Aus Großbritannien rollte vor 50 Jahren ein zweisitziger Sportwagen heran, dessen Namen zur Haupteigenschaft passte: Der Lotus Elan war durchaus elan- und kraftvoll. Aus heutiger Sicht mögen 105 PS nicht mehr ausreichen, um die Sportwagenqualifikation zu schaffen, damals sorgten sie in Kombination mit absolutem Leichtbau für 190 km/h Topspeed und exorbitante Fahrdynamik. Auch auf der Rennstrecke konnte sich der Lotus Elan sehen lassen.

Lotus Elan

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Klein, rassige Linienführung und offen für zwei Personen: Der Lotus Elan begeisterte ab 1962 weltweit die Sportwagenfans.

Wenn jemand bereits als Student der Technischen Universität in London beginnt, seine eigenen Autos zusammenzubauen und bereits zu diesem Zeitpunkt höchsten Wert auf effizienten Leichtbau legt, dann wäre ein Aufstieg in die höchsten Klassen des Motorsports wohl selbst in der heutigen Zeit absehbar. Anthony Colin Bruce Chapman war ein solcher Überflieger, gründete nach dem zweiten Weltkrieg seine eigene Automobilfirma und konnte mit seiner rasenden Zigarre, dem Lotus Seven, erste Verkaufserfolge feiern. Dies lag auch daran, dass die englischen Kunden den Wagen als steuerlich begünstigten Bausatz zum selbst zusammenbauen kaufen konnten. 1962 zeigte Chapman dann, dass er durchaus auch in der Lage war, „ganze Autos“ zu bauen. Mit dem von Ron Hickman gezeichneten Lotus Elan gelang ihm definitiv ein großer Wurf. Der Wagen wirkt bis heute keinesfalls altbacken.

Die Karosserieform des Elan darf sogar als wegweisend betrachtet werden, diente sie doch in den 1980er Jahren den Designern des Mazda MX-5 als Vorlage, um die Roadster-Kategorie im Automobilmarkt wiederzubeleben. Der nur 1,14 Meter hohe Wagen kam ursprünglich als reiner Roadster auf den Markt, wurde 1965 mit Einführung der dritten Bauserie (leichte Modellpflege und mehr Motorleistung) jedoch um ein zweisitziges Coupé ergänzt. Vier Jahre später kam mit dem Elan Plus 2 ein weiteres Coupé mit einer 2+2-Sitzverteilung und 31 Zentimetern mehr Radstand hinzu – eigentlich nur, weil Colin Chapman zum Transport seiner Kinder mehr Platz brauchte. Alle Varianten verfügten über einen x-förmigen Zentralrohrrahmen aus Stahl. Zwischen den vorderen Rohren befinden sich Motor und Getriebe, in GfK-Mulden sitzen seitlich die beiden Sitze und am Heck wurde die angetriebene Hinterachse zwischen den Rohren untergebracht.

Für den Antrieb des Elan überarbeitete Lotus den Motor des Ford Cortina, indem man einen neuen Zylinderkopf mit halbkugelförmigen Brennräumen und zwei obenliegenden Nockenwellen entwickelte und verbaute. In der nur sehr kurz gebauten Serie 1 hatte der Elan 1,5 Liter Hubraum, ab der Serie 2 waren es 1,6 Liter. Dieses so veredelte Triebwerk arbeitete später auch im Lotus Cortina, der auf den britischen Inseln bis heute Kultstatus hat. Anfänglich entwickelte der Motor 77 kW/105 PS, was dank des niedrigen Gesamtgewichts von lediglich 580 bis 670 Kilogramm (je nach Ausführung des Wagens) für ein Spurtvermögen von 0 auf 100 km/h in 7,9 Sekunden ausreichte.

