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Testfahrt in Zolder


whatzmyid

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Meine erste Testfahrt in einem echten Rennauto, und zwar einem Porsche 993 RS mit ca. 320 PS und um die 1100 kg schwer.

Nachdem ich nun ein paar Mal auf Fahrerlehrgängen gewesen bin, hat man mich überredet in Zolder eine Testfahrt zu absolvieren. Ziel war es, festzustellen, ob ich die Qualifikation für die belgische Belcar Serie erreiche.

Dort angekommen, habe ich in der time out Phase (12:00 – 13:00) erst einmal einen Rundgang über die Strecke unternommen, um mir Fahrbahnbelag, Fahrbahnbelagwechsel, Curbs, Auslaufzonen etc. genau anzuschauen. Schließlich war ich das erste Mal dort und die Strecke ist kurz und alt, da macht ein Rundgang schon Sinn.

Zolder ist eine sehr schöne Strecke, vom Flair ähnlich wie Spa Francorchamps. Man spürt regelrecht noch die alten Formel 1 Autos mit Clay Regazzoni am Steuer, wie sie die lange Gegengerade an der schon mit Moos besetzten Mauer entlangrasen.

Die Anlage hat Charakter und Historie. Zudem sagte man mir, es sei eine Strecke für Techniker. So weit, so gut....

Ca. 13:00 habe ich mich für einen Ritt auf dem Beifahrersitz fertig gemacht. Eingezwängt, wie eine Wurst kauerte ich in dem Schalensitz und versuchte meine Beine und Füße irgendwie zwischen Feuerlöscher und Bodenblech zu sortieren.

Ich war gespannt, wie die Streckenführung aus dem Auto aussehen wird.

In der ersten Runde wurden die Reifen warm gefahren, mit den üblichen Schlenkern, wie es die echten Profis im TV auch machen. Der Wind war kalt und der Asphalt war noch kälter. Der Chefmechaniker gab die Empfehlung aus, die Reifen sehr sorgfältig warm zu fahren.

Der erste Eindruck von dem Auto war positiv. Aus meiner Sicht vom Beifahrersitz tat er alles das, was der Fahrer ihm durch Lenkbewegungen befahl. Das Fahrwerk schien sehr neutral zu sein. Aber die Fliehkräfte waren schon beim Anwärmen respektabel. So haften noch nicht mal Serienreifen bei optimaler Temperatur.

Nach 2 Runden ging es dann zur Sache. Der Grip wurde immer besser, obwohl die Box warnte, weil der Slick bei der Kälte niemals auch nur annähernd optimal haften wird. Egal, wir pflügten über diese wunderschöne belgische Rennstrecke. Dabei wurde mir langsam übel. Die Fliehkräfte sind enorm. Jetzt schön auf die Strecke schauen und nicht auf das Armaturenbrett oder sonst wo im Auto, sonst wird das flaue Gefühl in der Magengegend schlimmer. Nach ca. 5 Runden, beschlichen mich erste Zweifel, ob ich das Auto auch nur annähernd so schnell fahren kann. Und nach 10 Runden wollte ich nur noch raus. Ich hatte mir schon die ganze Zeit überlegt, wie ich mich jetzt am besten ausblende und wieder nach Hause fahre, ohne Testfahrt wohlgemerkt.

