Neben der heutigen Modelloffensive aus Zuffenhausen wirkt die Anzahl der Varianten des 964 geradezu übersichtlich. Die radikalste Straßenversion feiert in diesem Jahr ihren 20. Geburtstag: Der Porsche 964 Carrera RS. Zeit, einmal auf diesen Supersportler der 1990er Jahre zurückzublicken und die Entstehungsgeschichte aufzuarbeiten. Happy Birthday, 964 Carrera RS. Man hätte sich einen sichern sollen…

Porsche 964 Carrera RS

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Die normalen Varianten "M001" und "M002" kamen serienmäßig mit dem automatisch ausfahrenden Heckflügel.

Eine Legende wird 20, und wie es sich für Legenden gehört, hat auch diese Geschichte auch ihren Urknall, ihre Tiefpunkte und ihre Glanzlichter. Wie kein anderes Auto symbolisiert der Porsche 964, und natürlich in besonderer Form unser Geburtstagskind Carrera RS, die Brücke zwischen der automobilen Vergangenheit und der technisch komplexen Neuzeit. Warum? Weil der 964 ein Zwitterwesen ist, denn er sieht grundsätzlich aus wie der schon 1964 gebaute 911er, hat aber alle technischen Finessen der modernen Automobilwelt, also Doppelairbag, Klimaanlage, ABS, Servolenkung, Bordcomputer, elektrische Sitze und Diebstahlwarnanlage. Und was dem M3 sein CSL, dem 430 sein Scuderia und dem Gallardo sein Superleggera, das war 1991 dem 964 sein RS.

RS steht für Rennsport, und das ist bei Porsche nicht nur eine leere Phrase, sondern ein Versprechen! In die Reihe seiner Väter und Söhne eingereiht, steht der Carrera RS zwischen dem Urelfer Carrera RS 2.7 von 1972 und dem 993 Carrera RS von 1995. Dabei befolgt das Kürzel RS ein einfaches Rezept: man nehme etwas weniger Gewicht, ein bisschen mehr Leistung, eine stärkere Bremse und noch eine Prise optische Goodies, und schon hat man ein geschmackvolles Automobil zubereitet.

Während sich der normale 964 dank seiner komfortspendenden Extras zu einem Warmduscher-Elfer mit Langstreckentauglichkeit entwickelt hatte, ging man beim Carrera RS wieder einen radikalen Schritt zurück, entledigte sich des Unterbodenschutzes, der Rücksitzbank, den Türpappen, der Zentralverriegelung, den elektrisch verstellbaren Sitzen, dem Airbag, der Alarmanlage und packte eine Kofferraumhaube aus Aluminium vorn hin, ersetzte die Verglasung der Seiten- und des Heckfensters durch Dünnglas – und erzielte somit ein Gesamtgewicht von 1.220 kg.

Motorseitig blieb Porsche eher konservativ und verpasste dem Carrera RS nur 10 zusätzliche Pferdchen durch die Anpassung der Zündwinkel. Doch reichten die 260 PS (191 kW) für eine respektable Zeit von 5,3 Sekunden für den Sprint von 0 auf 100 Stundenkilometer. Da gab es an deutschen Saugmotor-Seriensportwagen eigentlich nichts, was da 1991 mithalten konnte. Offizieller Geburtstermin des Carrera RS war der 22. September 1991, auf dem Automobil-Salon in Birmingham. Seine Gene hat er aus dem Carrera Cup und wurde strikt nach den Regeln des N/GT Reglements entworfen. Sein eigentlicher Daseinsgrund ist die wie so oft im Motorsport vorkommende Pflicht, einen Rennwagen zu homologieren. Beim Carrera RS bedeutete dies 1.000 Fahrzeuge in 12 Monaten zu bauen, was im Übrigen ein leichtes Unterfangen war. Denn Porsche hatte schon vorab seine besten Kunden angeschrieben, um die Resonanz zu überprüfen. So wurden schlussendlich 2.279 Fahrzeuge an den Mann oder die Frau gebracht. Dabei gab es drei verschiedene Ausstattungsvarianten:

  • M001: Teppichmodell (Basisversion)
  • M002: Touring
  • M003: Einsatzfahrzeug für die N/GT-Kategorie im GT-Motorsport

Bei den Farben war die Auswahl ab Werk auch eher beschränkt:

  • Maritimblau
  • Sternrubin
  • Indischrot
  • Amethyst metallic
  • Grand-Prix Weiß
  • Nachtblau metallic
  • Polarsilber metallic

Dazu gesellten sich einige wenige Fahrzeuge in Sonderfarben.

Um die sportlichen Gene des im Vergleich zum Carrera 2 um 10% gewichtsoptimierten Carrera RS zu unterstreichen, erhielt er an der Vorderachse die 322 x 32 mm große Bremse des 964 turbo 3.3 und an der Hinterachse die 299 x 24 mm starke Anlage des Cup-Carrera. Und wie es sich für einen Spitzensportler gehört, wird natürlich auch auf das richtige Schuhwerk geachtet. Im Falle des Carrera RS sind es Magnesium Felgen im Cup Design, die etwas breiter als bei den Großserienbrüdern sind. So fuhr man mischbereift mit 7,5 J x 17″ vorn und 9 J x 17″ hinten. Wie eingangs schon erwähnt hat jede Legende ihre Höhen und Tiefen. Unser Geburtstagskind Carrera RS hat seinen Urknall im 72er Carrera RS 2,7, dessen Rennsportgene erfolgreich in die Neuzeit transferiert wurden. Der Tiefpunkt waren die 90er Jahre, als die Wertschätzung für den 964 nicht sonderlich hoch war und viele Carrera RS ihr Ende auf den Rennstrecken dieser Welt fanden. Das Glanzlicht aber ist die Gegenwart und der Hype, der momentan um die Carrera RS-Modelle stattfindet. Man muss nur die einschlägigen Automobilbörsen besuchen, um zu merken, dass der Neupreis für ein Teppichmodell (M001) mit 145.450 D-Mark ein wahres Schnäppchen war.

Also hoch die Gläser, ein Prost auf die nächsten 20 Jahre!

Quelle: Porsche

Autor: Stefan Schnuse