Nach C-, D- und E-Type hat es lange gedauert, bis nun mit dem Jaguar F-Type ein würdiger Nachfolger ins Portfolio der Briten aufrücken durfte. Im Rahmen der F-Type Experience durften wir dem Auto auf den Zahn fühlen – und dabei gleichzeitig die neue Test- und Präsentationsstrecke Bilster Berg mit unter die Lupe nehmen. Da reist man doch gleich doppelt so gerne an. Ob 380 oder 495 PS, hier geht’s vorwärts.

Jaguar F-Type

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Der neue Jaguar F-Type stellte sich am Wochenende am Bilster Berg Drive Resort den interessierten und fachkundigen Blicken einiger eingeladener Interessenten.

Am Wochenende trafen zwei Dinge aufeinander, auf die Fans jeweils lange warten mussten. Der Veranstaltungsort: Bilster Berg Drive Resort, die neue Test- und Präsentationsstrecke in der Nähe von Paderborn. Hier wurde von einer engagierten Truppe rund um Initiator Markus Graf von Oeynhausen aus einem ehemaligen Munitionsdepot und Militärgelände eine faszinierende neue Pilgerstätte für Menschen mit Benzin im Blut geschaffen. Auf Basis der alten Verbindungswege wurde eng an die natürliche Topografie angeschmiegt ein Rundkurs entwickelt, der es fahrtechnisch in sich hat und durchaus zu begeistern weiß. Allerdings musste gegen allerhand Windmühlen auf rechtlicher Seite angekämpft werden, bis vor zwei Wochen endlich die Erstveranstaltung stattfinden konnte. In Zukunft sind hier neben Trackdays und Präsentations-Events auch Touristenfahrten angedacht.

Der Veranstaltungsgrund: Im Rahmen der F-Type Experience, die von der hauseigenen Internetaktion F-Type Circle ausgeht, stellte Jaguar den neuen Roadster fahraktiv und live erstmals interessierten Kunden vor. Auf dieses Auto mussten die Fans der britischen Marke noch deutlich länger warten, als auf die rechtliche Freigabe zur Befahrung des Bilster Bergs. Seit den seligen Zeiten des E-Type wurde ein sportlicher Zweisitzer schmerzlich vermisst. Dass im Rahmen des Kundenevents auf der Teststrecke gleich drei CPzine-Redakteure zur gleichen Zeit eingeplant wurden, darf unter der Kategorie „Zufall“ verbucht werden. Nach einem emotions- und spaßreichen Nachmittag standen dadurch jedoch entsprechend viele Meinungen zur Verfügung.

Eins vorab: Das Gesamturteil über den neuen Jaguar F-Type fiel bei uns dreien durchweg positiv aus. Die Briten haben an dieser Stelle definitiv verstanden, dass im Segment der zweisitzigen Sportwagen mit einem komfortorientierten Cruiser nur wenige Blumentöpfe zu gewinnen wären und haben daher den neuen F-Type konsequent sportlich ausgelegt. Für die Fahrerfahrungen standen der 280 kW/380 PS starke V6 S und der 364 kW/495 PS V8 S, jeweils mit Kompressoraufladung ausgestattet, zur Verfügung. Das Programm war so gestaltet, dass man den Wagen rund eine Stunde lang auf der Landstraße und anschließend ebenfalls rund eine Stunde auf der Strecke des Bilster Berg live erleben und erfahren konnte.

