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Die neuen Boxermotoren mit Direkteinspritzung


matelko

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In einer technischen Erklärung zur neuen Motoren-Generation teilt Porsche folgende Details mit:

Bei der 3,6 L Version steigt der Hubraum um 18 cm³ auf nun insgesamt 3.614 cm³. Der Hub des 3,6-Liters wurde um 1,3 auf 81,5 Millimeter verringert, die Bohrung von 96 auf 97 Millimeter vergrößert. Die 3,8 L Version wurde im Hub sogar von 82,8 auf 77,5 Millimeter verkleinert und die Bohrung um drei Millimeter auf 102 Millimeter erweitert.

Nochmals zusammengefasst: das Brennraum-Volumen (der Hubraum) wurde vergrößert und der Weg des Kolbens zusätzlich verringert.

Zusätzlich sorgt die DI-Technik dafür, daß das Kraftstoff/Luftgemisch den Brennraum besser kühlt als die alte Vergaser-Technik (siehe nachfolgendes Zitat). Durch all diese Maßnahmen sollten die Druckverhältnisse (die maximale Kompression) in den Zylindern also abnehmen.

Wenn Porsche nun aber vermeldet, daß die Verdichtung (d.h. eben jene Druckverhältnisse in den Zylindern) zugenommen hat, folgt für mich daraus unmittelbar, daß mehr Kraftstoff/Luftgemisch zugeführt werden muß. Der Verbrauch würde also steigen.

Ist aber nicht... Porsche spricht von einer generellen 12 %-igen Senkung.

Die Kraftstoffeinsparung um über zwölf Prozent beruht zum einen auf der optimierten Vermischung von Luft und Kraftstoff, was die Verbrennung sauberer und vollständiger werden lässt. Zum anderen senkt der verdampfende Kraftstoff die Temperatur im Brennraum ab und lässt somit eine höhere Verdichtung zu. Daher ist in allen Zylindern beider Motorversionen der Brennraum jetzt auf eine maximale Verdichtung von 12,5:1 ausgelegt - für die Vorgängerversionen lauten die Werte 11,8:1 beim 3,8-Liter- sowie 11,3:1 beim 3,6-Liter-Motor.

Gut, spielen wir das Gedankenspiel mal weiter. Gehen wir mal davon aus, pro Verbrennungsvorgang würde tatsächlich mehr Kraftstoff/Luftgemisch zugeführt, um die höhere Verdichtung bei größerem Brennraum zu erreichen. Dann wiederum ließe sich eine Kraftstoffeinsparung nur realisieren, indem die maximale Kraft bereits bei geringerer Drehzahl abgegeben werden würde, insgesamt also weniger Arbeit verrichtet würde.

Trifft die Realität aber auch nicht so ganz... :

Die 3,6 L Version hatte bislang maximal 370 Nm bei 4250 rpm abgegeben, jetzt sind es 390 Nm bei 4400 rpm. Nur bei der 3,8 L Version kommt meine Überlegung in etwa hin: bislang waren es 400 Nm bei 4600 rpm, nun sind es 420 Nm bei ebenfalls 4400 rpm.

Etwas besser passt die Geschichte beim Vergleich der Leistung (also dem Drehmoment pro Zeiteinheit) zwischen alt und neu. So hatte die alte 3,6 L Version ihr Maximum von 325 PS bislang bei 6800 rpm, jetzt sind es 345 PS bei 6500 rpm. Bei der 3,8 L Version lag das Maximum von 355 PS zuvor bei 6600 rpm, nun sind es 385 PS bei ebenfalls 6500 rpm.

Hat jemand eine Idee, wie das Puzzle zusammengesetzt werden muß?

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Welche anderen Möglichkeiten kennst Du denn, einen höheren Druck (also eine höhere Verdichtung) zu erzeugen bei vergrößertem Brennraum? Wo also mehr hineinpasst?

Ausserdem: was die Folge sein müsste, wenn man eine höhere Verdichtung bei größerem Arbeitsvolumen mit insgesamt geringerem Durchsatz kombiniert, habe ich oben schon skizziert.

Die Verdichtung (besser: das Verdichtungsverhältnis (Formelzeichen Epsilon) gibt das Verhältnis aus Brennraumvolumen bei unterer Totpunktstellung zu Brennraumvolumen bei oberer Totpunktstellung an.

Je höher dieses ist, desto höher der Wirkungsgrad (zumindest für Epsilon kleiner ca. 20 (danach steigen die Wandwärmeverluste zu stark an)).

