Lange war gerätselt worden, wie hoch die Gebote gehen würden. Einige Erwartungen wurden in der vergangenen Nacht allerdings möglicherweise enttäuscht: Der Ferrari 250 GTO mit Chassisnummer 3851GT wurde von Bonhams in Pebble Beach für 38,1 Millionen US-Dollar versteigert. Damit verfehlte die Sportwagenlegende die vorher vermuteten 50 Millionen-Marke, stellte allerdings dennoch einen neuen Rekordpreis auf.

Ferrari 250 GTO

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Gestern Nacht wurde in Pebble Beach dieser Ferrari 250 GTO versteigert. Erstmals seit 25 Jahren wurde damit ein GTO öffentlich angeboten.

Wenn Autofans nach Sportwagenlegenden gefragt werden, fallen direkt x Namen: Mercedes-Benz 300 SL, McLaren F1, BMW 507, Bugatti Type 57 Atlantic, Porsche 911 und Ferrari 250 GTO. Die Wertentwicklung dieser Fahrzeuge fällt höchst unterschiedlich aus, was auch ein wenig an den Stückzahlen liegt: Während der Porsche 911 bis heute häufig gefertigt wird, entstanden vom BMW 507 nur 252 und vom McLaren F1 lediglich 106 (inklusive Rennversionen) Exemplare. Noch seltener sind lediglich der Bugatti und natürlich der Ferrari 250 GTO. Entsprechend überschaubar sind die Möglichkeiten, diese Fahrzeuge live zu erleben oder gar öffentlich kaufen zu können.

Letzte Nacht ergab sich eine solche Gelegenheit, als ein Ferrari 250 GTO beim Auktionshaus Bonhams versteigert wurde. Bereits im Vorfeld, nachdem dieser Verkauf angekündigt worden war, schossen Vermutungen ins Kraut, wie hoch wohl das finale Gebot sein würde. Einig waren sich die Experten darin, dass es wohl einen neuen Rekord geben würde, womit der letztes Jahr versteigerte Mercedes-Benz W196 schon einmal als Maßstab dienen durfte. Dieser war in Goodwood für 20,2 Millionen Euro versteigert worden. Die Höhe des neuen Rekords für den 250 GTO indes war nicht absehbar und wurde zum Teil mit mehr als 50 Millionen Dollar geschätzt.

Dazu braucht es zuerst einmal eine saubere Fahrzeuggeschichte, die in diesem Fall zweifelsfrei vorliegt. Chassisnummer 3851GT wurde als 19. von 39 250 GTO im Jahr 1962 gebaut und erhielt somit sowohl die frühe Karosserie als auch den 3-Liter-V12-Motor. Ursprünglich trug der Wagen grauen Lack mit Längsstreifen in rot, weiß und blau, da der Erstbesitzer niemand geringeres als Jo Schlesser war. Zum Zeitpunkt der Auslieferung war Schlesser gerade dabei, sich einen Namen bei Sportwagenrennen zu machen. Er setzte den 250 GTO bei der Tour de France ein, von der es damals auch eine Ausgabe für Autos mit rund 5.500 Kilometern Länge gab. Zusammen mit seinem Beifahrer Henri Oreiller belegte Schlesser den zweiten Gesamtplatz. Zwei Wochen später auf der Rennstrecke in Montlhéry kam es allerdings zu einem folgenschweren Unfall, bei dem Oreiller sein Leben verlor und der 250 GTO schwer beschädigt wurde.

Nach einer umfangreichen Reparatur in Neuwagenzustand, die im Ferrari-Werk in Maranello vorgenommen wurde, verkaufte Schlesser den Wagen im Frühjahr 1963 an Paolo Colombo, der ihn unter der Bewerbung der Scuderia Trentina in der italienischen Bergrennmeisterschaft einsetzte. Bei 15 Wertungsläufen erreichte Colombo zwölfmal den Klassensieg für GT-Fahrzeuge. Am Ende der Saison erhielt er ein lukratives Angebot und verkaufte 3851GT an Ernesto Prinoth, der den Wagen im Folgejahr bei verschiedenen Rennen und Bergrennen mit dem Rennteam Scuderia Dolomiti Bolzano zum Einsatz brachte. Während er in der ersten Saisonhälfte sehr erfolgreich unterwegs war, überschlug er sich beim Einstundenrennen in Monza im September, was zu einer weiteren Reparatur an 3851GT führte, die innerhalb von drei Wochen erledigt war. Im Winter 1964/65 überlegte Prinoth, was er mit seinem mittlerweile viel gelaufenen und nicht mehr wettbewerbsfähigen 250 GTO anfangen sollte. Glücklicherweise trat mit Fabrizio Violati ein junger Geschäftsmann auf den Plan und kaufte das Fahrzeug, bevor die Pläne, den V12-Motor auszubauen und in ein Rennboot zu verpflanzen, weiter ausgearbeitet werden konnten.

Der damalige Verkaufspreis von 2.500.000,- Lire (umgerechnet nach damaligem Kurs rund 4.000,- US$ oder nach heutigem Wert etwa 33.500,- US$) wirkt niedrig. Allerdings muss man bedenken, dass der 250 GTO 1965 wirklich nicht viel mehr war als ein gebrauchtes Rennfahrzeug ohne sinnvollen Einsatzzweck. Violati, damals 30 Jahre alt, versteckte den Wagen anfänglich vor seinen Eltern und fuhr ihn nur nachts. Seit 49 Jahren befand sich der Wagen in Besitz der Familie Violati – seit 2010 Fabrizio Violati verstorben ist, wurde der Wagen nebst der restlichen Sammlung Collezione Maranello Rosso von Familienmitgliedern gepflegt. In den 70er und 80er Jahren setzte Fabrizio neben weiteren Ferrari, die er inzwischen gekauft hatte, auch den 250 GTO bei historischen Rennen ein und wurde 1985 FIA-Europameister im GT-Sport sowie 1989 Sieger der Targa Florio Autostoriche auf Sizilien.

Jetzt, nach 49 Jahren in einer Hand, wurde es Zeit für einen neuen Besitzer. Letzte Nacht rollte der 250 GTO über die Bühne von Bonhams und wurde nach einer langen Bieterschlacht schließlich für 38.115.000,- US$ (umgerechnet 28.501.458,- €) inklusive Zuschlagsgebühr versteigert. Somit wurde der bisherige Rekord zwar um 8 Millionen Euro übertroffen, jedoch nicht so weit nach oben geschraubt, wie vorhergesagt.

Quelle: Bonhams