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Drive & Dine in Schottland


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Drive & Dine

Schottland 2011

Version 3.0

Mit der Karte in der Hand und den Erinnerungen an zwölf Tage und 4.180 Kilometer ist das nun der zweite Versuch eines Tourberichts – dem ersten einen falschen Dateinamen gegeben und ihn in den Gigabyteweiten der Festplatte offensichtlich ewig verloren …

Auf Tour waren ein BMW Z4M (Scholle alias Scholzinio und Michi) und ein Wiesmann MF3 (Eva und ich). Ziel des Unternehmens: die schönsten schottischen Landschaften erfahren und beste schottische Küche genießen. Alles selbst organisiert mit besonderer Hilfe von Michelins „Eating out in Pubs 2011“ und der sehr guten Michelin-Straßenkarte „Großbritannien und Irland“.

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Dochdochdoch, das gibt es und das geht! Sehr ordentlich mindestens, teilweise durchaus auf sicherem Sterneniveau und stets mit leckerem Weinangebot waren die Abendessen immer ein besonderer Tageshöhepunkt. Die Rezepte sind wenig „beilagenlastig“, denn „uup norrth“ wächst so gut wie kein Obst oder Gemüse. Stört immer dann nicht, wenn Fleisch, Fisch und Meeresfrüchte von ausgesuchter Qualität und gekonnt zubereitet sind.

Konzentration also auf „die Highlands“ (die oberhalb Loch Ness liegen) und die Landschaften nördlich der Linie Glasgow-Edinburgh. Übernachtungen alle vorab gebucht, denn in den dünnst besiedelten Nordteilen kann sich eine spontane Zimmersuche per se als schwierig herausstellen und besonderen Anspruch an die abendliche Verpflegung darf man dann auch nicht mehr haben. Das „unleckere“ Schottland gibt es nämlich durchaus auch noch!

Um die Anfahrt effektiver und letztlich auch kostengünstiger zu machen, ist Fährfahrt ab Holland nach Newcastle upon Tyne gebucht. Praktisch: Fährt nachmittags los und morgens nach dem Kaffee kommt man an. Zwar nicht ganz billig (pro Auto hin und zurück 444 €), spart aber erheblich Kilometer. Von uns aus ist Amsterdam in 550 km erreicht, Calais wären zarte 800 und in England spart man ebenfalls rund 1200 km Landesquerung, also rund 1700 km und eine Zwischenübernachtung.

Hilfreich der derzeit günstige Wechselkurs, man ist durchaus preiswert unterwegs trotz anspruchsvoller Menüwahl und sicher nicht zu Dehydrierung führender Abendgestaltung, um es mal so zu sagen …

Dienstag, den 14. Juni 2011

Abfahrt Deutschland, Einschiffen in Ijmuiden um 17.30 Uhr, Übernachtung auf der Fähre.

Nix Spekatakuläres zu berichten, sondern eine völlig streßfrei auf den bestens ausgebauten niederländischen Autobahnen abgewickelte Anfahrt. Die Jungs bauen offensichtlich ständig zur Erleichterung des Verkehrsflusses ihre Autobahnkreuze um – das „Navi-Links“ ist manchmal zum „Echt-Rechts“ geworden.

Fähre unter der Woche etwas kleiner, Kabinen noch kleiner, aber immerhin mit Fenster. Ungeschickt angelegte Doppelbetten hinten quer, so daß der Hintere klettern muß. Der Vordere hat dafür eine massive Metallkante drohend am Kopf – die Nacht war nicht so erholsam trotz ruhiger See.

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Mittwoch, den 15. Juni 2011

Anlegen Newcastle, Anfahrt Connel < www.oysterinn.co.uk >

Dieser Tag sollte vor allem zwei Ziele erfüllen: An den Linksverkehr gewöhnen und zügig die rund 380 km (man vertut sich, wie lang sich das da oben noch zieht!) bis kurz vor Oban hinter uns bringen.

