Jump to content
EUROPAS GROßE
SPORTWAGEN COMMUNITY

Explosion in Atomkraftwerk Fukushima


gecko911

Empfohlene Beiträge

Geschrieben
Hallo?

Nur mal zum Mitschreiben.

Es gab 2-3 Diesel-Notstromer. Die hat der Tsunami aber nach <1 Stunde weggespuelt oder

kurzgeschlossen. So wie die Struktur nur bis Erdbeben bis 8.2 ausgelegt war, war auch der Hochwasser-Schutz nur bis so und soviel Meter - und es kamen halt mehr.

Immerhin hatten sie ACHT Stunden Batterien. See above, >10MW "wegkuehlen" macht man nicht mit'm Stromer-von-Obi. Die Pumpen dazu sind so fett, da braucht man nichtmal was von "Umarmung" probieren. (1m Schaufeldurchmesser geschaetzt).

Dafuer ACHT Stunden Batterie-Kapazitaet zu haben ist schon fast weise.

Gretchenfrage: wieviel in DE? Antwort: ZWEI Stunden.

Bitte informiere Dich mal grundlegendst, bevor Du hier so einen Aufriss machen, dass die in Japan da keinen blassen Dunst von der Materie haetten.

Die so wohlgeruehmten 70er-Meiler in DE stehen bedeutend schlechter da.

Sorry Captain Obvious, bin kein Atomphysiker oder Experte auf dem Gebiet, und das letzte mal als ich nachgeschaut hab' war das hier auch noch kein Forum über Atomkraftwerke ;)

Kann gut sein das auch dieselbetriebene Notstromaggregate vor Ort waren, in den Medien (jaja ich weiß, die Medien ... nicht die zuverlässigste Informationsquelle) hat man bis jetzt allerdings immer gehört das es nur Batterien gab.

Und zu unseren "wohlgerühmten" 70er Jahre Meilern ... 1. Stammt ein Großteil der noch betriebenen Meiler "immerhin" aus den mittleren, späten 80ern ... und zweitens bauen wir keine Atomkraftwerke mitten in den Ring of Fire bzw. Feuerring, eines der am meisten von Erdbeben heimgesuchte Gebiet der Welt. Ich weiß, die KKW in Japan sind bis zu einer bestimmten Stärke gegen Erdbeben gewappnet. Aber eben nur bis zu einer bestimmten. Und ein KKW welches "nur" gegen Beben einer Stärke von bis zu 8.3 gerüstet ist in ein Gebiet in dem auch Beben der Stärke >9 alle paar Jahrzente mal vorkommen können zu setzen ist hirnrissig. Zudem auch noch direkt am Meer, in ein Gebiet welches, aufgrund der Beben, extrem durch Tsunamis gefährdet ist. Da war es nur noch eine Frage von wann, nicht ob es zu einer Katastrophe wie der jetztigen kommt. Soviel zu "dass die in Japan keinen blassen Dunst von der Materie haben". Den wer ein Kernkraftwerk in so ein Gebiet baut der HAT meiner Meinung nach keinen Dunst von der Materie bzw. den Gefahren. Tepco war, wie viele andere, auch in Deutschland, einfach nur Profitgeil.

Jetzt registrieren, um Themenwerbung zu deaktivieren »
  • Antworten 361
  • Erstellt
  • Letzte Antwort
Geschrieben

Ach, und Isar I wird nun "minimal" betrieben. D.h., man will die nutzbare Energie - sagen wir mal 10% - zur Deaktivierungs-Kuehlung nutzen. Sonst muesste man ja Strom von "woanders" nehmen.

Das nenn ich mal "Abschalten" -- und schon wurde politisch der erste Kniefall gemacht. (hups...)

Geschrieben

aeon: Du hast das leider immer noch nicht verstanden.

Die KKW werden im Sinne der lokalen Bedrohung gebaut. Nur weil die Japaner ein KKW mit maximal 8.2 in die Landschaft stellen, heisst das noch lange nicht, dass auch "unsere" KKW sowas vertragen. Ganz im Gegenteil.

