Nach ein paar Sekunden höre ich plötzlich einen riesen Lärm. Ah, jetzt ist mir klar, der 9ff läuft. Diese gigantische Klangkulisse, die er hinter sich herzieht, ist beachtlich. Spätestens jetzt ruhen die Blicke sämtlicher umstehender Passanten auf uns, auch jener, die noch nicht auf die grelle Außenfarbe dieses PS-Monsters reagiert haben!

Wir rollen zur ersten Location, positionieren das Fahrzeug und ich lege los. Die Anderen unterhalten sich weiter und amüsieren sich königlich, wie so langsam andere unbeteiligte Passanten mit verdutzten Gesichtern an uns vorbeirollen. Spätestens jetzt hoffe ich, daß dieser Auflauf wegen dem Auto ist und nicht wegen mir! Locationwechsel – wieder ohrenbetäubender Lärm beim Start, kurz umparken und weiter geht’s. Zu guter Letzt noch ein paar – bei mir schon fast obligatorische – Fahraufnahmen.

Als ich zufrieden meine Arbeit beende, kommt von Max die unvermeintliche Frage „Mag mal jemand mitfahren?“ Kandidat Nr. 1 meint nur: „Mitfahren kann man nie genug, aber ich durfte ja schon ein paar mal, sollen ruhig die anderen.“ Kandidat Nr. 2 (Besitzer eines BMW Z3 Coupé) lässt mir den Vortritt und ich finde mich kurz darauf auf dem Beifahrersitz wieder.

Wieder das Starten des Motors, wieder dieser Lärm – naja, wenn wir mal ehrlich sind, ist dies für einen Petrolhead wie mich, doch eher Musik. Bis zur Autobahn ist es nur ein kurzes Stück. Kein Ruckeln, kein Verschlucken, der GTurbo läuft wie ein Uhrwerk. Die Federung, die bei der einen oder anderen kleinen Unebenheit eingreift, kann man als straff bezeichnen, jedoch ist sie dann doch nicht so hart, wie ich sie mir für einen Boliden derartigen Kalibers vorgestellt hätte.

Die Autobahnauffahrt, wirklich schnell fahren wir nicht, wobei die Rechtskurve auch leicht feucht ist, also durchaus verständlich, dass man da nicht einfach wild auf’s Gas drückt. Beschleunigungsstreifen, links neben uns drei Spuren, vor uns fast kein Verkehr und die wenigen Fahrzeuge fahren ganz rechts. Wir ordnen uns auf die Überholspur ein und dann gibt Max Feuer. Das leichte Säuseln der Turbolader wird lauter und mein Kopf wird sanft nach hinten gedrückt, um irgendwann von der Rückenlehne des Schalensitzes gestoppt zu werden. Meine Spiegelreflexkamera, die im Videomodus läuft, zeigt in sämtliche Richtungen, nur nicht in die des Tachos. Kurz kommt mir der Gedanke, daß ich irgendwann mal dieses entstandene Video als skurrile Kunst verkaufen könnte.

Die Beschleunigung ist einfach atemberaubend. Ich bin wirklich in den vergangenen Jahren einiges an Sport- und Supersportwagen gefahren, aber das, was sich da gerade vor mir, hinter mir und um mich herum abspielt, spottet jeglicher Beschreibung.

Bei knapp 180 km/h zuckt der GTurbo auf einmal mit dem Heck, die Hinterreifen bemühen sich offensichtlich vergebens um Traktion. Max hat sein Auto aber absolut unter Kontrolle, ein kurzes Gegenlenken und schon geht’s weiter dem Horizont entgegen. BÄÄMM, der vierte Gang knallt rein, der Tacho ist irgendwo knapp vor der 250er Marke, die Driftbox hat Mühe die Geschwindigkeit in Echtzeit anzuzeigen, schafft es dann doch nicht und hängt gute 10 – 15 km/h hinterher.

Wieder ein BÄÄMM, fünfter Gang, als in einiger Entfernung ein Auto auf die mittlere Spur zieht. Mein Fahrer reagiert sofort, tritt energisch auf die Bremse, ich finde mich im nächsten Augenblick im Sicherheitsgurt hängend und auf den Boden starrend wieder. Nicht nur die Beschleunigung, nein, auch für die Verzögerung ist der GTurbo ausreichend ausgestattet.

Der „Mittelspur-Schleicher“ wird rechts liegen gelassen. Da fällt mir auf, daß er wohl gar nicht so langsam war. Gute 170 km/h dürften es bei ihm gewesen sein, als wir mit guten 190 km/h an ihm vorbei glitten.

Vor uns ist wieder freie Bahn, also schnell zurückgeschaltet in Fahrstufe 3 und den Pferden die Sporen gegeben. Kurz vor 200 höre ich neben dem Schmatzen des Turbos auch noch ein kratzendes Geräusch. Ist das der Schutzengel der sich verzweifelt am Heckspoiler festhält?

