Drei Jahre nach der Präsentation als Studie zeigen die Schwaben den Mercedes-Benz SLS AMG Electric Drive momentan auf dem Pariser Salon in seiner serienreifen Version. Ab Anfang kommenden Jahres können erste Kunden den umgerechnet 750 PS starken Elektrosportwagen live erleben. Vier Elektromotoren sorgen für extremen Vortrieb und sind frei ansprechbar, um eine hervorragende Fahrdynamik zu erreichen.

Mercedes-Benz SLS AMG Electric Drive

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Neben dem "Electric Drive"-Schriftzug an der Seite gibt es ein eigenständiges Logo, das gezielt an Stecker und Steckdose erinnern soll.

Als Mitte 2010 die Studie Mercedes-Benz SLS AMG E-Cell vorgestellt wurde, schüttelten einige Experten noch mit dem Kopf: Soetwas wird niemals in Serie gehen. Nun, sie irrten gewaltig. Mercedes AMG hat tatsächlich den Mut, einen solchen Elektrosportwagen in Kleinserie auf den Markt zu bringen und hat nebenbei während der Entwicklung noch ein wenig Leistung im System gefunden, die man den Kunden gern mitgibt. Während der E-Cell noch mit 392 kW (umgerechnet 533 PS) und einem Drehmoment von 880 Newtonmetern ausgerüstet war, bringt die Serienumsetzung, die auf den Namen SLS AMG Electric Drive hört, 552 kW auf alle vier Räder. Das wären 750 Pferdestärken bei einem Verbrennungsmotor. Dazu steigt das maximale Drehmoment auf 1.000 Newtonmeter an.

Die Entwicklung der elektrisch betriebenen SLS-Variante wurde aufgeteilt zwischen dem gewohnten Team aus Affalterbach und den Experten des Formel 1-Rennteams Mercedes AMG GP aus Brixworth, wo auch die Abteilung Mercedes AMG High Performance Powertrains ihren Sitz hat. Hier konnte gezielt das Know How angezapft werden, das mit dem Einsatz von KERS in der Formel 1 gewonnen wurde. So wird erreicht, dass die vier Elektromotoren – je Rad einer, allerdings innen an der Achse angeordnet und nicht als Radnabenmotoren – synchron zusammenarbeiten und den SLS in 3,9 Sekunden aus dem Stand auf Tempo 100 beschleunigen können. Die Höchstgeschwindigkeit wurde im Hinblick auf eine längere Reichweite bei 250 km/h abgeregelt.

Die vier Elektromotoren ermöglichen einen intelligenten permanenten Allradantrieb. Sie sind einzeln ansprechbar und würden somit theoretisch ermöglichen, den SLS AMG Electric Drive auf der Stelle wenden zu lassen, wie man es von Panzern kennt. Genutzt wird es stattdessen, um die Fahrdynamik des Sportwagens auf eine neue Ebene zu heben. Durch gezielte Brems- und Beschleunigungsbefehle an einzelne Räder steigt die Traktion, während das Einlenkverhalten optimiert und die Tendenz zum unter- oder übersteuern deutlich verringert wird. ESP und ASR sind zwar an Bord, müssen jedoch deutlich seltener mit eingreifen als in einem konventionellen Fahrzeug. AMG nennt die Drehmomentverteilungstechnik Torque Dynamics. Durch einen Drehregler im Cockpit kann der Fahrer drei verschiedene Modi auswählen: „C“ (Comfort) für einen hohen Fahrkomfort, „S“ (Sport) für sportlichere Fahrmanöver und „S+“ (Sport plus) für den Ausflug auf die Rennstrecke. Gegenüber dem benzingetriebenen SLS wird außerdem eine neu entwickelte Vorderachse mit Pushrod-Federung und eine elektrohydraulische Servolenkung verbaut.

Dem SLS AMG Electric Drive wurde von den Ingenieuren ein reizvolles eigenständiges Klangbild anerzogen. Bereits beim Druck der „Power“-Taste ertönt ein charakteristisches Anlassgeräusch, das anschließend zu einem Fahrgeräusch wird, das je nach Fahrsituation variiert. Gleichzeitig werden Störgeräusche elektronisch eliminiert, ein Vorgang, den man Soundcleaning nennt. Die Fahrgeräusche kommen zum Teil vom Fahrzeug und zum anderen Teil durch die elf Lautsprecher der serienmäßigen Audioanlage. Nach NEFZ-Standard können die Insassen diesen Sound bis zu 250 Kilometer am Stück genießen, bis sie den SLS AMG Electric Drive wiederaufladen müssen. Dieser Vorgang dauert an öffentlichen Ladesäulen rund drei Stunden. Für die heimische Garage liefert Mercedes AMG gegen Aufpreis eine Wallbox mit, die 22 kW starken Strom für den Ladevorgang bereitstellt und diesen somit ebenfalls in drei Stunden erledigt. An einer Haushaltssteckdose würde es rund 20 Stunden dauern, bis die insgesamt 864 Zellen in den 12 Akkumodulen komplett aufgeladen wären.

Der neue SLS AMG Electric Drive unterscheidet sich optisch nur durch wenige Details vom bereits bekannten Flügeltürer-Coupé. Unterhalb der Frontschürze findet sich eine neue Spoilerlippe aus Carbon für etwas mehr Abtrieb. Aufgrund geringeren Kühlbedarfs konnte die große Luftöffnung an der Front neu gestaltet und mit einer in Wagenfarbe lackierten Fläche mit bionischen Öffnungen versehen werden. Damit wird auch die aerodynamische Effizienz des Elektrosportlers verbessert. An den Luftauslässen in den vorderen Kotflügeln findet sich der speziell gestaltete „Electric Drive“-Schriftzug in Kombination mit einem eigenständigen Logo, das ein wenig an die Kombination von Stecker und Steckdose erinnern soll. Auch die Heckschürze erfuhr eine Umgestaltung und erhielt einen neuen Diffusoreinsatz. Ob das chromglänzende Blau der Präsentationsversion auch käuflich zu erwerben sein wird, ließ Mercedes-Benz noch offen. Sicher sind hingegen fünf konventionelle Lacke und das matte neongelb – AMG Electricbeam magno genannt – mit dem die Studie begeistern konnte.

Die Markteinführung des Mercedes-Benz SLS AMG Electric Drive wird im kommenden Jahr erfolgen. Preislich beginnt der elektrisierende Spaß bei 416.500,- € inklusive Steuern.

Quelle: Mercedes-Benz

Autor: Matthias Kierse