Da wird IMMER minimalistisch gerechnet.. informier Dich selber mal, wieviel "DEIN" KKW vertraegt - und dann schau mal, was historisch (bzw palaentologisch schon nachgewiesen!!!) aufgetreten ist.

Du wirst erkennen, dass die 8.2 eine rein wirtschaftliche Entscheidung waren - und nicht "hirnrissig".

Hier in DE stehen KKW, die koennen keine 6.0 "ab", aber stehen in Bereichen, die schon 6.2-6.3 "gesehen" haben. Bitte merken, das ist kein "bloss 0.1 mehr".

Flutwellen gleichzeitig? Kein "station blackout"? Naja.. es gab sogar schon zu "schwarz(gelben)" Zeiten Studien des Bundeskanzeleramts die aehnliche MOEGLICHE Faelle skizziert haben.

Ein KKW braucht Strom - da beisst die Maus keinen Faden ab. Ein "inherit safety" gibt es nicht - da steht IMMER die physikalische Eigenschaft dahinter, durch die wir ueberhaupt daraus Waerme und damit Strom gewinnen koennen. IMMER.

Es gibt kein "Not-AUS" in einem KKW. Begreift das bitte.

Das ist kein technisches Problem, das ist kein Geld-Problem, das ist die Physikalische Natur, die die Menschheit

bisher kennt und begreift.

Es mag in 10-50-100 Jahren einer vom potenzierten Status Einsteins herbeieilen und "uns" sagen, wo man den Finger (regulativ) dran halten sollte. Oder mag halt nicht..

Ich hab genug... wer ist fuer ne 40h Woche? Ich hatte die heute Mittag schon wieder durch. Gute Nacht.

Geschrieben

Meine Rede ... da wurde rein wirtschaftlich Entschieden. Siehe mein letzter Satz. "Tepco war einfach nur profitgeil".

Und sorry, aber ein Kraftwerk das ein 6.0'er Beben "verträgt" in ein Gebiet zu bauen in dem es ab und zu 6.3 Beben gibt ist etwas anderes als ein 8.3 Kraftwerk in ein Gebiet zu bauen in dem es auch öfters Beben der Stärke >9 gibt. Sollte es im Fall von Japan ein Beben geben welches den Grad an dem was das KKW verträgt übersteigt ist der Schaden bei nem 9.0'er Beben immer größer als wenn ein 6.3 Beben ein 6.0 Kraftwerk trifft.

Hinzu kommt noch die Gefahr von Tsunamis. Sieh es doch einfach ein. Ein Kernkraftwerk in ein Gebiet welches nicht nur von extrem starken Erdbeben geplagt ist (was alleine schon Grund genug ist KEIN Kraftwerk dort zu errichten) sondern auch noch von Tsunamis IST hirnrissig. Bei Tepco, der Betreiberfirma, stand natürlich eindeutig Profitgier im Vordergrund. Aber warum hat es z.B. auch die japanische Regierung zugelassen das die dort ein Kraftwerk errichten?

Und ich weiß, dass man Kraftwerke nicht "einfach so abschalten" kann. Hab ich vorher auch schon irgendwo geschrieben, in Bezug auf die "Notabschaltung" der Bundesregierung.

Geschrieben

Eines verstehe ich nicht. Warum konnte man nicht innerhalb der letzten fünf Tage Stromaggregate, Motoren, Rohre, und Pumpen heranschaffen? Warum bleibt die Kühlung mit Meerwasser weitgehend wirkungslos?

Geschrieben
Nicht nur futuristische, sondern auch unrealistische Gedanken :wink: Ich meine, die potenziellen Terroristen müssten zunächst erst einmal an die Pläne des Kraftwerks kommen um die Wasserversorgung zu lokalisieren. Dann müssten sie quasi zu Fuß ins KKW reinmarschieren, in den mehrfach abgesperrten inneren Sicherheitsbereich eindrigen und dort dann die Wasserversorgung manipulieren bzw. zerstören (wenn sie die den finden X-))

Da isses doch leichter ne Boeing klar zu machen und da einfach rein zu Fliegen :lol:

Aber zurück zu Japan:

Was nicht verstehe ist das das gesamte Notstromkonzept aus nen paar luschigen Batterien besteht, die nach nen paar Stunden keinen Saft mehr haben. Warum keine dieselbetriebenen Notstromaggregate die nachgefüllt werden können und im Notfall ganze Wochen oder Monate für Strom sorgen können? Jedes kleine Vorort Krankenhaus hat solche Dinger im Keller stehn. Warum zur Hölle dann nicht in nem KERNKRAFTWERK!? Die fatalen Folgen sieht man ja grade ...

dann fliegste halt mit der boeing nicht in den reaktor sondern nen paar meter weiter ins kühlsystem...wenn man ein akw schützen will, dann richtig...ein beschädigter kühlturm wäre schon fatal!

Geschrieben
Eines verstehe ich nicht. Warum konnte man nicht innerhalb der letzten fünf Tage Stromaggregate, Motoren, Rohre, und Pumpen heranschaffen? Warum bleibt die Kühlung mit Meerwasser weitgehend wirkungslos?

Nicht wirkunglos, es geht, aber mit Kompromissen. Der hohe Salzgehalt von Meerwasser ist nicht gerade förderlich, zudem muss es auch genau dahin geschafft werden, wo man es braucht. Für uns Außenstehende hört sich das eher einfach an, aber...

Um den Reaktor vom Block 1 wieder zu kühlen, wird seit dem späten Samstagabend (Ortszeit) Meerwasser in den Reaktordruckbehälter gefüllt. Dem Wasser werde Borsäure beigemischt, um eine mögliche Kettenreaktion in den Brennstäben abzubremsen. Am Sonntagmorgen (japanische Ortszeit) erklärte Regierungssprecher Yukio Edano, durch das Einfüllen von Meerwasser seien inzwischen die Brennstäbe wieder komplett mit Kühlwasser bedeckt. Nun müsse erneut Druck, also Kühlwasserdampf, aus dem Reaktor abgelassen werden.

Geschrieben

=============================================================

Die Anlagen seien starken Beben nicht gewachsen, wird ein IAEA-Experte in einer diplomatischen

US-Depesche vom Dezember 2008 zitiert. Das berichtet die britische Zeitung Daily Telegraph unter

Berufung auf die Enthüllungsplattform Wikileaks.

Der namentlich nicht genante Vertreter der Internationalen Atomenergie-Organisation

habe beim Treffen der G8 Nuclear Safety and Security Group (NSSG) vom 3. bis 4. Dezember

2008 in Tokio darauf hingewiesen, dass die Sicherheitsrichtlinien zum Schutz der

japanischen Atomanlagen vor Erbeben in den vergangenen 35 Jahren lediglich dreimal überprüft worden seien.

In der Vergangenheit hätten Erdbeben aufgezeigt, dass in manchen Fällen das Grunddesign

der Anlagen nicht geeignet sei, stärkeren Erdstößen zu widerstehen.

Japan hatte auf die Hinweise mit dem Bau eines Notfallschutzzentrums reagiert.

Die Anlagen selbst blieben aber laut Telegraph nur für Erdbeben der Stärke 7 gewappnet.

Ein Gericht hatte deshalb entschieden, den Weiterbetrieb des Reaktors zu untersagen.

Die Begründung lautetet, dass Anwohner im Falle eines Erdbebens möglicherweise radioaktiver

Strahlung ausgesetzt werden könnten.

In einer Depesche aus dem Jahre 2006 schildert ein US-Diplomat, dass die japanische Atomaufsichtsbehörde

offenbar nicht dieser Meinung war. Sie hatte die entsprechenden Gutachten geprüft. Sie "glaubt, dass

der Reaktor sicher ist und alle Sicherheitsanalysen nach den Vorschriften abliefen", heißt es in der Depesche.

Im Jahr 2009 erreichte die japanische Regierung, dass das Gerichtsurteil aufgehoben wurde. Das Beben

vom vergangenen Freitag, das nun zu einer atomaren Katastrophe führen könnte, hatte die Stärke 9.