Das mit dem Linksfahren wird deutlich überschätzt, selbst Scholle als England-Neuling faßt schon im dritten Kreisverkehr Vertrauen und geht die Sache ab sofort selbstbewußt an. Autobahn menschenleer aber gut tempoüberwacht. Stationär und mit Laser von den Brücken aus sind die wenigen Fahrzeuge quasi laufend gecheckt. So um die 130 werden aber kostenfrei toleriert, so daß die Anfahrt über Carlisle und Glasgow zu Loch Lomond lässig abzuwickeln ist.

Unser erstes Loch (so heißen die Süßwasserseen – das Meerwasser fließt in Sounds) lebt vor allem davon, daß man es hervorragend umwandern kann und Glasgow dort Wochenendausflüge hin macht. Soo toll ist das noch nicht, aber durchaus sehenswert.

Über A82 und A83 (bis Inverary) wird die Szenerie deutlich spektakulärer, die Straßenverläufe anspruchsvoller und ein erstes „Highlandfeeling“ kommt auf. Die Mittagsrast zeitlich zu ausgedehnt, weil die gegrillten Langoustines, die Krabben und andere „Snacks“ dann doch zu gut waren. Deshalb eine forciertere Anfahrt über die wunderschöne A819 und dann auf der A85 nach Connel. Auch dafür sind die Straßen hier durchaus geeignet, ein gutes Fahrwerk und feine Bremsen sollte man aber an Bord haben.

Das Inn erfreut mit ordentlichen Zimmern und einem netten Pub sowie im Nachhinein zwar sehr ordentlichem aber noch lange nicht so gutem Essen. Als Entschädigung steht dafür ein Bilderbuchsonnenuntergang auf dem Programm.

Donnerstag, den 16. Juni 2011

Heute Ausflug auf die Halbinsel Kintyre mit Endpunkt am Leuchtturm „Mull of Kintyre“. In heftig ondulierter Streckenführung zunächst auf der A83 südwärts bis Campbelltown.“Do hinne zieht sich’s awwer zu – was mach’mer donn jetzt?“ So schnell kommen wir hier nicht wieder her, also weiter. Das gleichnamige Lied ist zugänglicher als der Leuchtturm – der nur teilweise asphaltierte Feldweg dorthin ist für unsere Sportwagen eine echte Geländeprüfung. Wir müssen Wohnmobile passieren lassen! Dafür liegt das Sträßchen gar malerisch in schroffen Steigungen und Gefällen an einer Steilküstenlandschaft von unwirklicher Anmutung – trotz mäßigen Wetters („Do hinne reißt’s grad‘ uff!“ – „Do fahre mir awwer ned hi – mir misse ins Dunkle!“) eine gute Einstimmung.

Die Rückfahrt entlang der Ostküste der Halbinsel auf der als reizvoll eingezeichneten Single-Track-Road ist ein Geduldsspiel. Nein, nicht wegen einer Fahrspur und Gegenverkehr. DAS geht völlig problemlos auch wegen der Rücksicht untereinander und sehr freundlichen Schotten, die uns unaufgefordert überholen lassen. Die Straße ist vollkommen ramponiert und zwischendurch ist Tempo 10 angesagt, um mit heiler Karosse zurückzukommen. Dazu keine Gastronomie am Wegesrand, dafür Durst in der Kehle – sehr unerquicklich.

Heute ist die Küche im Oyster Inn besser als gestern, bis auf das rumpelige Stück war’s ein gelungener Tag mit etwas viel Fahrzeit.

