Mitten in Italien, im beschaulichen Ort Maranello bei Modena entstehen seit 1947 feinste Sportwagen mit einem springenden Pferd im gelben Emblem. Während einer Italienreise hatte das CPzine vor Kurzem die Gelegenheit, mal einen ausgiebigen Blick in die heiligen Hallen zu werfen. Hier entstehen sie also, die berühmten Ferrari. Und entgegen landläufiger Meinung ist hier nicht alles rot, was glänzt und laut brummt.

Ferrari Werk

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Nur wenige Menschen haben das Glück, die heiligen Hallen von Maranello von innen sehen zu dürfen. Für die Meisten heißt es spätestens am neuen oder alten Werkstor: „Stop!“

Das CPzine-Team hatte zwar die Erlaubnis, das Werksgelände zu betreten, durfte allerdings nicht selbst fotografieren. Daher greifen wir für diesen Bericht auf etwas ältere Bilder der Ferrari-Presseabteilung zurück. Wer also einen F360er Ferrari entdeckt und sich wundert, dass der doch schon länger nicht mehr gebaut wird, weiß jetzt bereits Bescheid.

Schon auf Luftbildern des Ferrari-Werks wird die Ausdehnung und Bedeutung für den Standort Maranello deutlich. Würde es diese Sportwagenmarke hier nicht geben, wäre der Ort vermutlich immer so verschlafen und verträumt, wie er es so nur mittags im Sommer ist, wenn man dank der Hitze nichtmal den Hund vor die Tür jagt.

Im Inneren des Werksgeländes trifft man neben den berühmten Sportwagen vor allem auf ein Fortbewegungsmittel: Das Fahrrad. Jeder Mitarbeiter greift auf ein solches zurück, um von einer Halle zur Nächsten zu kommen oder in die Pause zu fahren. Damit betreibt man nicht nur aktiven Umweltschutz, sondern fördert auch noch die Gesundheit der Belegschaft.

Unterwegs ist man auf Straßen mit berühmten Namen. Jeder Weg innerhalb des Werks wurde nach Formel 1-Weltmeistern benannt, die ihre Titel mit Ferrari-Rennwagen eingeholt haben. Nur ein Name fehlt momentan. Nein, es läge nicht daran, dass dieser Mann zur teutonischen Konkurrenz gewechselt habe, wurde uns versichert, man plane viel mehr, ihm einen ganzen Platz zu widmen, immerhin würde wohl nie wieder jemand so erfolgreich sein, wie er. Die Rede ist natürlich vom heutigen Mercedes-Werksfahrer Michael Schumacher.

Wir beginnen unseren Rundgang an der Forschungs- und Entwicklungsabteilung. Zwar dürfen wir aus verständlichen Gründen dieses Gebäude nicht betreten – auch wenn wir gerne bereits jetzt einen Blick auf die kommenden neuen Straßenrenner geworfen hätten – aber schon von außen bekommt man einen Eindruck der Arbeitsverhältnisse, auf die Ferrari besonders stolz ist.

Anfang des Jahrtausends setzte man die „Formula Uomo“ (Formel Mensch) als Arbeitsmotto um und baute daraufhin komplett neue Hallen auf dem Werksgelände. Den Machern der berühmten Sportwagen sind nämlich nicht nur gute Produkte wichtig, sondern auch gesunde und motivierte Mitarbeiter. So wurde nach Möglichkeit jeder Arbeitsplatz mit Tageslicht ausgestattet. In den Hallen finden sich grüne Oasen mit Bäumen und Sträuchern. Und dabei handelt es sich nicht etwa um pflegeleichte Kunstpflanzen, sondern um wahre Natur, die nebenbei auch das Betriebsklima im wahrsten Sinne des Wortes verbessert.

Angeschlossen an die Forschungsabteilung und auch von außerhalb des Werksgeländes sichtbar ist der Windkanal. Hier werden sowohl die neuesten Straßensportwagen, als auch die Formel 1-Renner im Modellmaßstab 1/4 auf ihre Windschlüpfrigkeit überprüft.

