gecko aus Glas und Holz niedergelassen, durch dessen Maul man in den Showroom eintritt. Alles klar? Gut.

Kaum drei Schritt im gut gefüllten Showroom wurden wir bereits vom freundlichen Wiesmann-Team Willkommen geheißen. Eine kurze Vorstellungsrunde später durften wir wieder einmal feststellen, welch gute Meinung über unser Forum Carpassion.com an vielen Ecken vorherrscht, denn uns wurde direkt angeboten, alles, was wir sehen könnten, auch fotografisch festzuhalten. Und dazu zählten ausdrücklich auch die Fertigungsstraßen und Arbeitsbereiche, wie uns auf mehrmalige Nachfrage immer wieder beteuert wurde.

Naja, wenn man schon überall, außer in der Forschung und Entwicklung (verständlich), Zutritt hat, dann schaut man sich doch auch um. Wiesmann hat wirklich nichts zu verbergen. Im Gegenteil, auf solch aufgeräumte Arbeitsplätze könnte manch andere Fabrik stolz sein.

„Geboren“ wird so ein Wiesmann natürlich in den Träumen seines zukünftigen Besitzers. Die kompetente Mannschaft in Dülmen hilft dann anhand von Farbwänden, Lederproben und verschiedenen Garnfarben für die Kontrastnähte, den eigenen Wiesmann so nah wie möglich an den Traumwagen heranzubringen oder den Traum gar zu überbieten. Theoretisch ist es möglich, jede Kontrastnaht in einer anderen Farbe zu bestellen, was zwar ein unheimlicher Arbeitsaufwand ist, aber für den Kunden gerne gemacht wird. Nach erfolgtem „Go“ durch den Käufer geht die Produktion los. Während die Sattler sich an die gewünschten Kuhhäute und Nahtfarben machen und damit das Armaturenbrett, den Mitteltunnel und die Sitze einkleiden, machen sich zwei Mitarbeiter daran, das gewünschte Modell aufzubauen, seie es ein MF3 Roadster, ein MF4 GT, ein MF4 Roadster, ein MF5 GT oder einer der limitierten MF5 Roadster. Diese zwei Mitarbeiter sind dann individuell für das jeweilige Fahrzeug zuständig, von der ersten bis zur letzten Schraube. So kann nachher ganz klar nachgewiesen werden, wer für den eigenen Traumwagen verantwortlich war.

In der GFK-Abteilung werden die Karosserieteile gefertigt, angepasst und in Form geschliffen, um sie dann an die Lackiererei weiterzugeben. Zeitgleich entsteht das Chassis, das beim MF3 Roadster aus einem Edelstahl-Gitterrohrrahmen und bei den anderen Modellen aus zwei durch den Mitteltunnel verbundenen Monocoques besteht. Über die Fertigungsstraßen hinweg konnte man sehen, wie die Autos langsam immer weiter zusammenwachsen, vom im Haus individuell angefertigten Kabelbaum über die Motor- und Getriebeeinheit aus Bayern bis hin zu den eigenen vier Rädern.

Natürlich muss auch Wiesmann Crashtests durchführen, um die Zulassungsanforderungen zu erfüllen. Davon zeugte ein MF5 GT Crashtestfahrzeug, bei dem nach einem erfolgreichen Crashtest sogar noch das Dach abgeschnitten wurde. Ein trauriger, aber notwendiger Schritt, um die Sicherheit für die Kundenfahrzeuge zu gewährleisten.

Apropos Kundenfahrzeuge: 814 „kleine“ Roadster (MF25, MF28, MF30 und MF3), 239 MF4 GT, 20 MF4 Roadster, 44 MF5 GT und 2 MF5 Roadster haben bislang die Dülmener Manufaktur verlassen, weitere stehen momentan, wie beschrieben, auf dem Band.

Vor Ort werden auch Kundenfahrzeuge gewartet und repariert, denn obwohl die „Wiesel“ wie das Wappentier, der Gecko, auf der Straße kleben, kommt es doch ab und an zu ungeliebten Kaltverformungen der dritten Art.

Im Showroom finden sich junge und alte Wiesmänner in allen Farben und Konfigurationen, die potenziellen Kunden einen guten Einblick in die Möglichkeiten der Individualisierungen geben, die vom Dülmener Sportwagenhersteller ermöglicht werden.

Für Menschen, deren Geldbeutel (noch) nicht für einen Wiesmann im Maßstab 1/1 reicht, gibt es im hauseigenen Shop neben T-Shirts, Schlüsselanhängern und anderen Accessoires auch Modellautos, um sich wenigstens einen Wiesmann auf den Schreibtisch stellen zu können.

Vielen Dank an die super motivierte und motivierende Truppe in Dülmen, wir kommen gern wieder, wenn wir dürfen!

Autor: Matthias Kierse

Fotografen: Thomas Ollenik und Matthias Kierse (je 6)