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Ein bisschen Bi schadet nie....


Telekoma

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Viele der Stammuser bei CP wissen vielleicht, dass mein Horizont was Automarken betrifft sehr offen ist. Natürlich habe auch ich Favoriten unter den Herstellern und demgegenüber den ein oder anderen, welcher mir nicht so zusagt.

Von „A“ wie Alpina bis „P“ wie Porsche befanden sich viele Autos nacheinander in meinem Fuhrpark oder wurden mir von großzügigen Arbeitgebern zur Verfügung gestellt, um mich bei Laune zu halten – ist ja eine simple Sache, wenn man genau weiss, auf welche Knöpfe man bei mir drücken muss, um ein Duracell-Häschen aus mir zu machen. ;-)

Heute wollte ich mal bei „A“ beginnen und ganz der Tradition jüngster Beiträge folgend mein Erlebnis mit einem ganz besonderen Auto erzählen.

Wahrscheinlich haben die ständigen Wechsel der Autos meiner Chefs etwas auf mich abgefärbt. Ich habe nur einen einzigen PKW länger als ein Jahr gehabt.

Die Gründe dafür waren unterschiedlich, jedoch lagen sie hauptsächlich darin, dass sich eine tolle Gelegenheit ergab, ein „subventioniertes“ Auslaufmodell firmenintern zu erwerben bzw. das Auto mitsamt Leasingraten zu übernehmen.

So kam es, dass irgendwann ein ziemlich lauter Fünfer BMW „vakant“ wurde, bei dem irgend so ein Spaßvogel die Embleme ausgetauscht hatte.

Wenn dieser in der Kolonne zum Mittagstisch vor uns herfuhr und aufs Gas getreten hatte, senkte sich das Heck um ein paar Zentimeter ab und er entfernte sich schon auffallend schnell.

Komisch, dass der Porsche Carrera 964 (ca. 280 PS Leistungsgesteigert) in dem wir saßen, es nie geschafft hat dranzubleiben, geschweige denn als erster am Ziel anzukommen.

Was hat das zu bedeuten ? Und wieso zischt der so, wenn er vorbeifährt.

Sicher hatte ich von Alpina schon gehört, aber so genau habe ich mir das Auto nie angeschaut. Heute würde ich anhand der 20 Speichen-Felge einen Alpina erkennen, wenn er mit Tempo 200 an mir vorbeischießt.

Ihr wisst sicher um welches Fahrzeug es geht: Der Testarossa-Killer Alpina B10 Biturbo

Das Auto war schwarz innen wie außen und hatte Vollausstattung bis auf elektrische Sitze.

Dazu war ein Doppelläufiger Auspuff montiert, dessen Durchmesser ausreichte um jeweils eine Literflasche Cola einzuführen. Ich weiss leider nicht mehr, von welchem Hersteller der Auspuff war, glaube aber dass es kein Alpina Fabrikat war.

Das Fahrzeug hatte eine der unglaublichsten HiFi Anlagen eingebaut, die ich je gehört habe.

Es war ein Sony Radio mit diesen Wipp-Tasten, welches so ähnlich aussah, wie das was mit Ferrari-Zeichen in vielen Ferraris eingebaut war. Hinter dem Rücksitz befand sich eine Waschtrommel von einem Subwoofer sowie diverse Endstufen.

Auf jeden Fall gab es erheblichen Druck.

Themawechsel !!!!!

Der Auspuff sorgte im Leerlauf für einen abgrundtiefen und sonoren Klang. Der Sechszylinder lief wie eine Nähmaschine und gab ein absolut gleichmäßiges und irgendwie angriffslustiges Grummeln von sich. BASS, how low can you go.... J

Der Innenraum ist ja bis auf einige Verfeinerungen ziemlich nah am Serien-Fünfer.

Der klassische Holzschaltknüppel mit dem Alpina Wappen schmeichelt der Hand und das Wort Getriebe klingt wie eine Verunglimpfung für dieses Schaltwerk.

Eine absolut trockenes, exaktes und ehrliches Schaltgefühl.

Zunächst fuhr ich das Auto mal hier mal da zur Probe.

Mit aufgewärmten Motor und 3 Beifahrern ging es auf die erste Fahrt.