Gegenüber geht die Produktion dann endlich los. Hier werden die Motorenblöcke, Kolben und Zylinderköpfe aus Aluminium gegossen und solange bearbeitet, bis sie den strengen Qualitätsvorgaben der Ingenieure genügen. Einzig die Kurbelwellen werden zugeliefert. Diese wird vor Ort jedoch noch feingewuchtet und bearbeitet, was volle 35 Arbeitstage pro Welle verschlingt.

Wer schon einmal eine Automobilfertigung bei anderen Herstellern besucht hat, weiß, wie laut es in solchen Hallen sein kann. Umso erstaunter waren wir, dass man sich hier ungestört unterhalten konnte. Eine weitere Errungenschaft der Formula Uomo. In der gesamten Motorenfertigung herrscht nie mehr Lärm als 73 dB. Möglich wird dies auch durch fast ausschließliche Handarbeit. Nur eine einzige Roboterinsel findet sich in der gesamten Halle. Deren Arbeit möchte aber wohl auch kaum ein Mitarbeiter selbst erledigen: Während der eine Teil des Roboters den Zylinderkopf auf circa 160°C erwärmt, taucht der zweite Teil die Ventillaufbuchsen in flüssigen Stickstoff (-196°C) und fügt die Bauteile anschließend zusammen. Dank der Gefügeverschiebung beim Abkühlen dürfte keine Motorenbelastung der Welt diese Laufbuchsen jemals wieder aus dem Kopf trennen.

Jeden Tag werden hier in drei Acht-Stunden-Schichten von je 70 Mitarbeitern insgesamt 70 Motoren hergestellt, von denen 30 in die Sportwagen mit Pferd und 40 in die Sportwagen mit Dreizack eingebaut werden. Richtig gelesen, auch die Motoren der Schwesterfirma Maserati werden hier zusammengebaut, momentan sogar noch die letzten Exemplare für den Alfa Romeo 8C.

Die Karosserien für die aktuell gebauten Modelle California, 458 Italia, 599 GTB und GTO, sowie den kurz vor der Rente stehenden 612 Scaglietti liefert die gleichnamige Firma Scaglietti aus Modena an. Diese gehört seit vielen Jahren zu 100% Ferrari und ist auf den Bau von Aluminiumkarosserien spezialisiert. In der Produktion werden dann erste Teile zusammengesetzt, bevor sich die Karosserien auf den Weg in die Lackiererei machen.

Selbige liegt nur wenige Schritte von der Produktion entfernt auf der anderen Seite der Viale Enzo Ferrari, dem Hauptverbindungsweg im Werk. Hier werden mittels modernster Techniken täglich 70 Karosserien fertig lackiert – in gleicher Aufteilung wie bei den Motoren: 30 Ferrari- und 40 Maserati-Karosserien. Allerdings dauert der komplette Lackiervorgang von der Grundierung bis zur Endkontrolle gut sieben Werktage, da die Lackschichten zwischendurch immer wieder vollends trocknen müssen. Übrigens ist es keineswegs mehr so wie früher, als gewartet wurde, bis eine gewisse Anzahl an Bestellungen von Fahrzeugen in rot, gelb oder schwarz eingegangen war, um diese dann gleich alle in einem Abwasch zu lackieren. Die heutigen Lackierroboter können ihre Düsen in Sekundenschnelle reinigen und sind direkt bereit, nach einem weißen ein blaues Auto zu lackieren oder umgekehrt.