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Freitag, den 17. Juni 2011

Heute nicht so viel fahren, mehr Landschaft gucken: Abfahrt Connel, Anfahrt Kyle of Lochalsh/Plockton < www.plocktonhotel.co.uk >

Die Strecke führt von der Küste weg zunächst nach Fort William (einem zwar für dortige Verhältnisse großen aber nicht wirklich schönen Ort) und dem nahen Ben Nevis. Der höchste Berg Schottlands zeigt uns seine 1344 m hohe Spitze nicht, sondern hüllt sich in Dauersief, der einem Picknick im Freien hartnäckig entgegensteht. Eine an seinem Fuß entlangführende Straße mäandriert einem Bachlauf folgend in gewagten Kurven und schroffen Kuppen auf fahrerisch hoch interessante Weise durch den Wald. Teilweise hebt es bei Tempo 60 über eine solche Kuppe den Wagen aus und man sieht beim Ansetzen nicht, wie es danach weitergeht – Aufsetzspuren von Ölwannen sind uns Warnung und doch auch ein gewisser Ansporn, bis die beste Beifahrerin von allen ihrem Mißfallen Ausdruck verleiht. Die Anfahrt über die A87 Richtung Isle of Skye ist kurz aber mit spektakulären Ausblicken gesät. Landschaftswechsel, die an hochalpine Szenarien erinnern auf kaum 400 m über dem Meer wirken teilweise surreal. „Was wollt Ihr eigentlich immer mit dem Plockton? Unser Hotel ist in Lochalsh!“ – „Lies mal Deinen Tourplan, da steht aber was anderes drin!“ Einsicht führt zu milder Nachsicht.

Hotel in Plockton mit gestopft gefülltem Pub, besten Bieren und erstmals hervorragender Küche wird von Einheimischen auch mit weiter Anreise heimgesucht.

Zur Belohnung ein wunderschöner Sonnenuntergang (langsam dauert das, bis der kommt, wir sind auf Höhe der norwegischen Südküste). Romantische Fotos und ein merkwürdiges Jucken beschließen neben einigen Pints besten schottischen Ales oder Whiskeys den Tag.

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Samstag, den 18. Juni 2011

Heute ist der Ausflug zur unmittelbar in der Nähe liegenden Isle of Skye Tagesprogramm. Recht spektakulär geformte Brücke mit durchaus für Leute mit Höhenangst besorgniserregendem Profil. Es ist Wochenende und Briten mischen sich mit den schon seit Tagen zu sehenden Heerscharen deutscher Touristen. Manchmal ist kaum ein britisches Kennzeichen zu sehen!

Wir fahren deshalb im Uhrzeigersinn um die Insel, also zunächst nach einem Kurbesuch bei Talisker (rauchig-torfig, einer meiner Lieblinge) und dem dortigen Shop (Kappe, Poloshirt) geht’s auf zu Dunvegan Castle. Immer noch der Stammsitz der McLeods – und damit den Eigentümern vieler Ländereien auf Skye und dem nahen Festland. Die Highlands gehören fast ganz den dortigen knapp 70 Clans, so daß die Jungs schon über ansehnlichen Grundbesitz verfügen!

Auf der anderen Richtung wegen teilweise menschenleeren Straßen umrunden wir die Insel, bis uns Portree zum Zwischenstopp empfängt. Anfangs sonnig mit fast stechender Intensität hatten wir wieder mit den schottischen Wechselspielen aus „des zieht sich zu“ bis zum „eewe reißt’s uff“ zu tun. Zwei Regeln waren die ganze Zeit über golden: Wenn die Persenning am Wiesmann das Verdeckschließen erschwert, regnet es garantiert. Wenn denn das Verdeck zu ist, hört der stärkere Regen keine drei Minuten später auf. So ist’s halt – immerhin kriege ich das Wiesel nun ohne Aussteigen zu und schlage die elektrische Betätigung im Z4M wenigstens manchmal.

Wieder ausgezeichnetes Abendessen in Plockton mit verregnetem Sonnenuntergang, den vier spinnerte Deutsche partout draußen unter einer Palme (!!) erleben müssen. Viele leckere Pints und ein zunehmend lästigeres Jucken beschließen den Tag.

