Konsequenter Leichtbau dank Aluminium, im Windkanal verfeinerte Aerodynamik und ein Hochdrehzahlmotor – alles Punkte, für die japanische Fahrzeuge bis Ende der 1980er Jahre nicht unbedingt bekannt waren. Und dann kam 1990 er, der Honda NSX. Ayrton Senna höchstpersönlich brachte das Fahrwerk des neuen japanischen Sportwagens auf der berühmten Nordschleife des Nürburgrings zur Serienreife und hinterließ uns damit ein faszinierendes Auto.

Honda NSX

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Bereits Mitte der 1980er Jahre machte sich in Japan ein Technikerstab an die Entwicklung eines Sportwagens. Leicht sollte er sein, also wählte man Aluminium als Baumaterial für einen Großteil seiner Architektur. Möglichst kraftvoll möge er dahinrollen, so der Wunsch der Firmenleitung, also spendierte man ihm neben einer absolut ausgefeilten Aerodynamik und einem gefälligen Äußeren auch einen ordentlichen Motor.

Dieser 3 Liter Sechszylinder wurde konsequent in der Mitte des Fahrzeugs direkt hinter der Besatzung verbaut und leistete anfangs 201 kW/273 PS. Abgeleitet wurde er von einem reinrassigen Rennmotor, der aufgrund einer Regeländerung nicht mehr in der damaligen Formel 2 zum Einsatz kommen durfte. Aufgrund seiner Abstammung beginnt der rote Bereich des Drehzahlmessers erst bei 8000 U/min, ein damals durchaus beachtlicher Wert. Um diese Belastungen auszuhalten, sind die Pleuel aus Titan und die Zündkerzen aus Platin gefertigt. Die Kraft wird über ein Fünfgang-Getriebe an die Hinterräder geleitet und schiebt das Fahrzeug auf bis zu 270 km/h.

Über die Jahre der Entwicklung hinweg fließen rund 400 neue Patente in das Sportwagenprojekt ein. So ist das spätere Serienmodell das erste Fahrzeug eines Großserienherstellers, das beinahe komplett aus Aluminium besteht. Auch eine elektronische Servolenkung und die Drive-by-Wire-Technik, bei der die Drosselklappe im Motor elektronisch betätigt wird, sind Neuland im Automobilbau.

Im Februar 1989 ist es in Chicago dann soweit: der Honda NSX wird erstmals in Rampenlicht gerollt. Allerdings handelt es sich noch lediglich um eine rollfähige Karosserie, denn die Test- und Entwicklungsarbeiten laufen noch auf Hochtouren. Auch die in Tokyo im Oktober ’89 gezeigte Version ist noch nicht serienreif. NSX steht im übrigen für New Sportscar eXperimental. Letzte Testfahrten finden erst Anfang 1990 statt. Der legendäre Formel 1-Rennfahrer Ayrton Senna, zu diesem Zeitpunkt in einem McLaren mit Honda-Motoren unterwegs, drückt dem Fahrwerk des NSX bei Testfahrten in Suzuka und auf der Nürburgring-Nordschleife seinen persönlichen Stempel auf und ist vom Wagenkonzept absolut überzeugt.

Der Technologietransfer zwischen Formel 1 und Straßenfahrzeug fand mit dem NSX tatsächlich statt. Im Gegensatz zu Konkurrenten setzte man hier auf Einzelradaufhängung rundum und doppelte Dreiecksquerlenker aus Aluminium. Den Wettbewerbern blieb über kurz oder lang wenig mehr übrig, als diese Idee zu kopieren. Auch das 4-Kanal-ABS wird sich bald in Fahrzeugen anderer Marken wiederfinden lassen.

Das Design des Honda NSX, der in den USA über die Honda-Tochter Acura verkauft wurde, fand auf Anhieb großen Anklang bei Testern und Kunden. Eine Sportwagen-typisch keilförmige Front, eine Glaskuppel, die dem Fahrer fantastische 312 Grad Rundumsicht ermöglichte und ein integrierter Spoiler am Heck machten deutlich, dass es Honda durchaus ernst war. Ebenso typisch für ein solches Fahrzeug ist der relativ kleine Kofferraum. Gerade einmal 155 Liter Gepäck finden ihren Platz in einem winzigen Loch hinter dem Motor. Vorne passt maximal ein frisches Brot vom Bäcker zwischen das Notrad, die Batterie und den Kühler.