Naja, in der Boxengasse angekommen, schauten mich alle gut gelaunt an und warteten auf einen Kommentar. Ich presste ein gedrücktes „prima“ raus und ging in die Box. Teamchef und Chefmechaniker folgten mir und drückten mir ein paar alte Rennhandschuhe in die Hand und erklärten mir noch ein paar Einzelheiten, wie ich mich nun auf der Strecke zu verhalten habe. Schließlich fuhren da noch andere rum. Eine Renn Viper, diverse Formel Renner, und sonstige Rennfahrzeuge. Teamchef: „Und die Renn Viper unbedingt sofort vorbeilassen......die Formel Wagen sieht man kaum im Rückspiegel, also dauernd beobachten....und und und.“ Ich stammelte nur noch ein leises ok und dachte....holy sh**, jetzt bist Du dran....mit verdünnisieren war nix mehr. Also Helm auf, Handschuhe an und in die Kiste klettern. Den Sitz weit nach vorne schieben, wie ich es mal von Rauno Aaltonen höchstpersönlich gelernt habe. Von beiden Seiten wurde ich festgezurrt. Meine Schultern waren wie an den Schalensitz angenagelt. Ich kam so gerade an den Notaus-Schalter, um die Zündung einzuschalten. Der Starterknopf befand sich etwas versteckt hinter dem Lenkradkranz und bloß nicht die Feuerlöschanlage auslösen. Ok, Starterknopf gedrückt und der Motor sprang sofort an. Der Motor lief etwas holprig und das Standgas war nicht stabil. Jetzt Motor nicht absterben lassen und ein Blick auf den Drehzahlmesser verriet mir, dass er unter 2000 U/min nichts anzeigt. Das Geräusch war eigentlich unspektakulär. Ein Gemisch aus Getrieberasseln, unrundem Motorlauf und Ansauggeräusch. Erster Gang rein und mit 2500 U/min angefahren, beinahe auch noch Motor abgewürgt, aber dann ging es los.

Aus der Boxengasse raus und den Kopf nach links verrenkt und geschaut, ob irgendwo einer von diesen Formel Flitzern meinen Weg kreuzen könnte. Bahn war frei und raus. Auto ließ sich prima schalten und der Grip war jetzt schon beeindruckend. Ich setzte mir jetzt erst mal ein Drehzahllimit von max. 5500 U/min, damit hatte ich noch ca. 1500 U/min Luft und konnte mich auf alles andere konzentrieren. Die ersten Kurven sind drei Rechtskurven, wobei man die ersten beiden Kurven idealer weise in einem Radius fährt. Die Lenkung ist schon ziemlich stramm aber extrem zielgenau. Aber das Auto fuhr sich toll, viel einfacher, als es vom Beifahrersitz aus zu vermuten war. Dann kommt eine weitere Rechtskurve, deren Einlenkpunkt schwierig zu finden ist, weil die Straßenbreite nach dem Scheitelpunkt abnimmt. Links außen befindet sich eine Mauer, also Vorsicht! Auf der Geraden kurz und knackig schon bei 5000 U/min hochgeschaltet und vor der ersten Schikane in die Eisen und runterschalten mit Zwischengas, sh** Zwischengas hat nicht richtig geklappt. Bremsen packten gut, aber das Lenkrad schlackerte ein wenig dabei. Egal, durch die Schikane im Dritten durch und dann Vollgas in Richtung Hügel. Oben auf dem Hügel in den Vierten und weiter Vollgas abwärts in eine lange Links. Das war das intensivste Erlebnis; mit jedem anderen Serienauto hätte ich jetzt einen kapitalen Abflug fabriziert. Nun die sehr enge Schikane spät anbremsen; Slicks sind genial dachte ich mir. Lenkrad schlackerte wieder, Runterschalten, Zwischengas shi* wieder vermasselt; beinahe geradeaus gefahren. Beschloss Zwischengas erst mal ad acta zu legen und lieber rund zu fahren. Man kann auch spät runterschalten, solange das Getriebe nicht kratzt, macht man auch nichts kaputt. Man verliert nur Zeit, weil man eben später wieder auf dem Gas ist. Aber es gibt heute nichts zu gewinnen, sondern nur zu verlieren.

Die folgenden Kurvenkombinationen liefen immer besser und flüssiger. Wer auf der Nordschleife groß geworden ist, für den ist Zolder kein unlösbares Problem. Zolder mag eine Technikerstrecke sein, aber was ist dann erst die Nordschleife?

