Es geht um eine Firma, die seit knapp 65 Jahren Sportwagen baut. Trotzdem macht es bei den Meisten, die mit dem Namen konfrontiert werden, nicht „klick“. Dem einen oder anderen Filmfan mag die Marke nichts sagen, aber spätestens wenn man „Password Swordfish“ sagt, haben viele ein Bild vor Augen: Ein Sportwagen mit John Travolta auf dem Beifahrersitz, der eifrig Blei verteilt. Aber bevor wir ins Jahr 2001 springen, um uns mit dem TVR Tuscan zu beschäftigen, beginnen wir mit der Historie des Herstellers.

TVR

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Die Marke TVR hat ihren ursprünglichen Sitz im englischen Blackpool. Der Firmenname steht als Abkürzung für den Vornamen des Besitzers Trevor Wilkinson. Dies klinge deutlich besser, als die Autos unter dem Markennamen „Trevor“ zu verkaufen, riet ihm ein Freund. Recht hatte er. Gegründet im Jahr 1947 dauert es bis 1957 bis das erste Fahrzeug von TVR an die Kunden ausgeliefert werden kann. Der TVR Jomar wird 1958 vom „Mk 1“, der später in Grantura umbenannt wird, abgelöst. Schon bei diesem ersten Fahrzeug wird ein Grundprinzip verwirklicht, dass bei TVR bis heute Bestand hat: Die GFK-Karosserie wird über einen Gitterrohr-Rahmen gespannt und von einem starken Motor vorangetrieben.

Vom Grantura gab es insgesamt vier Generationen, bevor er 1967 durch das Nachfolgemodell, den TVR Vixen abgelöst wurde. Insgesamt wurden vom Grantura knapp 800 Exemplare gebaut. Der Firmengründer Trevor Wilkinson steigt 1962 aus der Firma aus, um zusammen mit einem weiteren TVR-Gründungsmitglied, Jack Pickard, eine Firma für GFK-Arbeiten zu gründen. Er starb im Juni 2008 im Alter von 85 Jahren in seinem Alterssitz auf Menorca.

Ebenfalls 1962 wird dem Grantura von dem amerikanischen Motorenhändler Jack Griffith ein V8-Motor mit 4,7 Litern Hubraum aus der bekannten AC Cobra implantiert. Durch den starken Motor kann der kleine TVR jetzt mit Kalibern wie den damaligen Ferrari oder Jaguar mithalten. Angetan von der Idee wird eben genau diese Idee von TVR übernommen und nur ein Jahr später eine V8-Variante des Grantura angeboten, der Griffith.

Doch erstmal weiter in der Historie. Nach dem Ausscheiden der beiden Gründer und einigen Eignerwechseln wird das Unternehmen 1965 schließlich von Martin Lilley übernommen, der das Unternehmen zu neuen Höhen führen sollte. Zum Einen lag dies an der Präsentation des Vixen, dem neuen Modell von TVR, zum Anderen am Umzug in einen neuen Produktionsstandort an der Bristol Avenue, wo das Unternehmen bis heute seinen Sitz hat. Der Vixen übernimmt von seinem Vorgänger das Prinzip des GFK-Chassis und wird von einem 4-Zylinder-Motor mit knapp 90 PS angetrieben, bevor in der letzten Evolutionsstufe ab 1971 ein 2,5 Liter 6-Zylinder-Reihenmotor verwendet wird und man mit 160 PS seinen Weg über die britischen Landstraßen hinter sich bringen konnte.

Parallel wird die Idee des V8 beibehalten, allerdings in einem eigenständigen Modell, dem Tuscan der ebenfalls ab 1965 angeboten wird. Der Motor wurde vom Vorgängermodell übernommen, leistete jedoch durch einen Holbrook-Vergaser knapp 270 PS und erreichte so eine Höchstgeschwindigkeit von über 210 km/h. Im letzten Modelljahr des Tuscan wurde neben dem bekannten 4,7 Liter-Aggregat eine weitere Motorvariante angeboten. Der 5,3 Liter aus dem Tuscan V8 entstammte dem Ford-Regal und leistete in der Normalversion 221 PS, jedoch konnte der geneigte Kunde auch eine Hochleistungsvariante ordern, die aufgrund einer höheren Verdichtung und vier Holbrook-Vergasern auf 285 PS kam und einen Top-Speed von 248 km/h erreichte.

1972 wurde die nächste Generation von TVR präsentiert, die sogenannte M-Serie. Keine Angst, die Münchner M GmbH hat nichts mit der britischen Manufaktur gemein, einzig der Name weist eine Ähnlichkeit auf. Optisch konnte er wieder als typischer Frontmotor-Sportwagen mit langer Schnauze und kurzem Heck auftreten. Motorseitig wurden wieder 4- bzw. 6-Zylinder verkauft. Die klassisch eleganten Coupés verkauften sich weiterhin gut. Zusätzlich zum 2-Türer wurde ab 1976 noch ein 3-türiges Coupé angeboten, der Taimar. Technisch gleich zum M kostete er jedoch gut 20 Prozent mehr, was die Kundschaft allerdings nicht abhielt. Auch dieses Fahrzeug verkaufte sich, gemessen an Maßstäben für Kleinserienhersteller, prächtig.