Der durchdringende Ton in niedrigeren Drehzahlen liess die Nachbarschaft erbeben.

Schon Leute, die noch 50 Meter entfernt waren, drehten sich teilweise um.

Was kommt denn da ? Ach so eine BMW Limousine – naja, nix besonderes.

Irgendein Proll mit Sportauspuff halt.

Da war das Vergnügen im Gegensatz zu Sportwagenflundern eher auf der Seite des Fahrers.

Langt ja auch vollkommen.

Die erste Gelegenheit, das Gaspedal durchzudrücken. Dampfrad im Uhrzeigersinn auf Anschlag gedreht.

Dritter Gang eingelegt, voller Ladedruck, rooooaaaaaarrrrrrr.

Wie der Brunftsschrei eines 2000 Kilo Hirschen, brüllte der B10 Biturbo seine Kraft heraus.

Der Drehzahlmesser flog über die Skala und es war Zeit zu schalten.

Gas weg – Kupplung - pffeifff – Das Abblasgeräusch war weniger als Zischen zu vernehmen, sondern hatte einen eigentümlichen Klang – es erinnert an das Geräusch einer öffnenden Schiebetür in den Science Fiction Filmen – Startrek etc.

Vierter Gang, Anschluss passt perfekt und weiter stürmt er nach vorne, wie von einer Riesenfaust geschoben. Der Schub war brutal und hörte auch bei höheren Geschwindigkeiten nicht auf. 160 – 240 war in null komma nix erledigt.

Sicherlich gibt es heutzutage einige Autos, die solche Fahrleistungen schaffen – aber Ihr müsst das mal auf die damalige Zeit zurückdatieren – wir sprechen von 1993.

Da hatte ein „Standard-911er“ noch 250 PS und war ein schnelles Auto. Ferrari Testarossa ca. 420 PS ?

Mit dem B10 Biturbo bin ich dann auch in den “Club 300” eingetreten.

Der Tacho ging bis 310 und hätte wohl auch noch großzügiger bemessen sein können – denn die fuhr das Auto.

Das Exemplar von dem hier die Rede ist, hatte sicher 400 PS.

Ich kann euch sagen, da ist niemand vorbei gefahren.

Auch mit diesem Auto habe ich sehr viele Strecken mit dem Motto „Der Weg ist das Ziel“ zurückgelegt. In meinem damaligen Alter möge man es mir nachsehen – Natürlich sind wir mit einigen Leuten und geöffnetem Fenster durch die Landschaft gefahren und haben uns vom Subwoofer massieren lassen.

Sicher war ich verdammt stolz auf das Geschoss. Da habe ich kein Problem gehabt, etwas aufzufallen. War auch nicht schwierig – wenn ich zu jemandem in einem Dorf gefahren bin, hat dieser mich schon beim passieren der Ortseinfahrt gehört – aber nicht, weil ich geheizt wäre – es war einfach dieser durchdringende Ton, bei moderater Drehzahl, der das Geschirr in der Vitrine zum klirren gebracht hat. Kann man schwer beschreiben oder vergleichen.

Das Abblasgeräusch muss übrigens von außen sogar bei Geschwindigkeiten jenseits der 160 gut zu hören gewesen sein. Ich erinnere mich noch an die erschrockenen Seitenblicke, wenn ich während des Überholvorgangs auf der AB zum Schalthebel gegriffen habe.

Das Fahrverhalten dieses Über-Fünfers war bei hohen Geschwindigkeiten absolut problemlos.

Das Auto lag schon so ruhig, dass man sich immer wieder davon abhalten musste, zu übermütig zu werden. Einfach ein total sattes Fahrgefühl. Erstklassig abgestimmter Kompromiss zwischen Sportlichkeit und Komfort. Da haben die Buchloer alles richtig gemacht.

Die Bremsen waren nicht schlecht, aber bei wirklich hohen Geschwindigkeiten brachte man sie schon an die Grenzen. Es fing dann an zu rubbeln und LEICHTES Fading machte sich bemerkbar.

Der Verbrauch lag im Durchschnitt bei 16 Liter – konnte aber auch mal 24 werden.

Das Auto war zudem absolut zuverlässig und hat keine Zicken gemacht.