Max meint nur trocken: „Schon wieder keine Traktion.“ Zur Erinnerung sei noch mal gesagt, daß wir uns im dritten Gang bei knapp 200 km/h befinden. Er schaltet in den vierten Gang, das Kratzen verstummt und die Beschleunigung nimmt weiterhin vehement ihren Lauf.

Kurz darauf wieder jemand auf der mittleren Spur. Wieder wird der Anker geworfen. Wieder verzögert das orangene Ding aus einer scheinbar anderen Welt ohne Probleme. Dieses Spiel machen wir noch ein- oder zweimal, bevor es wirklich ein schönes Stück lang frei ist und die Turbos erneut Arbeit bekommen. Diesesmal geht es aus dem sechsten Gang, beginnend bei rund 170 km/h, los. Weniger schnell als vorher, aber immer noch sehr, sehr viel schneller als mein eigenes Auto (Anmerkung der Redaktion: Ebenfalls ein BMW Z3 Coupé) es jemals hätte leisten können. Die Tachonadel klettert wieder in Richtung 200, 250, 300. Augenblicklich wird mir klar: „WOW, das ist es also, mein erstes mal 300 km/h.“ Mir schießen wie wild Zahlen durch den Kopf: „5 Kilometer in der Minute, 83.3 Meter in der Sekunde.“ Natürlich kommen nach einiger Zeit wieder Autos auf unsere Spur. Wieder gibt’s die Gurtprüfung, wieder fahren wir „langsam“ am Verkehr vorbei.

Dann, kurz vor der „Endstation“, einem Rastplatz südlich von München, sind die beiden Zettis meiner Freunde in Sicht. Mittlere Spur, sie fahren mit ca. 180 – 200 km/h dahin. Wir pirschen uns an, schnell noch einen Gang runtergeschaltet und das, was dann beim Vorbeifliegen passiert, umschreibt Mr. TT Coupe danach völlig fasziniert mit: „Ich dachte mir haut’s gleich die Seitenscheibe ins Gesicht…“

Nach gut 35 Kilometern freier Beifahrt ist das Erlebnis „9ff“ vorerst vorbei. Als wir auf einem Rasthof südlich von München halten und ich mich aus dem Schalensitz schäle, habe ist bereits die erste Reaktion von Mr. TT Coupe zum Thema Geräuschkulisse im Ohr.

Nach der ganzen Fahrt war ich froh, daß ich seitlich Ohren habe, sonst wäre mein Grinsen wohl über das gesamte Gesicht gegangen. Das Erlebte in Worte zu fassen, fällt mir bis heute schwer. Salopp kann man sagen: „Der 9ff GTurbo 850 schiebt wie die Sau“, soll heißen: Gefühlsmäßig sollte man einen 911 Turbo oder anderen Sportwagen nehmen, einfach mit zwei oder noch mehr multiplizieren und man ist ungefähr da, wo sich dieses PS-Monster befindet.

Nachdem der Beifahrersitz nun leer ist, wird Patrick alias Mr. TT Coupe zum Ritt auf der Kanonenkugel gebeten. Dieses Mal bekommen die beiden BMWs keinen Vorsprung. Der 9ff entert als Erster die Autobahn – und ward nicht mehr gesehen. Hören konnte man ihn schon noch eine Weile, jedoch erübrigte sich selbst das nach relativ kurzer Zeit.

An der ersten Ampel nach der Autobahn steht Max und vermeldet kleinlaut: „Fahr du vor, ich glaub ich find nimmer hin“, also tu ich ihm den Gefallen und geleite die Pferde zurück zum Parkplatz. Als wir uns einige Zeit später wieder auf dem Parkplatz trafen musste ich erst einmal ein „Danke“ loswerden. Anschließend unternahm Patrick den Versuch das Ganze in Worte zu fassen. Auch ihm gelingt es nicht. Jedoch waren wir auf seine Worte nicht angewiesen, denn jeder der Beteiligten war bereits mitgefahren und wusste somit ohne Worte, was er meinte.

Irgendwann kommt dann noch ein beiläufiger Satz von Mr. TT Coupe: „Wir waren noch ein bisschen schneller als ihr. Ab 330 hab ich nicht mehr auf den Tacho geschaut, aber der Max meinte, daß es so um die 350 waren…“ Gegönnt sei es ihm, die Mitfahrt war für uns beide ein Highlight, die Endgeschwindigkeit dann die Kirsche auf dem Sahneeis.

Nach knapp 4,5 Stunden heißt es dann doch Abschied nehmen. Max muss weiter zum nächsten Termin und auch ich habe meinen nächsten Fototermin; passend zur krachenden Außenfarbe des 9ff geht es mit einem bonbongelben Mitsubishi Lancer Evo VIII weiter.

Danke an Max für dieses Erlebnis!

Quelle und Autor: Simon Richter