Bis heute kennt ihn fast jedes Kind und doch dürfen die ersten Exemplare der Baureihe nun bereits ein H-Kennzeichen tragen: Der Ferrari Testarossa wird 30 Jahre alt. Als Mittelmotorsportwagen mit 180°-V12-Triebwerk, eckigem Design und einem großen Namen kam er 1984 auf den Markt. Bis 1996 blieb er in drei Modellauflagen im Programm und gehört immer noch zu den bekanntesten Ferraris.

30 Jahre Ferrari Testarossa

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1984 rollten die ersten Exemplare des Ferrari Testarossa - zu erkennen am einzelnen Außenspiegel an der A-Säule - aus dem Werk in Maranello. Heute gibt es das H-Kennzeichen.

Als Anfang der 1980er Jahre der legendäre Ferrari Berlinetta Boxer (365 GT/4 BB, 512 BB und zuletzt 512 BBi) langsam auf sein Produktionsende zusteuerte, wuchs die Spannung auf den entsprechenden Nachfolger. Recht bald gab es erste Anzeichen dafür, dass es erneut ein Mittelmotorsportwagen sein würde. Der Zwölfzylindermotor war sowieso in Stein gemeißelt. Doch die Form, jene mit Ecken, Kanten und vor allem Gittern versehene Form des Nachfolgers sorgt bis heute für Hochachtung, damals vor allem aber für offene Münder.

In Anlehnung an zwei legendäre Rennmodelle der 50er Jahre benannte Ferrari den Wagen „Testarossa“ und lackierte folgerichtig die Zylinderköpfe in rot. Wie beim Vorgänger BB handelt es sich beim Testarossa-Triebwerk zwar um einen Flachmotor mit exakt gegenüberliegenden Zylindern, aber dank seiner Kurbelwelle mit je zwei Pleueln pro Hubzapfen nicht um einen Boxermotor (bei dem hat jedes Pleuel eine eigene Kurbelwellenkröpfung). Aus 4,9 Litern Hubraum wurden 291 kW/390 PS geholt, die für eine Höchstgeschwindigkeit von 291 km/h ausreichten. In nur 5,8 Sekunden konnte aus dem Stand Tempo 100 erreicht werden.

Auf den ersten Blick könnte man meinen, dass dieser Motor offenbar hinter Gitter gesperrt werden musste. Bereits vorn empfängt den Betrachter ein vergitterter Kühllufteinlass zwischen den im Stoßfänger integrierten Standlicht- und Blinkereinheiten. Darüber erstreckt sich eine ansteigende Kofferraumhaube mit zwei Klappscheinwerfern. Seitlich fallen direkt die nächsten Gitter ins Auge. Unterhalb der seitlichen Fenster ziehen sich Kühlluftkiemen nach hinten, die dem Triebwerk Frischluft zuführen. Gleichzeitig wachsen eckig geschnittene Kotflügel von der eigentlichen Insassenzelle nach außen und enden in einem kantigen Heck, dessen Abschluss erneut von einem Gitter gebildet wird, hinter dem auch die Rückleuchten verschwinden. Die Motorhaube wird seitlich von zwei Finnen begrenzt, die optisch an die Fahrgastzelle anschließen. Dazwischen steht senkrecht die Rückscheibe, während auf der Haube selbst – Sie ahnten es bereits – ein Gitter für eine gute Abfuhr der heißen Motorabluft sorgt.

Frühe Exemplare des Ferrari Testarossa erkennen Experten an lediglich einem Außenspiegel, der weit oben an der A-Säule befestigt wurde. Aufgrund sich ändernder Zulassungsvorschriften wurde alsbald ein zweiter Spiegel ergänzt und widerum etwas später die Befestigung nach unten verlegt, um die Rundumsicht zu verbessern. Nicht nur das kantige Äußere, auch das ebenso eckige Interieur spricht klar die Sprache der 1980er Jahre. Allerdings verzichtet der Testarossa dankenswerter Weise auf Unarten wie ein digitales Mäusekino und stellt dem Piloten stattdessen alle relevanten Daten auf zwei großen und zwei kleinen Rundinstrumenten zur Verfügung. Das restliche Armaturenbrett konzentriert sich auf’s Wesentliche – es ist da und immerhin mit Leder bezogen, aber Spielereien wie sie heute üblich sind, sucht man vergeblich. Ansonsten sind da noch ein dreispeichiges Sportlenkrad und der lange Schalthebel des manuellen Fünfgang-Getriebes zu erwähnen, denn mithilfe dieser beiden und eines beherzten Gasfußes entlockt man dem Testarossa viel Fahrdynamik und sich selbst ein breites Grinsen.

1991 erhielt der Ferrari Testarossa eine Modellpflege, durch die die Zahlenkombination 512 wieder zurückkehrte und gleichzeitig der Name auf TR abgekürzt wurde. Neue Schürzen, eine flachere Motorhaube und ein modernisiertes Interieur machten die optischen Unterschiede aus, eine Leistungssteigerung auf 315 kW/428 PS half dabei, endlich die 300 km/h-Marke zu überspringen: Tempo 307 war nun möglich.

Ein weiteres Facelift 1994 machte aus dem 512 TR den Ferrari F512M, wobei das M für „Modificata“ steht. Diesmal ging es dem Testarossa etwas mehr ans Eingefleischte, denn die liebgewonnenen „Schlafaugen“, also die ausklappbaren Hauptscheinwerfer mussten hinter Klarglas verbauten Einheiten weichen. Auch die Rückleuchten waren nun nicht mehr hinter dem Heckabschlussgitter verborgen sondern durchbrachen als Rundleuchten eben jenes. Der 4,2 Liter V12 erhielt ein letztes Leistungsplus auf nun 324 kW/440 PS, was den F512M bis zu 315 km/h schnell macht. Von dieser letzten Auflage wurden jedoch bis 1996 lediglich rund 500 Exemplare gefertigt. Das entspricht etwa einem Fünfzehntel der Testarossa-Gesamtproduktion (Testarossa, 512 TR und F512M zusammen). Als Nachfolger rollte der F550 Maranello mit V12-Frontmotor zu den Händlern. Bis heute gab es im normalen Programm keinen neuen V12-Mittelmotorsportwagen aus dem Hause Ferrari – die Supersportwagen F50, Enzo Ferrari und LaFerrari einmal ausgenommen.

Wir gratulieren dem Testarossa herzlich zum erreichen des H-Kennzeichen-Alters und hoffen, dass seine Besitzer mit ihm soviel Spaß haben, wie die Betrachter beim optischen Erforschen seiner Formen. Diese finden sich nicht nur in Kult-TV-Serien wie Miami Vice, sondern auch immer wieder in gezeichneter Form in Zeichentrickserien aller Art wieder. Dass der Wagen klar auf den US-Markt abgezielt hat sieht man auch an allen offiziellen Pressebildern: Es ist stets die US-Version mit seitlichen Begrenzungsleuchten abgebildet.

Quelle: Ferrari