Bis es zu einer Schandtat kam, die ich verbockt habe.

Im Hochsommer habe ich nach Vollgasfahrten mit höchster Ladedruckeinstellung (es war eben auch verlockend) das Auto immer wieder ohne „Kaltfahren“ geparkt.

Ich wusste das eben einfach nicht besser.

Durch die extremen thermischen Belastungen entstanden wohl Risse in den Ansaugkrümmern oder auch im Gehäuse der Lader.

Das führte dann dazu, dass der volle Druck nicht mehr aufgebaut werden konnte.

Das Auto wird dadurch sicher über 100 PS verloren haben – gefühlsmässig.

Nun, ich habe dann auch keine teure Reparatur mehr auf mich genommen und das Auto mit dementsprechenden Abschlägen an jemanden im Kreis Viersen verhökert.

Die Jahresfrist war ohnehin bald abgelaufen ;-) und irgendwie fühlte ich mich von etwas anderem sehr angezogen – musste zwar auf einen Turbo verzichten, aber es reichte....

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Sensationell, was man hier in letzter Zeit an großartig verfassten Beiträgen in Form Auto-Biografischer Beiträge lesen kann :-))!

Vielleicht sollten wir in Anlehnung an den Film der späten 80er "Dead Poets Society", ein Unterforum mit Namen "Car Poets Society" einrichten O:-)

Sehr geil Tele X-)

Renomee streikt natürlich noch:-(((°

Sehr schön, Ben.

Das könnte ja in kürze zusammenfassend als Buch rausgebracht werden, wenn noch ein, zwei dazu kommen.

Renomee streikt natürlich noch
ja, leider

Ich bewerte viel zu wenig und deshalb...

"Sie müssen erst einige Beiträge anderer Benutzer bewertet haben, bevor Sie Telekoma erneut bewerten können."

Eine wirklich schön geschriebene Erinnerung. :-))!

Danke euch für das Lob und die Bewertungen.

War mir ein Vergnügen.

Die 14 Punkte von einem Alpina Enthusiasten hätte ich mir allerdings auch gerne geholt.... :D

Dabei habe ich doch für Dich schon so oft aufs Knöpfchen gedrückt :cry:

Hat da Alex jetzt ein Trend gesetzt ?:wink:

Bodoman, Tele und jetzt noch Alphina :-o

gurss winni

Wie es aussieht wohl JA! Nur weiter so, mir gefällts! :-))!

Leider kann ich noch nicht mit meiner automobilen Geschichte mit den Genannten mithalten um auch soetwas zu verfassen. Das wird aber bestimmt mit ein bisschen Spucke! :lol:

Wie es aussieht wohl JA! Nur weiter so, mir gefällts! :-))!

Leider kann ich noch nicht mit meiner automobilen Geschichte mit den Genannten mithalten um auch soetwas zu verfassen. Das wird aber bestimmt mit ein bisschen Spucke! :lol:

Ja , mir gefällt es auch.:-))! :-))! :-))!

@ Telekoma: Klasse geschrieben!!! Das wekt schöne Erinnerungen in mir. Ich hatte Anfang der 90er Jahre auch die Gelegenheit einige Male den B10 Bi-turbo zu fahren. Unglaublich!!!

Grüsse

AlexM

Da gibt es hier noch den ein oder anderen :wink:

Das Auto war wirklich eine Klasse für sich.

Das beste war noch ein Bekannter, der damals gedacht hat, ein Escort XR3i oder Golf GTI wäre das Maß aller Dinge.

Dann habe ich ihn mal zu einer Fahrt in meinem 5er eingeladen.

Sehe ihn heute noch neben mir, wie seine Gesichtsfarbe langsam entweichte (komisch - wenn ich in so einem Auto sitze, passiert immer genau das Gegenteil X-) )

Am Ende stieg er dann aus und stammelte mit leiser Stimme:

"Boah... ...ich wusste gar nicht, dass ein Auto so abgehen kann."

O:-)

Und noch einer von diesen schönen Berichten...

Wäre es vielleicht möglich, diese irgendwo im Forum zu sammeln? Es reicht ja der Bericht, ohne den "anhängenden" Thread.