Beim Ottomotor ist Epsilon aber stark durch das Klopfen begrenzt, da durch ein größeres Epsilon auch die Temperatur am Ende der Kompression steigt.

Spritzt man nun direkt ein, kühlt der verdampfende Kraftstoff den Brennrauminhalt und es kommt trotz der höheren Verdichtung nur zu einer Endtemperatur, die noch klein genug ist, dass es nicht klopft.

Das ist eigentlich schon alles.

Ahh, falls das vielleicht nicht klar geworden ist. Die Verdichtung ergibt sich also aus der Geometrie des Motors/Kurbeltrieb und hat mit den entstehenden Drucksteigerungen nur mittelbar etwas zu tun. Die Verdichtung ist für einen gegebenen Motor also für jeden Betriebspunkt gleich, während die Drücke und Temperatur ja von der Last und Drehzahl abhängen.

Vielleicht wurde vorher nicht vollständig verbrannt, d.h. mehr Kraftstoff eingespritzt als für die Reaktion mit dem in der Brennkammer befindlichen Sauerstoff benötigt wurde?

Die Kraftstoffeinsparung um über zwölf Prozent beruht zum einen auf der optimierten Vermischung von Luft und Kraftstoff, was die Verbrennung sauberer und vollständiger werden lässt.

Soweit habe ich das schon verstanden: Eine Kühlung läßt eine höhere Verdichtung zu, das kennt man schon von der Dampfmaschine. D.h. der Kolben kann weiter in den Zylinder einfahren, das Brennraumvolumen bei Ende der Kompression ist geringer.

Porsche sagt aber sinngemäß (das geht aus den veröffentlichten Zahlen hervor), daß das Brennraumvolumen bei Ende der Kompression beim neuen DI-Motor größer geworden ist gegenüber dem vergasenden Vorgänger.

Die Verdichtung ergibt sich also aus der Geometrie des Motors/Kurbeltrieb und hat mit den entstehenden Drucksteigerungen nur mittelbar etwas zu tun. Die Verdichtung ist für einen gegebenen Motor also für jeden Betriebspunkt gleich, während die Drücke und Temperatur ja von der Last und Drehzahl abhängen.
Die Temperaturen sind klar von der Last und der Drehzahl abhängig. Der Druck innerhalb des Zylinders bei Ende der Kompression vor dem Verbrennungsvorgang sollte aber davon unabhängig sein.

Vielleicht wurde vorher nicht vollständig verbrannt, d.h. mehr Kraftstoff eingespritzt als für die Reaktion mit dem in der Brennkammer befindlichen Sauerstoff benötigt wurde?

Interessante Umkehrüberlegung.

Epsilon, danke: dass sich Benzindirekteinspritzung und Turbo so gut vertragen, liegt doch daran, dass der Turbo besonders klopfgefährdet ist, oder?

Die mögliche maximale Verdichtung hängt auch mit dem Bohrung/Hub-Verhältnis zusammen (hab ich mal gehört) - Langhuber kann mit mehr Verdichtung gefahren, ohne dass es klopft, als Kurzhuber.

edit: okay, Matelko, habe dein Problem erst gerade völlig verstanden, als du bei Deinen neuen Post weiter erläuterst.

Langhuber kann mit mehr Verdichtung gefahren, ohne dass es klopft, als Kurzhuber.
Das ist relativ leicht nachvollziehbar: 1 Millimeter Hubweg beim Kurzhuber ist wesentlich mehr als der selbe Millimeter an Hubweg beim Langhuber. Will heißen: der Kurzhuber ist bezüglich seines Hubs deutlich Toleranz-empfindlicher.

Hmm, also doch über Zahlen und Formeln :)

Volumen beim unteren Totpunkt (UT): V1

Volumen beim oberen Totpunkt (OT): V2

Hubraum ist definiert als die Differenz: Vh=V1-V2

Verdichtungsverhältnis ist definiert als Quotient: Epsilon=V1/V2

[

nur falls es interessiert:

Druck bei UT (abhängig von der Last: bei Volllast etwa 1bar, bei niedrigster Teillast theoretisch 0bar): p1

Druck bei OT (also nach der Verdichtung): p2

Da etwa adiabat verdichtet wird gilt der Zusammenhang: p2=p1*Epsilon^1.4

Temperatur bei UT: T1

Temperatur bei OT: T2

Es gilt bei adiabater Verdichtung: T2=T1*Epsilon^0.4

(Die Temperaturen sind absolute Temperaturen auf der Kelvin-Skala)

]

so, jetzt mal eingesetzt:

früher:

Vh=3596cm³

Epsilon=11.3

ergibt: V1=3945.1cm³ und V2=349.1cm³

heute:

Vh=3614cm³

Epsilon=12.5

ergibt: V1=3928.3cm3 und V2=314.3cm³

Das Volumen bei OT ist also trotz der größeren Bohrung kleiner geworden. Der Kolben fährt also noch näher an den Zylinderkopf heran. Sogar der gesamte Brennraum ist kleiner geworden. Wobei das nicht notwendig für die Verbrauchseinsparung ist, wichtig ist nur das gestiegene Verdichtungverhältnis.