===============================================================

Nachzulesen in:

http://www.sueddeutsche.de/digital/gefaehrliche-reaktoren-wikileaks-depesche-belastet-japanische-regierung-1.1072859

Anzeige eBay
Geschrieben
Geschrieben

Hallo gecko911,

 

schau doch mal hier zum Thema Zubehör für Aus dem Alltag (Anzeige)? Eventuell gibt es dort etwas Passendes.

  • Gefällt Carpassion.com 1
Jetzt registrieren, um Themenwerbung zu deaktivieren »
Geschrieben

mich würde mal interessieren ob akws die jetzt "heruntergefahren" werden, sprich halt vom netz getrennt, die gleichen sicherheitsprüfungen und standards erfüllen müssen oder die dann aus dem raster der einspeisenden akws rausfallen? wundern würde mich das gar nicht... somit käme man vom regen in die traufe :rolleyes:

Geschrieben

Und noch ein Video der aktuellen Situation. Aus einem Hubschrauber aufgenommen:

lBXqiw6EJUk

Geschrieben

Wer seinen Kindern mal die Situation erklaeren will/muss, kann sich ja mal hier dran

orientieren.

5sakN2hSVxA

Geschrieben

Wenn ich das richtig verfolgt habe, lief ja kurz nach der Katastrophe das Kühlsystem im Batteriebetrieb noch ca. 8 Stunden weiter!!! Was ich nicht verstehe ist, warum man es letzten Freitag, als der Stom ausfiel, nicht geschafft hat weitere Batterien oder Notstromaggregate herbeizuschaffen.

Womöglich kommt noch heraus, daß die Japaner darauf gewartet haben,

daß der Strom wieder zurückkehrt so wie wir das immer machen wenn bei uns im Ort der Strom ausfällt! Und als der Strom nicht zurückkehrte ist man nervös geworden... Je mehr man darüber liest, umso mehr gewinnt man den Eindruck daß mit Atomenergie allgemein sehr leichtfertig umgegangen worden ist (vgl. Störfälle). Mittlerweile bin ich zwar kein Fan mehr von Atomenergie, aber aus Schaden wird man klug. Nur an Unfällen lernt man dazu. Sonst gäbs auch heute keine Airbags im Auto! Im Falle der Atomenergie ist es aber so daß so ein Unfall ggf. unseren Globus auslöschen könnte. Also Finger weg.

Geschrieben

Weil das "serious biz" ist..

AES_chile_610x406.JPG

Das sind 12MW fuer 15 Minuten..

( http://news.cnet.com/8301-11128_3-20030823-54.html )

Ist bischen schwer mit den Fakten.. In Rotterdam betraegt die Kuehlpumpenleistung 4MW (bei einem Reaktor einer vergleichbaren Leistungsklasse).

Man braucht fuer den Nachzerfall natuerlich nur einen Bruchteil davon - aber wie gross der wohl sein mag..

Angeblich konnte jetzt wieder eine Verbindung zum Stromnetz hergestellt werden. Das sind

ja auch keine Verlaengerungskabel aus'm Baumarkt :}

Geschrieben

Darüber kann man nur spekulieren: Nicht vorhandenes Material oder schlechtes Krisenmanagement?

Einfach fluten ohne Bor ist wohl auch nicht ohne:

http://de.wikipedia.org/wiki/Kritische_Masse

Schau Dir die Tabelle über die kritische Masse an. Diese sinkt deutlich, wenn nicht boriertes Wasser als Neutronenreflektor genutzt wird. Es ist also unter Umständen möglich, dass man durch eine Flutung die Kernreaktion noch hätte anfachen können.

Ich bin aber kerntechnischer Laie, also alles nur Vermutung meinerseits.

Geschrieben

Passt hier besser rein wie im YouTube Thread

5sakN2hSVxA

Geschrieben
Passt hier besser rein wie im YouTube Thread

Siehe die Seite zuvor O:-)

Nochmal zum "warum karren die da nicht XY hin" - nun, das wuerde die sicherlich

machen, wenn die Zerstoerungen lokal sind. Aber das Problem ist ja nicht begrenzt

sondern sehr umfassend.

