Normalerweise landen Messe-Einzelstücke von Lamborghini nach großen Automessen im hauseigenen Museum. Doch der Lamborghini Aventador J ist nicht „normal“. Der Wagen entstand auf den Wunsch eines wohlhabenden Kunden und wird im Anschluss an den Genfer Salon 2012 in dessen Besitz wechseln. Weitere Exemplare des Aventador J wird es weder für Geld, noch für gute Worte geben. Es bleibt ein 700 PS starkes Unikat.

Lamborghini Aventador J

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Der 700 PS starke Roadster zeigt sich derartig offen, dass für die Besatzung Integralhelme zum Pflichtprogramm gehören.

Während im Vorfeld des Genfer Salons die Gerüchteküche bereits auf Hochtouren köchelte und über SUVs oder Limousinen mit dem Stier auf der Haube spekuliert wurde, arbeiteten die Ingenieure in Sant’Agata Bolognese an einem Fahrzeug, dessen Präsentation durchaus als eine der Messe-Sensationen angesehen werden durfte: Auf Kundenbestellung wurde einem Aventador das Dach nebst Windschutzscheibe genommen. Gleichzeitig wurde die übrig gebliebene Karosserie um einige Anbauteile ergänzt, die der eh schon scharfen Optik noch einen Schuss Chili hinzufügten – und das auch farblich mit der Lackierung in rot mit Chromeffekt. Heraus kam der Lamborghini Aventador J.

Wie es zu dieser Namensgebung kommt? Erst einmal sollte man dazu wissen, dass das „J“ spanisch „Jota“ ausgesprochen wird und bereits in der Vergangenheit auf Lamborghini-Modellen zu finden war. So zierte es beispielsweise einstmals ein Einzelstück des berühmten Miura, dessen Existenz einige weitere Miura-Besitzer dazu veranlasste, ihre Fahrzeuge optisch anzupassen. Das J entstammt dem Rennsportreglement der FIA, wo im so genannten Anhang J die technische Ausstattung von Rennfahrzeugen in den verschiedenen Klassen definiert. Und von einem solchen Rennwagen ist der Aventador J nur ein minimales Stück entfernt.

Bereits der geschlossene Aventador ist eine dynamische Erscheinung und sorgt für Menschenansammlungen, wo auch immer er auftaucht. Der J setzt dem Konzept noch einmal eine deutliche Spitze auf. Neben der radikalen Reduzierung um Dach und Frontscheibe fällt auch die großzügige Verwendung von Carbon an der Karosserie auf. Erst bei genauem Hinsehen fällt jedoch auf, dass es sich nicht einfach um einen aufgeschnittenen Aventador handelt, sondern sogar ein komplett neu konzipiertes Carbon-Monocoque inklusive Überrollbügeln hinter den Sitzen zum Einsatz kommt. An der Frontschürze finden sich außen neuartige Luftleitfinnen, so genannten Winglets, durch die der Fahrtwind in die von den Ingenieuren gewünschte Richtung gelenkt wird. Nach unten hin laufen die Finnen in einen großen, vorstehenden Frontspoiler, der in Zusammenarbeit mit einem neu gestalteten Diffusor am Heck für genügend Bodenhaftung sorgt. Dabei wird das aerodynamische Gesamtwerk noch von einem Heckflügel unterstützt, dessen Flügelelement durch speziell produzierte Carbonhalter von oben her aufgehängt wurde.

Die Karosserie trägt einen roten Lack mit leichtem Chromeffekt, durch den sowohl die Carbonelemente, als auch die niedrigen Winddeflektoren vor den beiden Passagieren deutlich in Szene gesetzt werden. Damit wird bereits deutlich, dass die Besatzung den Naturgewalten im Aventador J jederzeit und direkt ausgesetzt ist. Gute Kleidung in Kombination mit einem Integralhelm ist also dringend erforderlich. Dem Interieur selbst dürfte ein wenig Regen hingegen nichts ausmachen. Armaturenbrett und Sitze bestehen aus dem von Lamborghini entwickelten und patentierten Carbonwerkstoff „CarbonSkin“, bei dem die Kohlefasern miteinander verwebt werden und durch einen speziellen Harz zwar widerstandsfähig werden, gleichzeitig aber weich bleiben und sich somit wie ein Hightech-Stoff verarbeiten lassen. Unterhalb des periskopartig emporragenden Mittelspiegels fließt das Exterieur quasi in den Innenraum, wo es der Form der Aventador-Mittelkonsole folgt. Diese verzichtet im J jedoch auf Klimaanlage oder Navigationssystem, wodurch weiteres Gewicht eingespart wird.

Während andere derartig radikale Einzelstücke aus dem Lamborghini Centro Stile im hauseigenen Museum in Sant’Agata besichtigt werden können, muss man beim Aventador J abwarten, was sein neuer Besitzer mit ihm vorhat. Im schlechtesten Fall wird der Wagen die kommenden Jahre in einer gut klimatisierten Garage verbringen. Es ist jedoch durchaus denkbar, das 515 kW/700 PS starke, radikal offene Fahrzeug live zu erleben – immerhin ist der Lamborghini Aventador J offiziell straßenzulassungsfähig. Über den Preis dieses einmaligen Sportgerätes hielten sich die Italiener in Genf äußerst bedeckt.

Quelle: Lamborghini

Autor: Matthias Kierse