Epsilon, danke: dass sich Benzindirekteinspritzung und Turbo so gut vertragen, liegt doch daran, dass der Turbo besonders klopfgefährdet ist, oder?

Das ist korrekt. Auf Grund des Turbos ergibt sich ein höherer p1. Damit trotzdem kein zu hoher p2 ensteht (Klopfen), muss die Verdichtung beim Turbo kleiner sein (z.B. 9). Durch die Direkteinspritzung kann sie z.B. wieder auf 9.5 erhöht werden.

  • 4 Monate später...
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Geschrieben
Geschrieben

Hallo matelko,

 

schau doch mal hier zum Thema Porsche 996 / 997 (Anzeige)? Eventuell gibt es dort etwas Passendes.

 

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  • Gefällt Carpassion.com 1

Unter dem folgenden Link steht eine hervorragende, 28 Seiten starke PDF-Dokumentation zur neuen Boxer-Motorengeneration mit Direkteinspritzung zum Download bereit:

http://www.elzer.de/Kerkau.pdf

Dazu gleich mal eine Frage:

Auf PDF-Seite 7 wird die neue Sauganlage beschrieben. Sie besteht nun sowohl für den 3,6 Ltr als auch den 3,8 Ltr Motor aus Plastik - wie schon beim ersten 997 Carrera S, während der erste 997 Carrera noch über eine Anlage aus Metall verfügte. Als Grund für die Plastikversion beim 997 S sprach man bei Porsche seinerzeit von Gewichtsvorteilen. Das leuchtet zunächst mal ein, allerdings kam das X51-Paket (WLS am 997 Carrera S) wiederum mit einer Anlage aus Metall, die sich zusätzlich deutlich von der des Basis-Carrera unterschied und in einigen Details der des 997 GT3 entsprach. Woraus ich mal schlußfolgere, daß eine Anlage aus Metall durchaus Vorteile gegenüber einer solchen aus Plastik hat.

Nur welche? Hat jemand eine Idee?

Weitere wichtige Erkenntnis (PDF-Seiten 11 bis 12):

die "integrierte Trockensumpfschmierung", die bislang beim Carrera für eine klare Einschränkung bzgl. der Wahl von Sportreifen sorgte (Stichwort: zu hohe Querbeschleunigung bei Rundstreckenbetrieb), wurde derart überarbeitet, daß diese Einschränkung wohl nicht mehr besteht.

Da sich die Damen und Herren Ingenieure in Weissach zu dieser Frage achselzuckend ausschweigen, hege ich inzwischen einen gewissen Verdacht:

Die Sauganlagen aus Aluminium werden im Sandguß-Verfahren hergestellt, d.h. diese Formen müssen für jede Anlage neu erstellt werden, da man sie zum Entformen zwangsläufig zerstören muß. Der Formenbau ist relativ preisgünstig, solange es sich um kleine Losgrößen bzw. Einzelfertigungen handelt. Also ideal geeignet für GT3, X51 und 997/I Basis-Carrera.

Die (wiederverwendbaren) Formen für die Sauganlagen aus Kunststoff sind sehr teuer in der Erstellung, dafür aber sind die Stückkosten der Sauganlagen bei hohen Losgrößen deutlich geringer. Also ideal geeignet für die Volumen-Produktion, d.h. den Carrera S.

Diese Überlegung geht dann auf, wenn man davon ausgeht, daß mit der Baureihe 997 nach langer Zeit wieder eine S-Version angeboten wurde und man seitens Porsche davon ausgegangen ist, daß sich nun die Mehrheit der 997-Käufer für eben diese Variante entscheiden wird. Beim 997/II ist die Sauganlage nun übergreifend stets aus Kunststoff, jedoch modular aufgebaut, d.h. man kann sie mittels entsprechender Komponenten entweder für den Basis-Carrera oder den Carrera S konfigurieren. Was unterm Strich die effizienteste Lösung ist.

Bleibt abzuwarten, woraus die Sauganlage des kommenden GT3/II bestehen wird und wie sie aufgebaut ist....

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