Daraufhin geht es endlich an die Komplettierung des Fahrzeugs inklusive der „Hochzeit“. Hiermit meint der Experte den Vorgang, wenn erstmals Fahrgestell und Karosserie zueinander finden und miteinander vereint werden. Beim Blick durch die Produktionshalle fiel uns auf, dass es den erwarteten Rot-Überschuss bei Neu-Ferrari gar nicht gibt. Mehr als 50% der im Bau befindlichen Wagen hatte ein deutlich farbenfroheres Kleidchen an. Auf Nachfrage erfuhren wir, dass speziell in asiatischen Gegenden besonders gerne weiße Ferrari geordert werden, während gerade die deutschen Kunden tatsächlich stark zu rot neigen würden.

Ein sehr futuristischer Bau fiel uns anschließend ins Auge: Die Werkskantine. Pünktlich mit Glockenschlag 12 Uhr konnte man hier ein rotes Treiben der Extraklasse beobachten, als aus allen Richtungen die Mechaniker, Ingenieure und sonstigen Angestellten angelaufen und angeradelt kamen, um ihr Mittagessen einzunehmen.

Für uns ging es weiter ins Heiligtum von Ferrari, in die Formel 1-Abteilung. Da zum Zeitpunkt unseres Besuches der Große Preis der Türkei kurz vor der Tür stand, konnten wir zwar vor Ort nicht dabei zusehen, wie die Rennwagen gebaut werden, man konnte jedoch eines deutlich ausmachen: dies dürfte die sauberste Abteilung der Roten aus Maranello sein. Damit wollen wir nicht sagen, dass es in der Produktion oder in der Motorenfertigung dreckig seie, aber hier, in der Formel 1-Werkstatt, hätte man wirklich vom Fußboden essen können. Verständlich, wenn man bedenkt, was ein wenig Dreck im Ansaugtrakt des V8-Hochleistungsmotors eines solchen Rennwagens anrichten könnte.

Keine 100 Meter weiter befindet sich ein weiteres futuristisches Gebäude. Hier wickelt Ferrari die gesamte Distribution rund um das werkseigene Rennteam ab. Die großen LKWs können in die Halle hineinfahren und ihre wertvolle Fracht trocken und ungesehen aus- oder einladen.

Noch einmal einen Steinwurf weiter befindet sich die wohl wertvollste Abteilung. Unter dem Namen „Corse Clienti“ verfügt Ferrari über ein Rennteam im Rennteam, in dem wohlhabende Kunden betreut werden. Neben alten Formel 1-Autos, die man bei Ferrari 2 Jahre nach ihrem letzten Einsatz käuflich erwerben kann, gehören auch die FXX und 599XX zu diesen Kundensportfahrzeugen. Im Kaufpreis inbegriffen sind dabei die Unterbringung auf dem Werksgelände (falls der Kunde zu Hause nicht genug Platz hat), die Anlieferung an die Rennstrecke und die dortige Betreuung durch erfahrene Renn-Ingenieure.

Eine ebenfalls interessante Abteilung hat es sich in einem der alten Gebäude auf dem Ferrari-Werksgelände gemütlich gemacht: Ferrari Classiche. Hier kümmert man sich um werkseigene Schmuckstücke, aber auch um die Restaurierung und Bewertung von Kundenautos aus allen Baujahren seit 1947. Dabei ist es einerlei, ob es sich dabei um einen Rennwagen oder einen „Alltags“-Ferrari handelt.

Sollten die Mechaniker dabei einmal nicht mehr weiterwissen, kann das angegliederte Werksarchiv direkt eingeschaltet werden. Hier kann die Historie von jedem Fahrzeug von der Lackierung bis zur Kolbengröße beim verwendeten Motor nachvollzogen werden und somit mit dem entsprechend in der Werkstatt stehenden Auto verglichen werden.

Wenn alle Daten aus dem Archiv mit dem vorgestellten Fahrzeug übereinstimmen, stellt Ferrari Classiche ein Echtheits-Zertifikat aus und vergibt eine Plakette, die sich der stolze Besitzer ans Auto setzen darf.

Wir hoffen, dass euch der kleine Einblick in die Ferrari-Produktion gefallen hat.

Quelle: Ferrari

Autor: Matthias Kierse