Kaum sind die Reifenspuren der Rekordfahrt des Ferrari 599XX auf der berühmten Nordschleife getrocknet, schon ist die Rundenzeit keinen Pfifferling mehr wert. Grund dafür ist der 750 PS starke Pagani Zonda R, der die 73 Kurven des 20,83 Kilometer langen Eifelkurses in einer neuen Bestzeit für serienbasierte Rennfahrzeuge absolvierte. Am 30. Juni blieb die Uhr bei nur 6:47,5 Minuten stehen. Am Steuer saß Marc Basseng.

Pagani Zonda R

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Kaum einen Monat, nachdem der 700 PS starke Ferrari 599XX die Eifel nach seiner Rundenzeit von 6:58,16 Minuten auf der berühmten Nürburgring Nordschleife wieder verlassen hatte, rollte ein weiterer Truck mit italienischer Ladung vor. Diesmal hatte das Fahrzeug jedoch zusätzlich deutschen Bezug, immerhin stammt der Motor aus Affalterbach bei Stuttgart.

Auch hier handelt es sich um ein V12-Aggregat, das jedoch um 50 PS kräftiger ist, als der italienische Artverwandte. 551 kW/750 PS lassen die profillosen Hinterreifen blau rauchen und schieben den Mittelmotorsportler je nach Getriebeabstufung in unter 3 Sekunden aus dem Stand auf 100 km/h. Maximal sind über 350 Sachen möglich, wobei eine solche Höchstgeschwindigkeit auf der Nordschleife eher sekundär ist. Hier geht es hauptsächlich darum, die 73 Kurven in verschiedensten Radien und die vielen Bodenwellen schadenfrei und in bestmöglicher Zeit hinter sich zu bringen.

Dafür ist der Pagani Zonda R mit seinem Chassis mit einem speziellen Materialmix aus Carbon und Titanium bestens gerüstet. Nicht nur der kraftvolle AMG-Motor hilft, auch die gute Aerodynamik mit riesigem Heckflügel und speziell ausgeformter Front bringt hier viel. Der Abtrieb an Vorder- und Hinterachse wird auch bitter benötigt, wenn es darum geht, in den verschiedensten Bereichen der Nordschleife – ob Hatzenbach, Flugplatz, Fuchsröhre, Karussell oder Döttinger Höhe – auf die Jagd nach Zehntelsekunden zu gehen.

Natürlich braucht man auch einen Fahrer, der die 20,83 Kilometer lange Eifel-Achterbahn so gut kennt, dass er sich einen Rekordversuch zutraut. Pagani hat hier mit Marc Basseng einen absoluten Könner im Team, der vermutlich jeden Grashalm entlang des Kurses mit zweitem Vornamen kennt. Er war es auch, der den Zonda F und den Zonda F Roadster bereits über diese Strecke jagte und dabei erstaunliche Rundenzeiten realisierte.

30. Juni 2010 – heute zählt’s. Der Mitte April von Ferrari eingefahrene Rekord für das schnellste auf einem Serienfahrzeug aufbauende Rennfahrzeug soll zwar in italienischer Hand bleiben, aber der Markenname in der Rundenzeitenliste soll wechseln. Marc Basseng lässt sich im Cockpit festschnallen, fährt das 1.070 kg leichte Geschoss kurz warm, lässt noch einmal das korrekte Anzugsmoment der speziell entwickelten Pirelli-Slickbereifung kontrollieren und geht dann auf den Kurs, um Geschichte zu schreiben.

Zaungäste, die sich an diesem Tag an die Nordschleife verirrt haben, werden wohl noch ihren Kindern vom Anblick des Pagani-Geschosses erzählen, das dort schreiend, fauchend und brüllend an ihnen vorbeiraste. Eigentlich hört man mehr von dem Fahrzeug, als man sieht. Die wenigen Millisekunden, in denen der Zonda R im Blickfeld auftaucht, sind rasch vorbei. Glücklich, wer eine schnelle Digitalkamera bei sich hat und diese Eindrücke wenigstens bildlich für die Nachwelt bewahren kann. Dafür ist der Sound, der durch die Eifelwälder hallt, atemberaubend. Man meint fast, jede Zündung des 6 Liter großen V12 inklusive Echo mehrfach in den Gehörgang gepresst zu bekommen. Dazu spielt Marc Basseng jedes Fitzelchen der 6 Gänge im sequenziellen Getriebe bis zum Maximum aus und entlockt dem Wagen so immer wieder neue Tonarien.

Ein fernes Rauschen, dann zwei Scheinwerfer in weiter Ferne. Dahinten kommt er die Döttinger Höhe heraufgeschossen. Gleich wird er vorbeihämmern. Das Rauschen wird lauter und vermischt sich mit den Lebenszeichen des 12-Enders. Er schreit, er wird gequält, aber genau das will er auch, denn dazu wurde er ja auch gebaut. Ein kurzer fast ohrenbetäubender Moment und weg ist der R wieder. Schade, schon alles vorbei.

Und wofür? Für eine deutliche Ansage, wer der Hecht im Karpfenteich ist. Die Uhr blieb bei 6:47,5 Minuten stehen, womit der Zonda R fast 11 Sekunden schneller ist, als der Ferrari 599XX über die Grüne Hölle gerockt ist. Firmengründer Horacio Pagani, der während des Rekordversuchs am Nürburgring zugegen war, nahm es mit einem Lächeln zur Kenntnis. Glückwunsch an Pagani und Hut ab vor der Fahrleistung von Marc Basseng.

Quelle: Pagani und StudioZero.de

Autor: Matthias Kierse