Sonntag früh, 09:25 Uhr, noch 5 Minuten bis zu meinem Treffen. Ich fahre mit circa 150 km/h auf der Autobahn in Richtung Münchner Messe. In ein paar Minuten treffe ich mich mit Max. Weit hinter mir im Rückspiegel sehe ich plötzlich zwei Xenon-Brenner, die mit etwas Orangenem verbunden sind. „Das könnte er sein…“, denke ich mir und fahre weiter. Als ich von der Autobahn abbiege und vor einer Ampel stehe, höre ich hinter mir plötzlich ein Grollen. Kurzer Blick in den Himmel: Hmm…, es ist zwar bewölkt, aber nach Gewitter sieht es nicht aus… Ah, im Seitenspiegel taucht auf einmal wieder ein Xenon-Brenner samt orangenem Auto auf. Kein Gewitter, sondern nur der Max.

9ff GTurbo 850

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Der 9ff GTurbo 850 entwickelt 850 PS aus 3,8 Litern Hubraum.

Nach wenigen Metern Fahrt halten wir beide hintereinander auf dem Parkstreifen der Messeallee. Ausstieg und kurze Begrüßung. Im anschließendem Smalltalk habe ich Zeit, ein paar erste Blicke auf das Fahrzeug zu werfen.

Von außen eigentlich ein normaler Porsche 997, optisch eine Mischung aus GT3 RS und GT2. Die einzigen offensichtlichen Anzeichen dafür, dass es kein Modell von der Stange ist, sind die 9ff Embleme auf der Haube und der Heckscheibe sowie der „GTurbo 850“-Schriftzug auf dem Heck. Wenn man genau hinsieht, ist über die komplette Fahrzeuglänge noch ein 9ff-Schriftzug angebracht, allerdings ist die Farbe nur eine Nuance kräftiger als der restliche Lack.

9ff – dieser Tuner ist mir persönlich bekannt, aber manch einer wird sich fragen, wer oder was das ist. Jan Fatthauer gründete das Tuningunternehmen 2001 in Dortmund. Wie der Name schon andeutet, beschäftig sich die Firma hauptsächlich mit dem Aufrüsten von Porschemodellen und bietet neben Leistungssteigerungen auch Anbauteile an. Seit einiger Zeit baut sie auch eigenständige Fahrzeuge, wie den GT9-R.

Doch zurück zum GTurbo 850. Könnte die Zahl für die Größe des Hubraums stehen? Nein, es ist doch ein Porsche und kein Smart. Vielleicht steht es für Drehmoment – es ist ein Turbo-Motor, also durchaus realistisch. Kurzes Nachfragen beim Besitzer ergibt, dass es die PS sind.

850 PS, alter Schwede. Solche Zahlen hört man nicht alle Tage. Die Basis für den Motor ist der 3,8 Liter große Sechszylinder-Boxermotor des 997 GT3, der mit seinen 435 PS nicht gerade untermotorisiert ist. 9ff steigert die Leistung, indem man zwei Turbolader zur Zwangsbeatmung einsetzt und unter Anderem die Kolben und Pleuel durch verbesserte beziehungsweise verstärkte Komponenten tauscht. Die daraus resultierenden 850 PS bringt der GTurbo zusammen mit gigantischen 950 Newtonmetern Drehmoment über die hinteren Pneus auf die Straße.

Vom Motor selbst sieht man, typisch Porsche, nicht viel. Nachdem ich etliche Male um das Fahrzeug geschlichen bin, wage ich mich weiter in den Innenraum. Auf den ersten Blick sehe ich das unveränderte Interieur eines 997 GT3 RS. Als ich nach einer kleinen Weile dann im Schalensitz der Fahrerseite Platz gefunden habe, fällt mir die erste offensichtliche Veränderung auf. Dem Drehzahlmesser fehlt das GT3 Logo. Statt diesem sitzt ein 9ff-Emblem mittig. Das Ende der Skala ist hier erst bei 10.000 Umdrehungen, wobei der rote Bereich bei 8.000 Touren beginnt. Der links daneben sitzende Tacho reicht bis 400 km/h, statt wie im Basismodell bis 350. Sonst entdecke ich keinerlei Veränderungen.

Der Mitteltunnel zeigt sich in orangener Farbe. Auf den Sitzen und dem Armaturenbrett gibt es Ziernähte in Kontrastfarbe und in der Mittelkonsole leuchtet mir ein Navigationssystem entgegen. Hinter mir ist kreuz und quer ein Überrollkäfig montiert. Also wirklich nichts, was man nicht auch bei einem 08/15-RS finden könnte.

Als ich mich wieder aus dem Sitz quäle, werden bereits vom Besitzer ein paar Trümpfe aus dem Bereich Zahlen und Fakten zum Besten gegeben. Bevor jetzt der Eindruck entsteht, daß der gute Mann Selbstgespräche führt: Dem sei hiermit widersprochen. Während meinen Runden um und in das Fahrzeug haben sich bereits weitere Personen eingefunden, die sich das heutige Spektakel nicht entgehen lassen möchten. Wobei ich insgeheim befürchte, dass es wohl nicht meine Arbeit für diesen Bericht ist, die zu diesem Menschenauflauf geführt hat.

Aber wir waren bei den Infos, die uns damals in unseren Kindertagen beim Autoquartett-spielen locker zum Sieg verholfen hätten:

  • Leistung: 850 PS
  • Drehmoment: 950 Nm
  • Beschleunigung 0 – 100 km/h: 3,0 Sekunden
  • Beschleunigung 100-200 km/h: 4,8 Sekunden
  • Beschleunigung 200-300 km/h: 8,8 Sekunden
  • Beschleunigung 300-360: <13 Sekunden

Wenn man jetzt mal rechnet, ist man bei einer Beschleunigung von 0 auf 300 km/h in 16,6 Sekunden und damit auf Augenhöhe mit dem König der PS-Protze, dem Bugatti Veyron. Dieser benötigt für die selbe Übung nämlich 0,1 Sekunden mehr!

Bei der Frage zur Höchstgeschwindigkeit antwortet Max nur kurz „Gute Frage, das Getriebe ist auf 390 km/h ausgelegt, aber bisher bin ich nur auf 371 km/h gekommen…“, um dann kurz darauf noch nachzuschieben: „Der Nachlauf der Geschwindigkeit liegt übrigens bei 11 km/h, sprich der Tacho hat 382 km/h angezeigt.“

Langsam begreife ich, dass die Driftbox, die an der Windschutzscheibe klebt, ein gern genutztes Tool ist. Aber erstmal genug von Zahlen und Fakten. Mein Zeigefinger juckt und aus dem Kofferraum meines Autos kann ich bereits die Kamera rufen hören, dass sie endlich zum Einsatz kommen will. Also ab in mein Auto, schnell gestartet und gewartet bis der Rest der Bande sich hinter mir einreiht.