Hier dauert es ein paar Tage, dann gehen diese tollen Berichte wahrscheinlich unter.

Gruß

Christian

Was für ein Automobil. Alpina B10 Biturbo, schon der Name ist ein Gedicht und zergeht auf der Zunge. Ein Automobil, das selbst heute, in Zeiten von braven Familienlimousinen mit über 500 PS immer noch Maßstäbe setzt und seiner Zeit damals um Lichtjahre voraus war. Umso schöner, daß so ein phantastisches Automobil aus der kleinen Edelschmiede von Burkhard Bovensiepen seinen Weg auf die Straße gefunden hat und nicht von einem riesigen Großserienhersteller auf die Räder gestellt wurde. Ein Auto, das auch in der an großartigen Modellen sicher nicht armen Modellhistorie von Alpina einen ganz besonderen Stellenwert einnimmt.

Auch ich hatte das Glück und Vergnügen, einen Alpina B10 Biturbo über mehrere Jahre zu fahren. Im Gegensatz zu Teles Wagen war meiner nicht schwarz, sondern blau. Aber nicht irgendein Blau, nein, nein, es konnte nur ein Blau geben, nämlich ALPINA-Blau. Dieses wunderschöne, dezente Dunkelblaumetallic, das nicht so intensiv wie das zur damaligen Zeit häufig beim BMW M5 zu findende BMW-Calypsoblaumetallic, aber auch nicht so dunkel wie Porsches Nachtblaumetallic war. Einfach eine perfekte Farbe für ein perfektes Automobil. Ein Blau, auf dem selbst die von einigen kritisierten Alpina-Zierstreifen (meine waren gold!) einfach nur toll aussahen. Und obwohl ich auch ein Freund des leider schon damals ziemlich seltenen und heute praktisch kaum noch zu findenden Alpina-Grüns war, so gab es zumindest damals für mich nur eine Farbe für den B10 Biturbo: Alpinablaumetallic.

Mein B10 Biturbo war eines der letzten Exemplare, Produktionsnummer knapp unter 500, bei knapp über 500 produzierten Fahrzeugen. Letzte Serie bedeutete damals bereits die neuen 5er Außenspiegel und die breite Niere, die bei BMW nur den Achtzylindern vorbehalten war. Außerdem war der von manchen belächelte, laut Aussage von Alpina bei höheren Tempi (und der Wagen knackte immerhin die 300 km/h !) aber sehr wichtige Heckflügel aus Alu gefertigt. Innen unterschieden sich die Wagen der letzten Serie durch einen Airbag, was leider auch ein im Vergleich zum airbaglosen Vertreter etwas unschöneres Lenkrad mit sich brachte. Ein Schicksal, das der B10 Biturbo in seinem Autoleben mit einem anderen phantastischen Automobil, dem Ferrari F355, teilt. Bei beiden Fahrzeugen ist das zu Beginn der Produktion verwendete airbaglose Lenkrad die bei weitem schönere Variante.

Ansonsten war der Innenraum allerdings – wie das gesamte Fahrzeug – perfekt. Tiefschwarz und in edlem Wasserbüffelleder bezogen. Man lasse sich allein mal das Wort auf der Zunge zergehen, WASSERBÜFFELLEDER, soweit das Auge reicht. Vom Innenarchitekt garniert mit den typischen Alpinafarben grün und blau, so z.B. an den vorzüglichen Recaro-Sportsitzen oder bei der Naht des Lenkradkranzes. Dazu noch die für Alpina typischen, bei allen Herstellern außer vielleicht Bentley und Rolls Royce aber kritisch zu hinterfragenden Holzintarsien. Jedoch nicht so bei Alpina: einfach nur geschmackvoll und dezent und in ihrem hellen, warmen Holzfarbton ein Schmeichler für Auge und Finger. Abgerundet von dem schon von Tele erwähnten wunderschönen Holzschaltknauf mit edlem Alpinaemblem. Der Innenraum wurde perfektioniert von den typischen blauen Alpina-Instrumenten mit ihren auffälligen roten Zeigern. Eben speziell und anders und für den Kenner sofort ersichtlich, aber immer noch dezent und weit entfernt von knallig oder schrill, so daß der Wagen trotz seiner immensen Leistung von offiziell 360 PS von Laien immer noch für einen stinknormalen 5er BMW gehalten werden konnte. Offizielle 360 PS bedeuteten dabei so etwas wie die Untergrenze der möglichen Leistung, alle B10 Biturbo streuten – v.a. bei günstiger Witterung – deutlich nach oben, wodurch eine Motorleistung von an die 400 PS und ein Drehmoment von über 550 Nm statt der offiziell angegebenen 520 Nm nicht die Ausnahme, sondern die Regel darstellten. Wodurch sich natürlich auch die immensen Fahrleistungen dieses Automobils erklärten.