Der NSX war von Anfang an hauptsächlich für den amerikanischen Markt ausgelegt. Wenn man das weiß, wundert man sich auch nicht über die recht hohe Bodenfreiheit oder das geradezu verschwenderische Maß an Komfortoptionen, die serienmäßig mit an Bord waren. So lag das Leergewicht trotz Aluminium bei gut 1.400 Kilogramm.

Im August 1990 steht der Honda NSX endlich bei den Händlern weltweit und schlägt ein, wie eine Bombe. Speziell in den USA, wo insgesamt mehr als 50% der NSX-Produktion verkauft werden. Konzipiert war der Honda NSX als Coupé, 1995 erschien jedoch die „T“ genannte Targa-Version mit herausnehmbaren Dachmittelteil.

Sieben Jahre nach der Markteinführung folgte eine erste milde Modellpflegemaßnahme. Der NSX ist nun wahlweise mit einem 3 Liter oder 3,2 Liter V6 erhältlich. Die Leistung liegt beim 3,2er bei 206 kW/280 PS. Anstelle des Fünfgang-Getriebes sind nun sechs Zahnradpaare verfügbar. Auch eine Version mit Viergang-Automatik konnte geordert werden, dies jedoch nur in Verbindung mit dem 3 Liter V6 und 188 kW/256 PS.

Ende 2001 erscheint die finale Version des Honda NSX. Anstelle der bekannten und beliebten, „Schlafaugen“ genannten, Klappscheinwerfer blinzeln die Leuchten nun unter Klarglasabdeckungen in die Welt. Dies ist neuen Crashvorschriften in den USA geschuldet. Front- und Heckschürze wurden neu gestaltet, das hintere Leuchtenband ebenso und die Farbpalette wurde um einige Varianten bereichert. Die Höchstgeschwindigkeit wurde durch eine verbesserte Aerodynamik auf 280 km/h angehoben, ansonsten blieb die Technik weitestgehend unangetastet.

In Japan war zusätzlich zum NSX Coupé und NSX T der NSX R erhältlich. Diese gewichtsoptimierte Version richtete sich speziell an Sportfahrer, die mit ihrem Fahrzeug auch gern einmal auf die Rennstrecke gehen wollten. Eins dieser Exemplare schaffte es trotz Rechtslenkung über eine Einzelabnahme auf deutsche Straßen und erreichte auf der Nordschleife eine deutlich bessere Rundenzeit, als der normale NSX. Die Unterschiede zu seinen Geschwistern lag im konsequenten Weglassen der Komfortausstattung, was in einem Leergewicht von 1.244 Kilogramm endete. Zusätzlich wurden Sportreifen und ein größerer Heckflügel, sowie ein Kühlluftauslass in der vorderen Haube verbaut.

Im September 2005 endete die Produktion nach rund 18.000 gebauten Fahrzeugen, von denen es 271 nach Deutschland geschafft haben. Wer die anfangs zwischen 140.000,- und 175.000,- DM (Coupé- oder T-Version) oder später 80.000,- bis 90.000,- Euro Grundpreis in einen NSX investieren wollte, musste zum Teil bis zu sechs Monate warten, da die Fahrzeuge nur auf Bestellung gefertigt wurden. Eine Anzahlung von bis zu 10% war ebenso durchaus üblich, was viele Kunden verschreckt haben dürfte. Dafür erhielt man dann eines der kostspieligsten Autos der 90er Jahre, da die Versicherungssumme wegen der teuer zu reparierenden Alu-Karosserie auf Ferrari-Niveau lag und der Honda aufgrund des typischen Japaner-Images schneller an Wert verlor, als man ihn fahren konnte. Auf der anderen Seite handelt es sich jedoch auch um einen der zuverlässigsten Sportwagen – eine regelmäßige Wartung in der Fachwerkstatt vorausgesetzt. Mit dem ersten Motor sind problemlos mehr als 200.000 Kilometer drin und Rost spielt dank Aluminium keine Rolle. Mittlerweile steigen die Preise für gute NSX merklich an und erreichen bei wenig gefahrenen Exemplaren bereits annähernd den Neupreis.