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Sonntag, den 19. Juni 2011

Heute soll es wieder geruhsamer angehen bei unserem Weg in den Hohen Norden. Anfahrt Kylesku < www.kyleskuhotel.co.uk > steht an.

Inzwischen sind auch Hauptstraßen teilweise Single-Track, denn da oben wohnt nun endgültig fast niemand mehr. Einsam, verwunschen, mit unglaublicher Landschaft und herrlich glatt asphaltierten Straßen geht es immer weiter an der Küste entlang über Ullapool nach Kylesku.

In Ullapool leider kein Kreuzfahrtschiff im Hafen – das Örtchen hat an sich vielleicht 2.000 Einwohner, wenn da eine riesige Aida ihre 3.000 Passagiere an Land spuckt, sieht das wie eine Invasion aus.

Ein englischer Autonarr mit seinem angeblich ach so gemachten Golf GTI (das Chiptuning erleichtert das Einparken offensichtlich nicht wirklich, um es mal so zu schreiben) legt es darauf an, mit uns „Rennerles“ zu spielen. Wo wir denn hinwollten, er könnte da doch gerne mitfahren. Auf solche Sachen darf man sich erst gar nicht einlassen, weder generell noch erst recht. Er warnt uns fürsorglich, daß da weiter oben kein Verkehr mehr sei und die Straßen sehr schlecht, außerdem könne man da nicht tanken.

Alles Blödsinn – Straßen Klasse, Tankstellen gibt’s auch. Und leer ist es, so was von leer. Selbst die unermüdlichsten Wohnmobilisten aus Deutschland bleiben aus, wir sind unter uns.

Herrlich zu fahren, traumhaft schön anzusehen mit nun fast vegetationslosem Granitgebirge. Gefühlt ist man permanent auf 2000+ Höhenmetern unterwegs.

Insofern eine verständliche Frage beim Abendessen im Hotel „mitten im Nirgendwo“: „Auf welcher Höhe sind wir hier eigentlich?“ Da wir eben noch das Meer mit seiner Flut just vor dem Hotel sahen: „Na so um die vier bis sechs Meter halt!“, was die unwirkliche Atmosphäre sicher deutlich macht.

Heute sind echte kulinarische Highlights – die besten Austern, die ich in den bisherigen 47,5 Jahren gegessen habe, gratinierte gebratene Jakobsmuscheln in Bilderbuchzubereitung – auf Sterneniveau für relativ kleines Geld geboten. Dazu eine sehr witzige und charmante Kellnerin, die nach dem kompletten Ausschenken der ersten Flasche Weißwein auf vier Gläser recht konsterniert dreinschaute auf die Frage, was denn nun der Zweck des eigens herbeigetragenen Kühlers sein solle.

Sonnenuntergang mit Robben im Sund betrachtet, Abend mit merkwürdigem Jucken und vielen leckeren Pints/Gin Tonics/Whiskies/“Dschäidicokes“ beendet. „JackyCola“ gibbet nich, hier heißt das nun mal so.

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Montag, den 20. Juni 2011

Beim Aufwachen wird es zur schaurigen Gewißheit: Das abendliche Jucken sind die Ergebnisse von „Midget Bites“. Ich sehe aus wie ein pubertierendes Bübchen. Alleine im Gesicht habe ich mehr als 30 Stiche, dazu den Nacken, die Hände und die Knöchel komplett verstochen. NUR ich, Eva hat ein paar abbekommen, Scholle und Michi brauchen nur mitleidig gucken, aber nicht an sich jucken.