Ich konnte mich voll und ganz auf das Auto konzentrieren. Der 993 war perfekt ausbalanciert. Kein bisschen untersteuern; das alleine war eine Wohltat. Power war nicht gerade überwältigend, aber der alte luftgekühlte Boxer brummte gemütlich vor sich hin. Ganz anders als das nervöse Ferrari-Gekreische. Die 380 mm Bremse hatte absolut einfaches Spiel mit dem Auto. Nach ca. 10 Runden gab es nicht die geringsten Fadingerscheinungen.

Die Reifen waren aus meiner Sicht grandios, auch wenn sie noch nicht die optimale Temperatur hatten. Der Grenzbereich war fühlbar und ich hatte immer ein sicheres Gefühl; also sehr vertrauenserweckend. Diese Sorte war jedenfalls nicht so zickig, wie es gelegentlich von Slicks berichtet wird.

Ständig habe ich in den Rückspiegel geschaut, bis die Viper dann irgendwann im Rückspiegel zu erkennen war. Sie hat dann doch noch eine Weile gebraucht, bis sie hinter mir war. Bin schon ca. 100 Meter vor dem Bremspunkt ehrfürchtig vom Gas und habe nach rechts geblinkt. Die Viper hat dann aber ellenlang gebraucht, bis sie vorbei war. Naja, und sooo schnell war sie dann auch wieder nicht. Entweder kochen die auch nur mit Wasser oder sie fuhr nicht voll. Nicht ablenken lassen, dachte ich mir, und schön rund fahren.

Nach ca. 15 Runden am Stück, gab man mir ein Zeichen, in die Box zu kommen. In der letzten Runde senkte ich das Tempo, um den 993 abzukühlen. Brauchte ich eigentlich gar nicht, die Öltemperatur war gerade mal bei 80 Grad und die Bremsen waren auch noch ziemlich fit.

Ich rollte auf meine Box zu und schaute nur in strahlende Gesichter. Jemand riss meine Tür auf und sagte: „Great job! Best lap 1.53 min.“ Damit hatte ich die Qualifikation – inoffiziell natürlich – um 7 Sek. unterboten.

Damit durfte ich dann happy sein, wie man mir versicherte. Zum ersten Mal auf der Strecke und zum ersten Mal in so einem Auto, bei solchen Bedingungen war das ok.

Ein Erlebnis, was ich so schnell nicht vergessen werde.

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Wow, was ein Erlebnis! Hat bestimmt ne Menge Spass gemacht. Hoffentlich bekomme ich auch mal die Möglichkeit an sowas teilzunehmen. Frage: Ist es denn eigentlich bequem genug, um da 2-3 Stunden drinne auszuhalten?

Gruß

Max

Sehr schöner Bericht. Hat sicherlich eine Menge Spass gemacht. Fährst Du nun die Belcar Serie?

Die Zeit ist sicherlich nicht schlecht. War einmal mit einem Alfa Gulia da. An die Zeit kann ich micht nicht mehr erinnern. War aber weit über 2 Min.

Zum Vergleich: Die DTM fuhr dort Im Jahre 2002 1:44. Allerdings im Regen.... :-o

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Geschrieben
Geschrieben

Hallo whatzmyid,

 

schau doch mal hier zum Thema Verschiedenes über Autos (Anzeige)? Eventuell gibt es dort etwas Passendes.

 

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  • Gefällt Carpassion.com 1

@all

Freut mich, dass es Euch gefallen hat.

Frage: Ist es denn eigentlich bequem genug, um da 2-3 Stunden drinne auszuhalten?

Ich war ca. 30 Minuten am Stück drin. Das war völlig problemlos. Schalensitze sind bequem, obwohl man nichts verstellen kann.

Mein Kumpel ist mit dem Auto mal ca. 2 Std. am Stück beim 24h Rennen gefahren. Danach war der reif für Abteilung Spielwaren. Das lag aber weniger am Sitz.

nicht schlecht...aber hat das auto tatsächlich nur 320ps? hätte ich jetz auf mehr geschätzt...!

Auto sieht martialisch aus, hat aber nur eine zaghafte Leistungssteigerung.