Einen Schnitt in der oben beschriebenen klassischen Coupé-Linie stellte der 1980 präsentierte TVR Tasmin dar, der zwar den Grundlinien folgt, aber mit seiner Keilform im ersten Jahr mit 121 produzierten Exemplaren nicht ganz so gut bei den Kunden ankam. 1982 wurde das Unternehmen von Peter Wheeler übernommen, der sofort mit der Entwicklung eines neuen TVRs begann, dem 350i. Erstmals wurde nun in den Basismodellen ein V8 verwendet, den Rover lieferte.

Mit der Präsentation des 350 S im Jahr 1987 begann ein neues Kapitel in der TVR-Geschichte. Optisch an die M Serie angelehnt steckte unter der immer noch beibehaltenen GFK-Karosse ein komplett neues Auto. Aufgrund des günstigen Preises konnte TVR die Jahresproduktion nahezu verdoppeln. Ein Grund dafür war auch die Erschließung des arabischen Marktes, in dem jetzt auch die britischen Sportwagen gekauft werden konnten.

Zwei Jahre später, 1989 konnte erfolgreich eine eigene Rennserie, die TVR Tuscan Challenge installiert werden, die aufgrund des engen Leistungsspektrums und spektakulärer Rennen äußerst beliebt waren. Teilweise bügelten über 30 Piloten mit ihre Boliden um die Pisten der britischen Inseln. Die Rennserie wurde 2005 nach einem weiteren Wechsel des TVR Besitzers mit der des British Racing & Sports Car Club zusammengelegt.

Die Auftragsbücher bei TVR waren weiterhin voll. 1991 wurde der Griffith präsentiert und im Jahr darauf das parallel produzierte Modell Chimaera. Beide wurden mit dem bekannten Rover V8 befeuert. Als Rover jedoch von BMW gekauft wurde, sah Wheeler die weitere Produktin des V8 in Gefahr. Er beauftragte den Renningenieur Al Melling mit der Konstruktion eines eigenen TVR-Motors und konnte nach der erfolgreichen Entwicklung im Jahr 1996 den TVR Cerbera präsentieren, dessen optische Anleihen den TVR-Modellen bis heute in Grundzügen erhalten geblieben sind.

Im Jahr 1997 präsentierte man der Welt den Cebera Speed 12, ein Hochleistungs-Konzeptfahrzeug das teilweise auf den damaligen Serienfahrzeugen basierte. Eine ausführliche Vorstellung des Fahrzeugs hat das CPzine-Team bereits vor einiger Zeit online gestellt. Ich kann diesen interessanten Artikel wirklich nur weiterempfehlen.

Beflügelt durch den Erfolg des Achtzylinders machte man sich bei den Briten an die Konstruktion des „Speed Six“, eines 6-Zylinder-Motors, der in das 2001 vorgestellte Modell Tuscan Speed 6 implantiert wurde. Die Leistung des 4 Liter Reihen-Sechszylinders konnte überzeugen. Anfangs noch mit 360 PS nicht gerade untermotorisiert, konnten gegen Ende der Bauzeit 400 PS aus dem Motor gelockt werden. Weitere Modelle der Wheeler-Ära waren der Tamora, der T350C und T350T, sowie der Typhon auf Basis des Tuscan T440R-Rennfahrzeugs und der Sagaris.

2004 wurde der Tuscan von John Travolta und Hugh Jackman im Film „Password Swordfish“ gefahren, was der kleinen Firma innerhalb kürzester Zeit einen enormen Imagegewinn brachte und sicher auch half, das eine oder andere Fahrzeug zu verkaufen. Ebenfalls 2004 ging die Ära Peter Wheeler zu Ende. Der Brite verkaufte das Unternehmen an den damals erst 24-jährigen Russen Nikolai Smolenski, blieb aber weiterhin als Berater für neue Projekte involviert.

Smolenski legte ein umfangreiches Test- und Erprobungsprogramm für die bestehende TVR-Produktpalette an und präsentierte wenig später den überarbeiteten Sagaris, sowie den Tuscan Speed 6 die sich jedoch nicht wirklich etablieren konnten.

2006 begann ein unschöner Prozess innerhalb der Firma TVR, der darin gipfelte, dass die Firma in insgesamt vier Unternehmen aufgeteilt wurde und teilweise mit Insolvenzverfahren zu kämpfen hatte. Smolenski versuchte die Firma an zwei amerikanische Investoren zu verkaufen. Dies scheiterte jedoch und der junge Russe ist weiterhin im Besitz der englischen Traditionsmarke.

2008 wurde der Sagaris Mk 2 präsentiert. Leider konnte das Fahrzeug wegen der stillgelegten Produktion und der allgemeinen Querelen um die Firma noch nicht in Serie gefertigt werden. Die offizielle Webseite ist seit längerer Zeit offline, trägt allerdings neuerdings den Zusatz „Website launches soon“.

Wir dürfen also gespannt sein, wie sich die Schmiede dieser herrlich unvernünftigen Autos weiterhin entwickelt und halten Sie natürlich weiter auf dem Laufenden.

Quelle: TVR

Autor: Simon Richter