Auch im Motorsport war der NSX häufig anzutreffen. So setzte das deutsche Seikel Team zwei Fahrzeuge im ADAC GT Cup 1993 ein. Ein Jahr später fuhren nach dem damaligen GT2-Reglement aufgebaute NSX die 24 Stunden von Le Mans und den ADAC GT Cup. 1994 kehrte man mit der GT2-Version an die Sarthe zurück, erreichte jedoch nur die unbefriedigenden Positionen 14, 16 und 18. Für das Folgejahr wurden zwei verschiedene Konzepte verfolgt: ein Saugmotor-NSX mit rund 410 PS und ein Turbo-NSX mit gigantischen 600 PS, die beide in der GT1-Kategorie an den Start des Langstreckenklassikers rollten. Das Ergebnis war noch niederschmetternder: der Turbo fiel nach nur sieben Runden aus, das Saugmotor-Schwesterfahrzeug erreichte nicht die nötige Mindestanzahl von Runden und wurde nicht gewertet. Stattdessen erreichte ein privat eingesetzter Vorjahres-GT2-NSX den achten Gesamtrang und den Klassensieg der GT2-Kategorie.

Ab 1996 beteiligte sich Honda aktiv an der japanischen GT-Meisterschaft (JGTC). Diese Meisterschaft ist in die Klassen GT500 und GT300 unterteilt. In der größeren Kategorie sind weitreichende Veränderungen am Fahrzeug gestattet. So konnte man den NSX mit einem längs statt quer verbauten Motor und Turboladern ausstatten und so die Leistung auf über 600 PS steigern. Honda brachte hierfür in Japan eine auf nur 5 Exemplare limitierter Sonderserie für die Straße heraus, den NSX-R GT. Diese in Handarbeit gebauten Fahrzeuge kosteten zwar rund 375.000,- Euro und waren nur in Japan erhältlich, dennoch war die Kleinserie binnen Stunden verkauft.

In der seriennahen GT300-Klasse wurde der NSX anfänglich nur halbherzig eingesetzt. Erst ab 2004 wurde das Fahrzeug weiterentwickelt und das Team mit aufstrebenden japanischen Rennfahrern besetzt, die eine Chance auf den Sprung ins große Rennfahrzeug erhalten sollten. Obwohl die Serienfertigung des NSX 2005 eingestellt wurde, fuhren die Rennfahrzeuge der GT300 und GT500 bis Ende 2009 weiterhin um Meisterschaftspunkte mit. Für 2010 sind sie jedoch aufgrund einer Reglementsänderung nicht mehr zugelassen, da nun der Motor vor dem Fahrer verbaut sein muss.

Bekannt wurde der NSX in Deutschland auch durch die Teilnahme am 24-Stunden-Rennen auf der Nordschleife. 2003 tauchte erstmals ein rechtsgelenkter NSX R beim Rennen zweimal rund um die Uhr und bei Läufen der VLN auf. Er blieb 3 Jahre lang ein regelmäßiger Bestandteil der Rennserie und steht aktuell zu Verkauf. 2004 setzte eine bekannte deutsche Autozeitschrift noch eins oben drauf und brachte in Zusammenarbeit mit Honda Deutschland einen GT500-NSX in die Eifel mit. Zwar war „nur“ ein GT300-Motor verbaut, dennoch machte sich der rund 420 PS starke Renner schnell einige Fans. Im Rennen fiel man auf Rang 10 liegend aus, da die vielen Bodenwellen des Eifelkurses Gift für die filigrane Technik des Geschosses waren und das Differential irreperabel gebrochen war.

Aufgrund des fantastischen Fahrgefühls verglichen nicht wenige Tester den Wagen mit weit teureren Sportwagen aus der selben Zeit und kamen dabei zu dem Urteil, dass weder ein Ferrari F355, noch ein Porsche 911 gegen den Honda NSX bestehen könnten. Einzig der nichtssagende japanische Markenname und der damit verbundene hohe Wertverlust dürften die potenziellen Kunden von einem Kauf abgehalten haben. Schade, so ist aus dem „besten Ferrari, den Honda je gebaut hat“ ein seltenes Sammlerobjekt geworden.

Quelle: Honda, CP-Archiv

Autor: Matthias Kierse