Im Laufe der Jahre verstand Lotus es, den Elan stets aktuell zu halten. Mit dem Wechsel auf die Serie 3 kam 1965 nicht nur das Coupé neu hinzu, der Motor wurde zusätzlich auf 85 kW/116 PS gebracht. Die Serie 4 erhielt drei Jahre später neu gestaltete Kotflügel, eine gewölbte Motorhaube, sowie ein neu gestaltetes Interieur und mit dem 1971 eingeführten Elan Sprint wurde die Elan-Baureihe würdig abgeschlossen. Sein 1,6 Liter-Vierzylindermotor bringt es auf 93 kW/126 PS. Hartgesottene Fahrer erreichten auf langen geraden Autobahnabschnitten bis zu Tempo 190. Dabei konnten sie mit den damals topmodernen Klappscheinwerfern die Straße ausleuchten oder den Passanten am Straßenrand zuwinken.

Der Elan traf mit seinem Design den Zeitgeist der 60er Jahre voll und ganz. So ist es kein Wunder, dass der Wagen nicht nur als Inspiration für den Text des Beatles-Hits „A Day in the Life“ diente und mit Jimi Hendrix auf der Motorhaube das Titelblatt einer Illustrierten zierte, sondern in der Fernsehserie „The Avengers“ (in Deutschland: „Mit Schirm, Charme und Melone“) die Schauspielerin Diana Rigg zur Berühmtheit machte – Kritiker mögen jetzt anmerken, dass dafür eventuell auch ihr eng geschneidertes schwarzes Leder-Outfit verantwortlich war, aber wir wollen ja nicht kleinlich sein. Wie bereits den Seven gab es auch den Elan immer noch wahlweise als Komplettfahrzeug oder steuerlich begünstigten Bausatz. Das Kitcar war jedoch deutlich schneller zusammengesetzt als vorher der Seven. Während jener noch in vielen Kleinteilen zum Kunden gelangte, waren es beim Elan nur noch wenige Handgriffe, die aus den angelieferten Kisten ein vollwertiges Auto machten – die Arbeitszeit hierfür ließ sich in ein normales Wochenende packen.

Insgesamt entstanden 17.392 Elan, davon 4.798 Plus 2. Auf Rennstrecken und Landstraßen gab es zur damaligen Zeit in seiner Hubraumklasse keine ernstzunehmenden Gegner und selbst heute finden sich diverse originale oder nachgebaute Typ 26R (die Werksrennversion des Elan Roadster) auf den Rennstrecken dieser Welt im harten Kampf mit gleichaltrigen und zum Teil jüngeren Fahrzeugen wieder. Ende der 1980er Jahre belebte Lotus den Namen Elan wieder, konnte mit dem nun frontgetriebenen und ein wenig fett gewordenen Enkel jedoch keine großen Erfolge feiern. Das Konzept wurde an Kia verkauft, wo der Wagen noch ein Jahr lang als Kia Elan gebaut wurde. Im Rahmen des letzten Pariser Autosalons und der dort vorgestellten Lotus-Neuheiten für die kommenden Jahre wurde erneut ein Elan ins Rampenlicht gerollt. Ob und wann dieses Fahrzeug jedoch seinen Weg auf die Straße finden wird, steht nach den aktuellsten Ereignissen und dem Rausschmiss von Lotus-Boss Andy Bahar erst einmal in den Sternen.

Davon unbeeindruckt kostet unser Jubilar, der Ur-Elan, mittlerweile in gutem Zustand zwischen rund 30.000,- € (Serie 3) und rund 70.000,- (Serie 1), mit Renngeschichte und als nachweislich echter Typ 26R gar noch mehr. Wer sich die Gelegenheit nicht entgehen lassen möchte, den Elan im Feld seiner damaligen Konkurrenten auf der Nordschleife zu erleben, sollte zum Oldtimer Grand Prix im August anreisen. Beim AvD-Historic-Marathon werden am Freitag, 10. August 2012, um 14:30 Uhr bis zu 150 Klassiker gleichzeitig auf die 20,83 Kilometer lange Rennstrecke geschickt. Dieses Jahr könnte man die Veranstaltung als würdige Geburtstagsfeier für den kleinen Briten ansehen – zumindest auf deutschem Boden, denn die Briten haben ihm bereits beim Goodwood Festival of Speed gehuldigt.

Quelle: Lotus

Autor: Matthias Kierse