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Die Abfahrt von Kylesku und der freundlichen Wirtin (halb Deutsche, halb Engländerin) führt uns hoch bis zur Nordküste und dem Leuchtturm von Strachy Point, von dort südwestwärts über bestens einsehbare Single Track Roads zu Loch Ness. Die harten Tage in den Highlands sind damit vorbei; bis zuletzt haben die lebhaft wechselnde Landschaft, das ungerührt grasende Schafsviehzeug und die auch fahrerisch durchaus anspruchsvolle Strecke und gefangen genommen. In Lewiston < www.staylochness.co.uk > nimmt uns das Loch Ness Inn auf – feines Abendessen und leckerer Tagesausklang in einem ganz neu errichteten Haus; wenn nur nicht das verdammte Jucken wäre!

Dienstag, den 21. Juni 2011

Leider läßt uns das bis dato wenigstens wechselnde Wetter nun im Stich: Es regnet permanent. Unsere Abfahrt von Lewiston mit kurzer Außenbesichtigung von Urquardt Castle und die anschließende Tour entlang des Whisky-Trails sehen die Besichtigung von Glenfiddich als erstes Highlight vor. Ehrlich gesagt: Destillerien funktionieren technisch alle gleich, die Beschaffung der gebrauchten Fässer ist für alle gleich – eine Führung dazu reicht völlig. Der Rest kommt aus der unterschiedlichen Luft beim Lagern, den verwendeten Fässern und dem Wasser. Schmeckt aber gut – Michi probiert tapfer, um jedesmal wieder festzustellen, daß IHR das gar nicht schmeckt.

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Die Anfahrt nach Glenkindie < www.theglenkindiearms.com > ist siefend naß, es regnet in einer Tour. Die eigentlich gedachte Abwechslung durch nun waldige und nurmehr hügelige Landschaften fällt ins Wasser. Uns fällt auch keine sinnvolle Alternative mehr ein, um die Zeit bis zum geplanten Hoteleinchecken zu verkürzen, also einfach mal dort vorfahren.

„Das ist jetzt aber nicht wahr, oder?“

Ein von außen fast abbruchreif aussehendes Haus am Ortsrand erwartet uns. Mir schwant ganz Übles … Immerhin: Offen, also rein.

??? Ein modern und komplett renovierter Gastraum erwartet uns, die Speisekarte auf den Schiefertafeln liest sich mehr als interessant. Ian, der Chef, ist auch schon da. Ja dann - …

Nix „dann“: Wasserschaden in unseren Zimmern, er kann uns leider nicht unterbringen. Er habe aber eine Alternative gesucht und bietet an, uns dort hinzuführen und abends zu holen und zu bringen. Scholle und ich können zum einen seine Fahrkünste mit einem mindestens 15 Jahre alten Honda Civic bewundern (räusper) und zum anderen will er seinen Zetti nicht unbeaufsichtigt irgendwo bei wildfremden Leuten abgestellt wissen.

Also ist der Plan, daß er uns schnell rüberbringt, wir uns frischmachen und auf eigene Faust abends zum Essen kommen. So far so good.

Er prescht bei hartnäckigem Regen wie ein Wilder los, wir haben vieles gesehen und manches auch zwei Mal, denn unser junger Held hat sich verfahren und weiß überhaupt nicht mehr, wo wir sind und wo wir hinwollen. Mit unserer Wirtin hatte er einen Übergabetermin ausgemacht, die hat aber irgendwann entnervt aufgegeben und fuhr wieder heim. In einer Kneipe herbeitelefoniert erbarmt sie sich unser und kommt halt noch mal – wir wären in etwas mehr als 15 Minuten da gewesen, waren bis dahin aber schon fast anderthalb Stunden unterwegs. Eva sah sich schon aufgespießt und von Einheimischen um ihre Habseligkeiten gebracht – dabei entpuppte sich die Einheimische als sehr nette Inhaberin eines Bed&Breakfast-Herrenhauses aus dem frühen 18. Jahrhundert, die Stammkundin bei Ian ist. Also Zimmer bezogen und mit ungutem Gefühl wieder zu Ian (jetzt in der Zeit und auf direktem Wege, den wir vorher nicht mal ansatzweise gefahren waren).