Die vom B10 Biturbo bereits im Stand gebotene Perfektion wurde beim Fahren nochmals deutlich übertroffen, konnte man mit diesem Wagen zur damaligen Zeit doch so ziemlich alles und jeden auf vier Rädern deklassieren. Besonders einprägsam war dabei das schon von Tele beschriebene doppelte Abblasen der zwei kleinen Lader bei Gaswegnahme. Mit einem deutlich vernehmbaren „puh-puh“ klang das durchaus so, wie es damals ein Autotester mit „warum gehst du schon wieder vom Gas“ so treffend beschrieben hat. Man kann dieses Geräusch wohl nicht besser charakterisieren.

Die Bedienkräfte hielten sich beim Fahren in durchaus erträglichen Rahmen. Eine leichtgängige Lenkung, ein, wie Tele richtig sagte, absolut präzises Fünfganggetriebe – mehr Gänge waren bei Minimum 520 Nm Drehmoment auch nicht nötig, im Prinzip reichte im B10 Biturbo der dritte Gang für 90 Prozent aller Situationen – nur die knackige Kupplung, die ein ganzes Stück schwergängiger war als bei den Porsche der damaligen Zeit, ließ Rückschlüsse auf das tatsächliche Potential des Wagens zu. Und dieses Potential bekamen damals vor allem Vertreter einer Marke zu spüren: Porsche.

Denn sind wir doch einmal ehrlich: so schön der absolut begeisternde und heute legendäre Sporautotest mit dem Fazit „B10 vernascht Testarossa“ auch sein mag, wann hatte man schon das Glück und die Gelegenheit sich mit so einem Ausnahme-Mobil zu messen?

Bei Porsche aber war das etwas anderes, auch wenn damals noch nicht so viele unterwegs waren wie heute, da man die Worte „Sand am Meer“ auch für ein Synonym für „Porsche auf der Autobahn“ halten kann, so gab es bereits damals schon genügend Verfechter der Zuffenhausener Lehre, die man im B10 Biturbo mit leicht verdutzen bis verstörten Mienen hinter sich lassen konnte. Denn auch unter den Porschejüngern gab und gibt es genügend, die nicht unbedingt mit großem automobiltechnischen Sachverstand gesegnet sind und daher den B10 Biturbo für einen hundsordinären 5er BMW hielten, von dem sie seltsamerweise gerade stehen gelassen worden sind.

Ich erinnere mich dabei besonders an eine Begebenheit auf der Autobahn, bei der ich das Glück hatte, gleich zwei Vertreter der Stuttgarter Sportwagenschmiede in ihren Glaubensfesten zu erschüttern. Der erste war gleich zu Anfang der Fahrt ein damals nagelneuer 968. Zugegeben, für einen B10 nicht mehr als Kanonenfutter, was dem Lenker allerdings nicht bewußt zu sein schien. Wir fuhren hintereinander, er vorneweg, von der Landstraße auf die Autobahn, die dort anfing. Es gab gerade am Autobahnbeginn einigen Verkehr vor uns. Der grünmetallicfarbene 968 sogleich in Porschemanier Blinker links und auf die linke Spur. Ich hinterher, mit gebührendem Sicherheitsabstand. Als er endlich – mir kam es schon etwas zäh vor – alle Autos von der linken Spur vertrieben und auf der langsameren Spur gepackt hatte, fuhr er rüber und wollte mich ausbeschleunigen. Nun ja, ich gab halt einfach Gas und in nullkommanix war der süße 968 nicht mal mehr ein kleiner Punkt in meinem Rückspiegel. Ob er gleich oder erst später in die Psychiatrie eingewiesen wurde, Selbstmord begangen hat oder einfach nur aufs Fahrrad umgestiegen ist, ist leider nicht überliefert.

