Jedes autobegeisterte Kind kennt ihn, den Flügeltürer, den Mercedes-Benz 300 SL. Eine deutsche Auto-Ikone, einer der ersten Supersportwagen und seiner Zeit damals weit voraus. Damals? Ja, es ist bereits 55 Jahre her, dass die Produktion des 300 SL in Stuttgart begann. Noch länger liegt der Beginn der Erfolgsstory „300 SL“ zurück: bei der Mille Miglia 1952 starteten erstmals Werkswagen mit diesem Namen.

Mercedes-Benz 300 SL

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Beginnen wir diese Story daher tatsächlich mal ganz weit zurück, im Jahr 1952 beim Ersteinsatz des Mercedes-Benz 300 SL. Bei Mercedes-Benz hatte man 1951 entschieden, wieder am Motorsport teilzunehmen und die Rennabteilung hatte einen neuen Tourenwagen für die Sportwagenrennen der 1950er Jahre entwickelt. Begonnen hatte man mit einem weißen Blatt Papier. Sehr schnell stand die Entscheidung fest, auf einem Rohrrahmen aufzubauen, um dem Wagen viel Steifigkeit zu geben. Aufgrund der hohen Rahmenbauweise im Bereich der Schweller stand man recht bald vor der Überlegung, welches Türenkonzept einen guten Ein- und Ausstieg gewährleistet. Man erfand schließlich das charakteristische Merkmal des 300 SL: die Flügeltüren. Wegen der geschwungenen Form der geöffneten Türen bekam der Wagen in den USA von Autofans den Spitznamen „Gullwing“ (Möwenflügel). Der Wagen hatte den 3-Liter Motor aus dem Mercedes-Benz 300 (bekannt unter dem Spitznamen „Adenauer“) mit 175-Vergaser-PS.

Bei den ersten Rennsporteinsätzen bei der Mille Miglia, in Bern, in Le Mans und am Nürburgring, sowie bei der berühmten Carrera Panamericana in Mexico 1952 waren die Wagen sehr erfolgreich. Unter anderem setzte man auch einige Roadsterversionen ein, die gegenüber dem Coupé 100 kg Gewicht einsparten. Die ersten Kundenanfragen gingen bei Mercedes-Benz ein, obwohl ursprünglich niemals geplant war, den 300 SL auf die Straße zu bringen. Dank des amerikanischen Mercedes-Benz-Importeurs Maximilian Hoffmann konnten aber so viele potenzielle Kunden aufgetan werden, dass sich eine Weiterentwicklung zum Serienfahrzeug lohnte.

Im Februar 1954 stand der fertig entwickelte 300 SL auf der Autoshow in New York und sorgte für große Menschenaufläufe am Stand von Mercedes-Benz. Das Kürzel 300 SL stand übrigens für den Hubraum von 3 Litern, Sport und Leicht. Begeistern konnte der neue deutsche Sportwagen nicht nur durch seine unglaublich schöne Form, sondern auch durch technische Detaillösungen, die es so noch nicht gegeben hatte. Als erster Serienwagen verfügte er über einen Viertaktermotor mit Benzindirekteinspritzung. Diese Technik ist also mitnichten eine Erfindung der Neuzeit.

Da bei den Rennfahrzeugen aufgefallen war, dass der Einstieg trotz großer Flügeltüren nicht ganz einfach war, wurde das Lenkrad klappbar gestaltet. Durch Betätigung eines Hebels klappt es nach unten weg und macht den Platz zum einfädeln der Beine im Fußraum deutlich größer. Die Sitze waren serienmäßig mit kariertem Stoff bezogen, Leder war gegen Aufpreis lieferbar. Bei den später durchgeführten Restaurierungen wurden viele Fahrzeuge auf die beliebte Kombination silber mit rotem Leder umgebaut. Silber war zwar die offizielle Präsentationsfarbe, viele Autos wurden jedoch in schwarz, rot, dunkelgrün oder elfenbein ausgeliefert.

Neben der Benzindirekteinspritzung waren die technischen Daten des 300 SL eine krasse Ansage in den 1950er Jahren. Aus dem 3-Liter-Sechszylindermotor holte man 158 kW/215 PS. Klingt in der heutigen Zeit nach einer besseren Familienlimousine, aber damals war man mit einem 30 PS-VW Käfer unterwegs und fühlte sich gut motorisiert. Wenn dann jedoch ein Mercedes-Benz 300 SL mit bis zu 260 km/h auf der Autobahn vorbeigeflogen kam, wurden die Augen natürlich groß.

Im August 1954 begann die Produktion im Werk Sindelfingen und bis 1957 wurden 1400 Exemplare gebaut – bei einem Neupreis von 29.000,- DM. Zum Vergleich: ein nagelneuer Mercedes-Benz 170 Vb kostete 7.900,- DM! Der Großteil der Produktion ging in die USA, heute sind die Fahrzeuge bei Sammlern weltweit begehrt und bereichern Oldtimer-Rallyes und – Museen. 1957 folgte der 300 SL Roadster, der den Beginn der Erfolgsstory der offenen SL-Modelle aus dem Hause Mercedes-Benz darstellt.

Quelle: Mercedes-Benz Presseserver

Autor: Matthias Kierse