Das Auto wird bei Langstreckenrennen eingesetzt. Da kommt es auch auf andere Dinge an. Z. B. braucht der RS (im Vergleich zur Viper) extrem wenig Sprit und Reifen. Wie gesagt, der RS schafft es mehr als 2 Stunden am Stück im Rennen zu fahren, ohne in die Box zu müssen.

Sehr schön geschriebener Bericht. :-))! Man konnte beim lesen richtig mitfühlen. Wie bist Du dazu gekommen mit dem RS zu fahren?

Wie ich dazu gekommen bin? Eigentlich eine lange Geschichte. Ich machs kurz.

Habe in 2000 einen GT3 gekauft. Damit habe ich einige Fahrerlehrgänge absolviert. Habe mich auch nicht ganz ungeschickt dabei angestellt. Bis ein Freund von mir einen Lehrgang ausgerichtet hat, der selbst Rennen fährt. Danach hat er mich drei Jahre bearbeitet, bis ich dann eben diesen Test gemacht habe.

Grundsätzlich ist es kein Problem, ein Team zu finden und gegen Geld zu fahren, sofern man eine Lizenz hat.

Die Teams suchen aber i.d.R. Leute, die a) gut mit dem Material umgehen, B) sicher und unfallfrei fahren, c) schnell sind und d) viel Geld mitbringen.

Es gibt offensichtlich viele Fahrer, die sehr schnell sind, aber dabei das Material in die Grütze fahren. Dann gibt es viele Fahrer, die Geld haben, aber nicht schnell sind. Also, wie immer im Leben, das Optimum gibt es nicht.

Sehr schöner Bericht. Hat sicherlich eine Menge Spass gemacht. Fährst Du nun die Belcar Serie?

Die Zeit ist sicherlich nicht schlecht. War einmal mit einem Alfa Gulia da. An die Zeit kann ich micht nicht mehr erinnern. War aber weit über 2 Min.

Zum Vergleich: Die DTM fuhr dort Im Jahre 2002 1:44. Allerdings im Regen.... :-o

Belcar werde ich wohl fahren, wenn der Teamkollege, der auch den Test gemacht hat, in Zolder noch 10 Sekunden findet.

Aber es tut sich vielleicht noch eine Alternative auf. Kann vielleicht demnächst einen 993 GT2 Evo mit ca. 600 PS in HH testen X-)

Hey,

wirklich schöner Bericht.

Leistung ist eben nicht alles. Sieht man ja jedes Jahr bei den 24h-Rennen quer über den Planeten.

Wenn so ein Auto hält, man sich aus dem Gröbsten raushält und rund fährt spült einen das automatisch immer recht weit nach vorne.

Na wenn Du die Serie fährst, gibt es dieses Jahr ja hoffentlich immer schöne Berichte. :-))!

Da wird der erste Pokal hoffentlich nicht lange auf sich warten lassen.

Hey, lustiger Bericht !

Besonders die Stelle mit dem Zwischengas, zum totlachen, erinnert mich an was....... :lol:

Viel Spaß weiterhin und ich hoffe du sorgst hier für carpassion in Zukunft für Ruhm und Ehre!

Bist Du die 1.53min nun mit max. 5500u/min gefahren oder doch mit bis zu 7000u/min?

Die ersten beiden Runden mit Drehzahlen um die 5500. Dann in der Regel bis 6000. Zum Schluß ab und zu mal bis 6500. Die rote Lampe (7000) war nie an.

Die 1.53 min bin ich gefahren, als ich gelegentlich bis 6500 gedreht habe und insgesamt etwas aggressiver gefahren bin.

3 Jahre hat er gebraucht um Dich zu bequatschen?? :-oX-) Man, Du mußt echt nen harter Brocken sein wenn Dich einer 3 Jahre bitten muß damit Du mal testest. O:-)

Schön das Du dann Belcar fahren möchtest, wir freuen uns schon auf neue Berichte. :wink2:

  • 2 Jahre später...

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