Was tun, wenn man plötzlich feststellt, dass alles, was man macht, demnächst nicht mehr erlaubt ist? Diese Frage stellte sich der Sportwagenmanufaktur Wiesmann dieses Jahr, da ab Anfang 2011 nur noch Fahrzeuge mit Euro5-Abgasnorm zulassungsfähig sind. Wiesmann stellte sich der Aufgabe und so erhalten MF4 und MF5 komplett neue Motoren von Partner BMW, der auch den MF3 Roadster-Antrieb auf die neue Norm hochrüstete.

Wiesmann

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Schön, wenn man gute Freunde hat. Das gilt nicht nur im Privatleben, sondern durchaus auch im Geschäftsalltag. Die Partnerschaft zwischen BMW in München und der Sportwagenmanufaktur Wiesmann aus dem westfälischen Dülmen kann man durchaus als Freundschaft ansehen. Welcher Kleinhersteller hat schon die Chance, einen Motor weiterhin zu beziehen und sogar weiterentwickelt zu bekommen, der eigentlich gar nicht mehr produziert werden sollte?

Bei BMW ist der Reihensechszylinder, der im Wiesmann MF3 Roadster seinen Dienst verrichtet, unlängst aus dem Modellprogramm genommen worden. Fans des rassigen Dülmeners fürchteten daher bereits den ersatzlosen Wegfall ihres offenen Lieblings. Diese Gefahr ist gebannt. Die Münchener besahen sich das Triebwerk noch einmal ganz genau und haben es geschafft, den 252 kW/343 PS starken Sechsender auf Euro5 hochzurüsten. Damit bleibt das beliebte „Baby Wiesel“ nahezu unverändert im Programm.

Nicht ganz so einfach stellte sich die Aufgabe beim nächstgrößeren Modell, dem MF4 als GT und Roadster dar. Der 4,8 Liter große V8, der bislang hier für Vortrieb und dumpfes Grollen sorgte, ist zwar ein faszinierendes Stück bayrischer Automobiltechnik, ließ sich allerdings weder für Geld noch für gute Worte davon überzeugen, so wenige Abgase auszuhusten, dass eine Zertifizierung nach Euro5 in erreichbare Nähe gerückt wäre. Somit blieb Wiesmann nichts anderes übrig, als sich im BMW-Programm nach adäquatem Ersatz umzusehen. Fündig wurde man beim 4,4 Liter großen V8-Motor, der auch zum Beispiel im 550i arbeitet.

Dieses Triebwerk bricht allerdings ganz entschieden mit einem bisherigen Wiesmann-Grundsatz: Es ist kein Saugmotor! Zwei Turbolader setzen die acht Zylinder unter Druck und erzeugen dabei eine Spitzenleistung von 300 kW/407 PS. Damit erreicht der MF4 eine maximale Geschwindigkeit von 291 km/h und beschleunigt in lediglich 4,6 Sekunden aus dem Stillstand auf Landstraßentempo. Der Fahrspaß dürfte somit nicht auf der Strecke bleiben. Der MF4-S bleibt mit seinem hochdrehenden V8 und 309 kW/420 PS weiterhin im Programm.

Damit kommen wir zum Topmodell aus der Gecko-Manufaktur, dem MF5. Bislang tobte sich hier der 5 Liter große V10-Motor aus den eingestellten BMW-Sportlern M5 und M6 aus. Mit 373 kW/507 PS ging dabei durchaus ordentlich die Luzie ab. Nun gehört dieses Kraftwerk leider auch der Euro4-Vergangenheit an und muss einem Nachfolger weichen. Wiesmann setzt auch hier auf einen V8 mit Biturbo-Aufladung.

Der Hubraum ist identisch mit dem des neuen MF4-Triebwerks, allerdings sieht die Leistungsausbeute deutlich imposanter aus. Mit 408 kW/555 PS ist der neue MF5 der stärkste Wiesmann aller Zeiten. Dass dabei die Fahrleistungen auf allerhöchstem Niveau liegen, dürfte als gesetzt vorausgesetzt werden. 3,9 Sekunden vergehen, bis die Tachonadel die 100 überquert. Wenn der Fahrer genug Auslauf vorfindet und konsequent auf dem rechten Pedal bleibt, steht die Nadel final auf der Markierung für 311 km/h. Einen Verbrauch von 10,7 Litern (kombiniert) darf man dabei durchaus als eine kleine Sensation feiern.

Die neuen Modelle können ab jetzt bestellt werden, allerdings beginnt die Produktion erst ab Anfang 2011. Bis Ende 2010 sind die Plätze in der Produktionshalle noch mit den letzten Fahrzeugen nach Euro4-Standard belegt, immerhin hat Wiesmann in diesem Jahr rund 54% mehr Autos als im Wirtschaftskrisenjahr 2009 verkauft.

Quelle: Wiesmann

Autor: Matthias Kierse