Zunächst einmal hieß es Platz nehmen. Man hatte ausreichend Zeit, um sich mit dem fein verarbeiteten Cockpit des F-Type zu beschäftigen. Alle Bedienknöpfe sind logisch angeordnet und man findet sich selbst als Jaguar-Novize schnell zurecht. Als nächstes hieß es logischerweise Dach auf – selbstverständlich elektrisch – und Fenster runter. Nach einer kurzen Instruktion ging es los, endlich durften wir den verheißungsvollen Knopf „Engine Start“ drücken. Zunächst ging es hinter dem Führungsfahrzeug her und die erreichten Landstraßen- und Kurventempi waren durchaus beeindruckend. Das Fahrzeug liegt absolut stabil und lässt sich trotzt abgeschalteter Fahrhilfen nicht aus der Ruhe bringen. Für die zweite Landstraßenrunde hieß es Fahrzeugtausch. Wer auf der ersten Runde im Sechszylinder saß, nahm nun im Achtender Platz und umgekehrt. Wir fuhren nun direkt hintereinander und während Oliver Kühlein den V8 S als Vorausfahrzeug pilotierte steuerte Matthias Kierse direkt dahinter den V6 S. Beeindruckend war dies insofern, da es dem deutlich stärker motorisierten Fahrzeug nicht gelang den schwächeren Wagen deutlich zu distanzieren. So hielt sich der kleinere F-Type immer im direkten Windschatten des Vorausfahrenden. Der Eindruck, dass der V8 nicht zwingend notwendig ist festigte sich dann auch später auf der Rennstrecke. Beim Blick auf die offiziellen Fahrwerte bestätigt er sich ebenso: 4,9 Sekunden auf Tempo 100 im V6, 4,3 im V8. Das Spitzentempo von 275 zu 300 km/h konnte die größere Motorisierung auf der kurvigen Landstraße logischerweise nicht ausspielen.

Nachdem sich die Teilnehmer auf der Landstraße ausgetobt hatten ging es zur nächsten Station auf die Teststrecke Bilster Berg. Man verteilte sich jeweils zu zweit auf acht bereitstehende Fahrzeuge und nahm in Vierergruppen hinter einem Instruktor die für alle noch unbekannte Strecke erstmals in Augenschein. Durch gezielte Hinweise zur Ideallinie und gut platzierte Pylonen, die den Einlenk-, Scheitel- und Ausgangspunkt der Kurven markierten, fassten die meisten Fahrer schnell Mut, um zügig ihre Runden zu drehen. Hier ging es dann selbstverständlich noch einmal ein ganzes Stück dynamischer zu, als vorher auf der Landstraße und die Teilnehmer durften selbst erfahren, wie gut der F-Type ausbalanciert ist und wie präzise er sich dirigieren lässt. Die Strecke des Bilster Berges tat ein Übriges dazu den Anwesenden ein breites Grinsen auf die Gesichter zu zaubern.

Als finales Highlight durfte man sich zum Abschluss des Tages noch neben einen der prominenten Instruktoren, darunter Dominik Schwager, Horst von Saurma und Altfried Heger, setzen, um einmal zu erleben, was mit dem neuen Jaguar F-Type auf dem Bilster Berg wirklich geht, wenn man die Kuh einmal fliegen lässt. Spätestens jetzt hingen die Mundwinkel dauerhaft an den Ohren fest. Für diese Demonstrationsrunden wurde der F-Type V6 S gewählt. Laut Aussage der Instruktoren ist der Achtzylinder auf dieser Strecke zwar rund 2 Sekunden pro Runde schneller, holt die Zeit allerdings ausschließlich auf den Geraden heraus. Der Sechszylinder-Roadster ist im direkten Vergleich weniger kopflastig und daher eine Spur kurvengieriger.

Daher stand für uns CPzine-Redakteure auch fest, dass wir dem neuen Jaguar F-Type S mit dem V6-Kompressor-Triebwerk durchweg hochgereckte Daumen attestieren. Einzig der rotzige Sound des Achtzylinders in Verbindung mit der in allen Modellen verbauten, absolut fantastischen Achtgang-Automatik wäre ein Grund, sofort schwach zu werden und zwei Brennräume mehr zu ordern. Dabei klagt man allerdings auf hohem Niveau, denn auch die kleinere Variante entwickelt durchaus ordentliche Klänge und überträgt die Kraft über die gleiche Einheit auf die Hinterräder, wodurch sich in Sachen Schaltzeiten, Zwischengas-Sinfonien und Cruiser-Qualitäten nichts ändert.

Autoren und Fotografen: Michael Müller, Oliver Kühlein (2 Bilder) und Matthias Kierse (8 Bilder)