So ein 2MW Notstrom braucht einen kompletten 40t. Dass sowas zwar prinzipiell

heranschaffbar ist, wurde ja schon gezeigt. Am "Tag 1" war ja schon etwas da -- aber

da passte die Anschlusstechnik nicht. Ein "passendes" steht wohl dann eher an einer

Ecke, die halt nicht mit Schwerlast passierbar ist.

Geschrieben

Ah, die stellen das sogar online.

Mich wuerden noch die Bilder aus dem "Global Hawk" interessieren ..

Geschrieben
Passt hier besser rein wie im YouTube Thread

5sakN2hSVxA

Also da bin ich sprachlos: "with each passing moment, nuclear boy gets better and better. Don't worry" - das nenne ich mal Propaganda! Es ist sicher besser, zurückhaltend zu berichten um Panik zu vermeiden. Aber das ist - selbst für Kinder als Zielgruppe - doch ziemlich plump. Insgesamt aber ein guter Erklärungsansatz für die Kleinen.

Geschrieben

Interessanter Kommentar von Gabor Steingart heute im Handelsblatt:

(zwar etwas länger aber Lesen lohnt sich...)

Die Ankunft des Schwarzen Schwans

Im Grunde muss man nur zwei Dinge über den Schwarzen Schwan wissen. Erstens: Er kommt in der Natur extrem selten vor. Noch wichtiger aber ist: Es gibt ihn. Er ist das verkörperte Restrisiko, die lebende Wahrscheinlichkeit, dass alles anders kommt, als wir es bisher angenommen haben.

Seit der Philosoph Karl Popper ihn als Kunstfigur einführte, steht der Schwarze Schwan für den Widerspruch zur eben noch herrschenden Wirklichkeit. Er verkörpert das Undenkbare, das wir dennoch denken müssen. Er symbolisiert das große Unheil, das die bisherige Normalität beendet, alle Prognosen widerlegt und Politiker wie Marionetten zu Handlungen führt, die ihnen eben noch wesensfremd schienen: Der rechtskonservative Präsident George W. Bush verstaatlicht die Investmentbanken, der Hoffnungsverkäufer Barack Obama wird zum Befürworter von Guantanamo, Merkel steigt aus der Atomenergie aus. Wenn der Schwarze Schwan landet, unterbricht er unsere Gewissheiten nicht nur. Er zerstört sie.

Wir sind ihm in jüngster Zeit häufig begegnet. Der Schwarze Schwan ist der Sendbote einer neuen Zeit, in der die alten Wahrscheinlichkeiten nicht mehr gelten. Das Verlässliche unserer Zeit besteht darin, dass es keine Verlässlichkeit mehr gibt. Fast scheint es, als wolle der Schwarze Schwan das Wappentier des gerade begonnenen Jahrhunderts werden.

In den vergangenen zehn Jahren kam es zu einer spürbaren Zunahme dessen, was die Amerikaner „Freak-Event“ nennen: Das Verrückte wurde normal. Die Normalität spielt verrückt. Vier junge Araber lernen in Florida das Fliegen eines Jumbo-Jets und starten wenig später den größten Angriff gegen Amerika seit der Bombardierung von Pearl Harbor. Eine Bank in New York bricht zusammen, und weltweit werden 20 Millionen Menschen arbeitslos. Ein Gemüsehändler in Tunesien bekommt keine Lizenz für den Gemüsestand, verbrennt sich und löst damit eine arabische Revolution aus. Eine Zehn-Meter-Flutwelle schlägt an die Ostküste Japans, und in Deutschland legt die Kanzlerin knapp die Hälfte aller Kernkraftwerke still.

Eine „Welt ohne Halt“ sei entstanden, sagte Lord Dahrendorf schon vor Jahren. Niemand hält sie, und wir finden in ihr keinen Halt. Die Veränderung der Welt bedeutet auch eine Veränderung unserer Sprache. Viele Worte haben in den letzten Jahren ihre Bedeutung verloren. Der Friedhof der toten Worte ist gut belegt. Früher bedeutete „Verantwortung übernehmen“, dass ein Politiker noch am selben Tag zurücktrat. Heute bedeuten dieselben Worte: Wenn sich meine gestrige Politik nicht verkauft, mache ich eine andere.