Unglaublich, was er in einer kombüsenartigen Küche mit einem Beikoch und einem sechsflammigen Gasherd (kein Salamander, keine Friteuse, nur Pfannen und Töpfe) für ein ganz ausgezeichnetes und hervorragendes Menü zauberte. Hier wäre für die Küchenleistung ein Stern fällig, für das chaotische Mißmanagement im übrigen den ganzen Abend Freibier adäquat. So zartes Wild hat von uns noch keiner genossen, alles war von bester Zubereitung, Würzung und Komposition.

Die Geländetauglichkeit der Autos wird bei der durch die Regenfälle auch noch verschlammten Zufahrt zu unserem Herrenhaus erneut aufs Härteste geprüft. Sie bestehen!

Mittwoch, den 22. Juni 2011

Mit immer noch heftigst juckenden Stichen an meinem ganzen Körper und adäquat miesem Wetter geht es wieder auf die Reise nach Kirkmichael, wo uns das Strathhardle Inn <www.strathardleinn.co.uk > zum Abendessen und zur Übernachtung erwartet. Irgendwie macht das dauernde Niederschlagswetterwetter mürbe, der eiskalte Besuch von Belmoral, dem Sommersitz der Queen, kann unser Herz auch nicht erwärmen. Es sind 9° und eine merkwürdige Form schottischen „Regens“ stellt sich ein: Regen, der nicht wirklich fällt, sondern wie eine ganz leichte Gischt in der Luft steht. Schirm deshalb nutzlos – wo auch immer man hinläuft, ist das Wasser ja schon.

Abends kommt der Spruch „da hinten reißt’s auf“ zur Geltung, es lichtet sich und die Sonne kommt hervor. Der gemütliche Pub lädt zu einem wieder sehr gekonnt arrangierten und gewürzten Abendessen. Bierfreunde wie ich kommen auf ihre Kosten, denn dort ist seit Jahren traditionell eine Auszeichnung für besonders gepflegte Ales Standard.

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Donnerstag, den 23. Juni 2011

Irgendwie habe ich mich vertan bei der Planung – die jeweils isoliert Tagesetappen vorsah und die dann aneinander reihte. Eigentlich sind es nur etwa 25 Kilometer bis nach Guildtown, wo uns das Anglers Inn erwartet. < www.theanglersinn.co.uk >

Den Tag über durchstreifen wir nochmals die Trossachs und genießen letzte Ausblicke in die hier milde und grüne schottische Landschaft. Fast schließt sich der Kreis, denn wir sind nur wenige Kilometer von Loch Lomond entfernt.

Wieder zwingt das unbeständige Wetter (stechende Sonne und teilweise deftigere Schauer in munterem Wechsel) zu angepaßtem Tourplan. Immerhin können wir in Sterling die Stadt trockenen Fußes erlaufen und bei strahlendem Sonnenschein und immer drückenderer Schwüle sogar das Schloß von außen besichtigen. Von innen kostet es zarte 17 GBP pro Person – und ehrlich gesagt: Irgendwie sind die Dinger ja doch alle gleich, so daß diese horrende Ausgabe nicht als Nutzen stiftend betrachtet wurde.

Recht früh und langsam auch etwas ermattet vom doch strammen Tagesprogramm der letzten Tage treffen wir im Inn ein. Von außen ganz unscheinbar, erleben wir hier den Höhepunkt der kulinarischen Schottlandreise auf durchgängig bestem Niveau. Egal, ob es um ein 600 gr T-Bone-Steak in perfekter Zubereitung oder Vorspeisen oder Lamm als Hauptgang ging – die Dinge waren schlicht bestens gelungen.

Noch perfekter: Man berechnet nicht die Preise der Karte, sondern die Alternative „Dinner, Bed &Breakfast“, weil uns das billiger zu stehen kommt – unaufgefordert!

