Sportwagen und Mittelklasselimousine in einem, das schien bis 1984 niemand zu brauchen. Zumindest wollte sowas keiner bauen, da waren sich alle Hersteller einig. Es gab gut motorisierte Luxuslimousinen und große Sportcoupés, aber das hohe Gewicht und die üppigen Dimensionen liessen bestenfalls entspanntes Kilometerfressen auf der Autobahn zu. Und dann kam der Knall aus München, der erste BMW M5.

BMW M5 E60

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Es gab seit Anfang 1984 den BMW M 535i, BMWs Antwort auf den Mercedes-Benz 190E 2.3-16. Ein Auto, so seriös wie ein Vorwerk-Vertreter im Trainingsanzug. Ein auffälliger Rundumspoilersatz sollte die erst zwei Jahre alte, aber trotzdem schon leicht angejahrt wirkende Karosserieform des 5ers auf jungdynamisch trimmen. Es ging daneben. Die Kritiken waren deutlich, so hatte man sich eine sportliche Limousine von BMW nicht vorgestellt.

Umso überraschender war die Art, wie BMW diese Kritik offensichtlich wahrgenommen und beherzigt hat. Für das Modelljahr 1985 wurde der M5 vorgestellt. Mit beherztem Griff in den Baukasten zog man das aus M1 und M 635 CSi bekannte M88 Vierventil-Aggregat heraus und verpflanzte es in die Karosserie des E28. 210 kW/286 PS waren damals ein Wort. Der stärkste Mittelklässler mit Stern auf der Haube bot als 300E 140 kW/190 PS, Audi konnte die 200 Limousine mit maximal 134 kW/182 PS liefern. Die Höchstgeschwindigkeit des M5 lag bei „nur“ 245 km/h, verschuldet durch die Aerodynamik einer Schrankwand, schneller war aber trotzdem keine andere Serienlimousine.

Der Clou war aber weniger die Leistung, vielmehr verblüffte die dezente Art, wie dieser 5er daherkam. Man musste sich schon gut mit den Autos aus Bayern auskennen, um einen M5 ohne Schriftzüge von einem 520i oder 524td unterscheiden zu können. Vor allem die frühen Modelle hatten serienmässig weder Spoiler noch Räder, die es nicht auf Wunsch auch für die anderen 5er gegeben hätte. Dafür trugen einige M5 E28 den Pelz nach innen. Da die Produktion nicht auf dem BMW-Fliessband, sondern bei der BMW Motorsport GmbH weitgehend in Handarbeit erfolgte, konnte man auch Sonderausstattungen ausserhalb des normalen Angebots bestellen. Beispielsweise gab es gegen entsprechenden Aufpreis Buffaloleder bis zum Abwinken, inklusive komplett beledertem Armaturenbrett, Dachhimmel und sogar Teilen des Kofferraum und des Handschuhfachs.

Von Oktober 1984 bis November 1987 wurden 2.241 M5 E28 gebaut. Es hätten sicher einige mehr werden können, wenn BMW sich zu einer Katalysator-Variante für Europa durchgerungen hätte. Die größte Verbreitung fand der BMW M5 in den USA. BMW war offensichtlich mit den Absatzzahlen zufrieden, vielleicht sogar positiv überrascht. Alle nachfolgenden 5er gab es auch als M5. Der E34 hatte anfangs 232 kW/315 PS, später gar 250 kW/340 PS. Auch eine Kombivariante mit dem für die Bayern bekannten Namen touring gab es. Leider nur als Limousine folgte das Kapitel M5 E39 mit neuem V8-Motor und 294 kW/400 PS. Die Kombiversion war serienreif entwickelt, aber vom Vorstand abgelehnt worden, da kein Markt dafür vorhanden sei. Der aktuelle M5 legte nochmals zwei Zylinder und 107 PS zu. Mit seinem hochdrehenden V10-Motor, der 373 kW/507 PS auf den Asphalt brennt, ist er wieder als Limousine und Touring im Angebot.

Einfluss hatte der M5 auch auf die Konkurrenz. Ob es einen Mercedes 500E gegeben hätte, wenn BMW nicht gezeigt hätte, dass es für solche Autos einen Markt gibt? Heute sind hervorragend motorisierte Limousinen mittlerer Größe fest in die automobile Landschaft integriert. Während der Slogan „der Erste seiner Art“ im Falle des BMW 5er GranTurismo etwas bemüht wirkt – für den ersten M5 hätte er gepasst wie die Faust auf’s Auge. Wer hätte vor 25 Jahren vermutet, dass diese unscheinbare Limousine mit inneren Werten eine neue Fahrzeuggattung begründet?

Und heute? Glücklicherweise sind relativ viele frühe M5 bereits in guten Händen. Ein günstiger Geheimtipp ist er schon lange nicht mehr. Auch das Schicksal vieler in die Jahre gekommener Limousinen, als Organspender den Mehrtürertod für technisch baugleiche, jedoch meist begehrtere Zweitürer zu sterben, dürfte nur wenigen M5 der ersten Generation blühen. Frühe M5 sind unter Fans genauso gefragt wie der M 635 CSi. Besonders beliebt sind Fahrzeuge mit übervollem Lederinterieur. Wer heute einen optisch zurückhaltenden Youngtimer sucht, den auch moderne Sportwagen nicht so leicht abschütteln können, der wird um einen M5 der ersten Serie kaum herum kommen.

Bildquelle: BMW Presseserver

Autor: Lutz Abel