„Reform“ war einst ein Sehnsuchtsversprechen. Heute ist es eine Drohung. Es bedeutet, ein Land in eine Situation zu bringen, in der es nie sein wollte.

Widerstand war einst eine große Vokabel, da sie vom Kampf gegen Unrecht und Unmenschlichkeit kündete. „Widerstand“ gegen einen neuen Bahnhof aber entwertet das Wort. Früher wollten die Widerständler die Gesellschaft verbessern, heute vor allem den Baulärm reduzieren.

Bonus ist auch so ein Wort: Der Bonus war eine Auszeichnung. Sie ließ die Gesichter aller, die ihn erhielten, vor Stolz erröten. Mittlerweile steht Bonus für Betrug, nicht nur an den Bankkunden, sondern auch am Prinzip einer gerechten Bezahlung. Ein Spitzen-Investmentbanker bekommt heute das 200-Fache des Ingenieurs.

Restrisiko war gestern das, was nie geschehen sollte. Heute ist das Restrisiko zur Realität geworden. Die Kernschmelze im Fernsehen ist keine Spielfilmszene aus Hollywood, sondern eine Liveschaltung der ARD. Es ist verdammt lang her, dass nach der „Tagesschau“ einfach ein Heimat-, Liebes- oder überhaupt ein Film gezeigt wurde.

Die Wirklichkeit schreibt im Moment die dramatischeren Drehbücher.

Unsere Ängste waren bisher immer größer als die Wirklichkeit. Aber auch das gilt nicht mehr. Die Wirklichkeit hat die Ängste überholt. Man fragt sich, was das Schicksal wohl als Nächstes für die Menschheit bereithält: The day before tomorrow.

Schuld seien die Naturgewalten, heißt es jetzt. Aber das ist unfair gegenüber dem Seebeben. Früher schlugen die Wellen auf eine unberührte Küste. Heute hat man ihnen eine als Kraftwerk getarnte Atombombe in den Weg gebaut. So lockt man Schwarze Schwäne an.

In der Welt der Finanzwirtschaft herrscht eine ähnliche Lust am Nervenkitzel. Die alte Normalität – der Bürger spart, und die Bank verleiht sein Erspartes an Investoren – wurde suspendiert. Man kann sich kaum noch daran erinnern. Damals zählten unsere Banken zu den langweiligsten Firmen des Landes. Die dort Beschäftigten hießen Bankbeamte und gingen bedächtig ihrer wichtigsten Aufgabe nach, der Kreditvergabe. Wenn sie das Wort „Risiko“ nur hörten, bekamen sie einen Schreck und nicht wie ihre Nachfolger einen Erregungszustand.

Ihre Nachfolger nennen sich Investmentbanker oder auch „Master of the Universe“. Ihr Geschäftsmodell geht so: Der eine leiht dem anderen Geld, das er selbst nicht besitzt. Das hat er sich bei einem Dritten besorgt, der versprach, es bei einem Vierten zu holen. Und so weiter. Nun brauchte man nur dazu überzugehen, in den Bankbilanzen erhofftes Geld wie tatsächliches Geld zu behandeln, den Wunsch also mit der Wirklichkeit gleichzustellen. So geschah es dann auch. „Goodwill“, der Hoffnungswert, wurde allen Ernstes zu einer von Wirtschaftsprüfern und Finanzbeamten anerkannten Bilanzposition. Ein Kapitalismus ohne Kapital, das war der kühne Kern dieser Finanzmarktinnovation.

Das Gegenstück zum „Restrisiko“ der Kraftwerksbetreiber war das „systemische Risiko“ des neuen Banksystems. Beides rief den Schwarzen Schwan auf den Plan. Er widerlegte unsere bisherigen Annahmen: Die Kernenergie ist nicht mehr sauber und billig, sondern bisweilen teuer und tödlich. Das Finanzsystem dient nicht automatisch der Realwirtschaft, sondern bedroht sie auch.