Der Abend klingt auf der an sich unattraktiven rückwärtigen Terrasse bei leckeren Pints und anderen Getränken aus. Selbst das nistende Schwalbenpärchen findet die Atmosphäre ganz entspannend und schläft neben seinem übervollen Nest über unseren Köpfen ein.

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Freitag, den 24. Juni 2011

Heute steht nur noch eine nette Rückfahrt zum Einschiffen in Newcastle um 17.30 Uhr auf dem Programm. Edinburgh ist ganz kurz ein bißchen verstaut, danach suchen wir eh die Nähe zur Küste und eine nette Mittagsrast.

Das Fahren hier (wie auch die beiden letzten Tage) ermöglicht nicht mehr immer so herrliche Blicke auf die Landschaft, denn die landwirtschaftlich genutzten Flächen werden wie in ganz GB üblich mit Hecken gesäumt. Man sieht also nicht wirklich was neben der Straße, vor allem dann, wenn man etwas tiefer sitzt.

Unsere letzte Mahlzeit (auf englischem Boden, Schottland liegt schon hinter uns) nehmen wir in einem typischen Pub in einem Küstenort ein – Krabbensuppe als Delikatesse, für Scholle „der beste Mittagsburger der ganzen Reise“.

Inzwischen gewitzt und quasi routinierte Fährfahrer versorgen wir uns in Newcastle im Tesco mit Proviant für die Überfahrt (preiswerter und qualitativ auch nicht schlechter). Die Wochenendfähre ist schon ein paar Nummern größer, wir werden auf ein eigentlich für Motorräder vorgesehenes Zwischendeck manövriert – was auch bei geringer Bodenfreiheit problemlos zu bewältigen war. Übernachtung auf der Fähre in als Doppelkabine genutzten Vierer-Zimmern mit nicht genutzten Ausklappbetten ist komfortabler als auf der Hinfahrt.

Günstige Möglichkeit, Wünsche nach Whisky-Import zu befriedigen: 1 L Laphroig und 1 L Glenlivet für zusammen 59 € erfordern sofortiges Handeln.

Samstag, den 25. Juni 2011

Beim Eintreffen in Ijmuiden, regnet es und hört bis südlich Alzey auch nicht auf. Trotz teilweise dichteren Verkehrs kommen wir tempolimitiert gut voran, die „100“ in den Niederlanden nervten doch ziemlich. Ein Tempomat im Wiesel wäre da ein echter Segen gewesen!

In Sindorf noch ein letztes gemeinsames Mittagessen und Volltanken, dann geht’s für Scholle und Michi sofort gen Heimat. Wir fallen noch bei Thomas und Sybille in Bonn „auf ein Käffchen“ ein – die beiden müssen für die erste Erprobung von Reiseberichten herhalten, aus „nur kurz so für ein Stündchen“ wurden dann doch mehr als zwei sehr kurzweilige Stunden, dann machten wir doch den Deckel drauf und uns auf den Heimweg.

Und nun das ganze kurz zusammengefasst:

Die Autos hielten problemlos allen Anforderungen stand, eine abgefallene Fensterkurbel im Wiesel ist gleich wieder angeschraubt. Mittlerer Verbrauch für beide: 10,8 L/100 km (Esso, Total und BP haben sogar nicht selten 97 ROZ-Sprit, aber auch 95er verkraften die M-Motoren problemlos). Anders als mit offenen Autos lassen sich die Eindrücke vom inspirierten Fahren in der wechselnden Landschaft nur unvollkommen aufnehmen. Im ganz hohen Norden sind die Straßen in erstaunlich gutem Zustand, nahezu menschenleer und gelinde gesagt „entertaining to drive“.

Wer für die britische Art und solche anstrengenden Touren was übrig hat, macht in Schottland garantiert nichts verkehrt. Sehr freundliche und verständige Verkehrspartner, nette Leute, und wunderschöne oder sogar atemberaubende Landschaften sind die Reise allemal wert. Weder Single Track noch Linksverkehr können schrecken – alle Erwartungen wurden bestens erfüllt; auch die Befürchtungen um die Wechselhaftigkeit des Wetters – für Strandurlaub ist die Gegend halt nichts.