Die zweite Begegnung war schon von deutlich anderer Qualität. Ich zuckelte mit gemütlichen 200 km/h auf der rechten Spur, als sich langsam aber sicher ein 964 näherte. An den dicken Backen war für mich unschwer zu erkennen, daß es sich ebenfalls um einen Vertreter der aufeladenen Fraktion, sprich einen 911 Turbo handeln mußte. Der normale Turbo hatte damals lediglich 320 PS, kein wirklicher Gegner also, daß es sich bei dem Flugobjekt in meinem Rückspiegel allerdings um einen mit 360 PS nominell gleich starken 911 Turbo 3.6 handelte, erfuhr ich erst später.

Ich blieb also brav auf der rechten Spur – die Autobahn war zu diesem Zeitpunkt absolut leer – erhöhte aber das Tempo. Der Turbo kam zwar noch näher, es gelang ihm aber über längere Strecke nicht, an mir vorbeizuziehen. Im Gegenteil, mit zunehmenden Tempo schien sich unser Abstand zueinander wieder sukzessive zu vergrößern. Unsere Fahrzeuge waren nicht zu weit voneinander entfernt, die Verwunderung stand ihm ins Gesicht geschrieben.

Das ging so, bis wir an einen Tunnel mit Tempolimit gelangten, nach dem Tunnel und freier Fahrt konnte er mich aufgrund seines leichteren Gewichts ausbeschleunigen. Ich blieb allerdings dran und klemmte mich an seinen Heckflügel, wobei ich auch sehen konnte, daß es sich um die starke Version des Turbo, den Turbo 3.6 handelte. Dies gab mir natürlich nochmals Auftrieb und so fegten wir im Formationsflug über die leere Autobahn. Der arme Porschefahrer muß dabei so perplex gewesen sein, daß er vor lauter in-den-Rückspiegel-schauen fast noch seine Abfahrt verpaßt hätte. Jedenfalls hatte er mit einem schwänzelden Heck beim abrupten Abbremsen auf der Abbiegespur ganz schön zu tun, während ich stoisch ruhig an ihm vorbei zog.

Diese und viele andere wunderbare Glücksmomente lassen den B10 Biturbo einen festen Platz in meinem Gedächtnis einnehmen. Wirklich eine der besten überlegen motorisierten Limousinen, die jemals gebaut wurden.

Hi Stefan.

Auf Dich habe ich die ganze Zeit gewartet.

Danke, dass Du diesen Thread so bereicherst ! :-))!

(leider kann ich Dein Punktekonto im Gegenzug noch nicht bereichern... :wink: )

Dieses Auto hat dem Anschein nach auf jeden Fahrer eine magische Wirkung gehabt.

Da keimt ja wirklich das Verlangen auf, sich für schlanke 13-15.000 Euro so ein Auto wieder in die Garage zu stellen.

Wenn man da einmal über den damaligen Neupreis nachdenkt :-o

Mein Exemplar hatte übrigens weder blaue Tachoblätter, Streifen noch einen Heckspoiler.

Dafür allerdings schwarze Heckleuchten und eine unglaublich klangvolle Auspuffanlage. Mich würde heute immer noch interessieren, von welchem Hersteller diese kam.

Ich muss aber auch sagen, dass er sogar ohne Heckspoiler bei Höchstgeschwindigkeit recht stabil war - nun gut damals war ich auch eher jemand, der sich jenseits von 250 Km/h am wohlsten beim Geradeausfahren gefühlt hat. Vor eindeutigen Biegungen auf der AB bin ich da schon erst mal runter vom Gas.

Unabhängig davon, haben sich sicher auch in meiner Gegend damals einige Porsche Fahrer in psychologische Betreuung begeben. O:-)

P.S. Bezüglich des Abblasgeräusches - Wollte noch mal um Verzeihung bitten, falls Du nach meiner akustischen Simulation des Abpfeifens im Villinos, etwas mehr auf Deinem Teller hattest als vorher. :DX-)

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