Nach den vielen kleinen und großen Tragödien der vergangenen zehn Jahre stehen nicht wenige sprachlos vor den Trümmern dessen, was sie gestern noch ihre Grundüberzeugung nannten: Großer Gott, was hast du uns angetan! In der gestrigen Ausgabe der Wochenzeitung „Die Zeit“ war von „biblischer Heimsuchung“ die Rede.

Aber wahrhaftiger wäre es, die Rede auch an uns selbst zu richten: Wir sind nicht das Opfer der Veränderung, wir sind ihre Quelle. Die Komplexität der heutigen Welt ist Menschenwerk. Uran als Brennstoff war kein Gotteseinfall. Die Produkte der Investmentbanker finden sich auch in unseren Depots. Die Kommunikationsmittel des 21. Jahrhunderts haben den Sprengsatz an die vor modernen Verhältnisse in Arabien gelegt.

Egon Friedell schreibt in seiner Kulturgeschichte der Neuzeit: „Eine neue Ära beginnt nicht, wenn ein großer Krieg anhebt oder aufhört, eine starke politische Umwälzung sich durchsetzt, sondern in dem Moment, wo eine neue Variante der Spezies Mensch auf den Plan tritt.“ Diese neue Variante der Spezies Mensch sind wir.

Heute leben wir in einer Welt des relativen Reichtums und der absoluten Ungewissheiten. Keiner hat sein Los in der Tasche. Es wird immer neu gezogen. Eine flatterhafte Gesellschaft und die sich selbst beschleunigende Technik ergeben einen Problemcocktail, dessen Wirkung sich der Vorhersage weitgehend entzieht. Die Wahrscheinlichkeit, dass alles anders kommt, konkurriert mit der Hoffnung, dass manches bleibt, wie es war. Das lineare Leben früherer Zeiten endet mit einem Feuerwerk von Komplexität. Es wächst die zunehmende Anfälligkeit der technischen und ökonomischen Systeme für unerwartete Schwankungen, Ausfälle und Havarien aller Art.

Der Schwarze Schwan wird auf absehbare Zeit unser ständiger Begleiter sein. Schon steigen Zweifel auf, ob der moderne Mensch wirklich der Profiteur der Geschichte ist oder nicht einer Bilanzbetrügerei aufsitzt, die Zumutungen und Risiken als Gewinne ausweist.

Die nach dem Ende der Normalität knappste Ressource ist daher Zuversicht. Nichts benötigen wir dringender als Vertrauen in uns selbst: dass wir nicht nur furchtsam, sondern auch lernfähig sind. Dass wir außer Gier auch Bescheidenheit können und Politik nicht nur auf den Tag reagiert, sondern über den Tag hinausdenkt. Der Schwarze Schwan liebt die Hasardeure, aber er hasst die Nachdenklichen.

http://www.handelsblatt.com/panorama/aus-aller-welt/die-ankunft-des-schwarzen-schwans/3962600.html

Geschrieben
Interessanter Kommentar von Gabor Steingart heute im Handelsblatt:

(zwar etwas länger aber Lesen lohnt sich...)

Ja, der Gabor Steingart hat da gute Punkte zusammengefaßt und jeder "moderne Mensch" wird ihm impulsiv zustimmen. Besonders gefällt mir seine Botschaft, die ganz untypisch deutsch ist: Zuversicht und Selbstvertrauen!

Denn diese bei uns überall anzutreffende Verzagtheit, Zukunftsangst und nur teils versteckte Gier nach dem Weltuntergang ist meiner Ansicht nach der einzige Grund für eine Gesellschaft, sich in eine Abwärtsspirale zu begeben.

Aber jetzt habe ich schon zuviel geschrieben. Denn eigentlich wollte ich nur me308 fragen, welche Schlüsse er für sich aus dem Leitartikel gezogen hat, da er ihn online gestellt hat?

Archiviert

Dieses Thema ist archiviert und für weitere Antworten gesperrt. Erstelle doch dein eigenes Thema im passenden Forum.


×
×
  • Neu erstellen...