Markus

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Absoluter Top Bericht!! Komme mir zeitlich zurückgesetzt auf meinen letztjährigen Schottlandurlaub vor.Da hatten wir zwar einen Leihwagen, aber die Strecke war teilweise identisch! Schürrt die Sehnsucht ....echt fies:wink:

vielen dank fuer den SEHR ausfuehrlichen Reisebericht :-))!

So eine Tour wollte ich mit dem E9 im Aug/Sept auch machen (falls es denn rechtzeitig fertig wird), ich nimm dein Bericht mal als Faden O:-)

Danke für den tollen Bericht ! :-))!

Wir sind gestern aus Schottland zurückgekommen und da freut es uns noch mehr, in deinem Bericht schöne Erinnerungen zu finden.

Danke !

Hallo Markus ,

grosses Kompliment für diesen tollen Reisebericht:-))!

Hast Du denn nicht noch ein paar mehr Fotos für uns?

Habe vor vielen Jahren auch mal eine Tour durch Schottland gemacht, allerdings mit einem Landrover Discovery:wink:

Schon mal an Norwegen als nächste Tour gedacht?

Dort brauchst Du auch nicht auf Mücken zu verzichten:D

Hallo,

da ich schon so lange angemeldet bin und noch keinen Beitrag geschrieben habe werde ich heute mal damit anfangen.

Ich bin "quasi" der Mitfahrer :lol: und war größtenteils für die Fotos verantwortlich, das liegt mir besser als das schreiben :D.

Hier noch ein kleiner Auszug:

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Gruß

Stefan

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Danke für den schönen Bericht und die ergänzenden Fotos:-))!

Schottland ist wohl ein Traum, alle die ich kenne und die bisher dort waren sind fasziniert.

Toll das alle hier an eurer Reise teilhaben können!

Gruss, Andreas

...

Hast Du denn nicht noch ein paar mehr Fotos für uns?...

Der schönste Film läuft ja beim lesen im Kopf ab, aber wenn du Fotos von dem leckeren Essen hättest würd ich mich sehr freuen.

Gruß,

Felix

Sehr schöner Bericht. War letztes Jahr mit 2 Kumpels auch dort. Haben dann eine kleine Rundreise gemacht. Von Sterling auf die Isle of Mull, dann Fort William, Ullapool und Inverness (Loch Ness). Landschaftlich schon echt traumhaft. Da wäre ich am liebsten auch mit meinem Wägelchen gefahren. So war es dann nur ein bis unters Dach vollgepackter Nissan Micra. War aber auch ein Erlebnis für sich, jedes mal wenn der hinten Sitzende ausgestiegen ist musste danach wieder neu gepackt werden. Haben dann überwiegend wild gecampt, was ja in Schottland überall erlaubt ist. Die eine Nacht dann an einem Strand etwa 40km vor Ullapool. Traumhaft! Nur die ganzen Viecher nerven, ohne Moskitonetz über dem Kopf hat man es keine 5min ausgehalten.

Das Problem mit winzigen Zecken hatten wir auch, als wir auf der Isle of Mull zu den Carsaig Arches gewandert sind. Danach sahen die Beine aus als wäre man durch Matsch gelaufen, überall kleine schwarz-braune Punkte, erst bei genauerer Betrachtung fiel auf, dass das alles winzige (<1mm) Zecken waren.

Alles in allem ein traumhafter Urlaub in dem ich mir jeden Tag vorgestellt habe was für eine Mordsgaudi das mit einem Cabrio/Roadster wäre. Mal sehen wann ich das mal in die Tat umsetze. Darf man fragen was ihr so für die Übernachtungen pro Nase bezahlt habt?

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